Städte reagieren gelassen auf Ranking
Bei der umfangreichen Prognos-Studie zur Lebensqualität landeten NRW-Kommunen auf den letzten Plätzen.
LEVERKUSEN Für Uwe Richrath ist Leverkusen eine durchaus lebenswerte Stadt – auch, wenn sie in einer aktuellen Studie zur Lebensqualität in Deutschland auf einem der letzten Plätze landete. „Natürlich gibt es auch viele unzufriedene Leverkusener und Etliches muss besser werden“, sagt der SPD-Oberbürgermeister, „aber wir investieren viel in den Schulausbau, wir besitzen als Chemiestandort attraktive Arbeitgeber und haben in den Stadtteilen große Grünflächen.“Rang 361 von 401 untersuchten Kreisen und Städten scheint für Richrath daher nicht so ganz die Realität widerzuspiegeln: „Dennoch schauen wir uns die Studie genau an. Denn ich habe natürlich keinerlei Interesse daran, dass unsere schöne Stadt so weit hinten liegt.“
Erstellt wurde das Ranking vom Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos im Auftrag des ZDF. Als Grundlage dienten statistisch erfasste Daten aus sicheren Quellen, um eine größtmögliche Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Auf Umfragen verzichteten die Wissenschaftler bewusst, weil die Ergebnisse damit subjektiv verzerrt worden wären. Die Experten vergaben Punkte für insgesamt 53 sozioökonomische Indikatoren, aufgeteilt auf die Themenbereiche „Arbeit und Wohnen“, „Gesundheit und Sicherheit“sowie „Freizeit und Natur“. Bewertet wurden etwa Arbeitsstunden, Einkommen, Sonnenstunden, Luftqualität, Zahl der Vereine, Restaurantdichte, Vermögen und Infrastruktur. Jede Region konnte maximal 300 Punkte erreichen, wobei die einzelnen Aspekte in einem komplizierten Verfahren gewichtet wurden.
Spitzenreiter des Rankings ist München (207 Punkte), gefolgt von Heidelberg (205) und Starnberg (204), die letzten Plätze belegen Duisburg (114), Herne (112) und Gelsenkirchen (109). Insgesamt macht die Studie ein Nord-Süd-Gefälle bei den Lebensverhältnissen in Deutschland sichtbar. Die Regionen in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen erreichen zusammengenommen im Schnitt 177 Punkte, nordwestdeutsche Regionen in NRW, Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein nur 152. Vor allem in NRW finden sich viele Städte unter den Letztplatzierten: Solingen liegt auf Platz 364 (144), Krefeld auf 375 (141), Mönchengladbach kommt nur auf Platz 388 (134).
Aber die Studie zeigt ebenfalls: Die Lebensverhältnisse in Deutschland sind weitgehend gleichwertig. Denn auch, wenn zwischen Sieger und Schlusslicht 400 Ränge liegen, so sind es doch nur rund 100 Punk- te. Selbst Spitzenreiter München ist rund 100 Punkte von der Maximalpunktzahl entfernt, besitzt also noch deutliches Verbesserungspotential. Die Prognos-Studie sei eine Momentaufnahme, sagt auch Dirk Rütten, Sprecher der Stadt Mönchengladbach. „Sie spiegelt zwar das ökonomische, soziale und infrastrukturelle Gefälle, auf das insbesondere die NRW-Großstädte ja seit Jahren hinweisen.“Ob sie die Lebensqualität der Menschen, die in einer Stadt wohnen und arbeiten, darstellen könne, stehe aber auf einem anderen Blatt.
Auch Annegret AngerhausenReuter, Kommunikationsleiterin der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Duisburg, reagiert gelassen auf die Erhebung. „Rankings sind generell abhängig von den Parametern und davon, wie diese gewichtet werden. Für Fachkräfte zählen heute Faktoren wie Lage, Erreichbarkeit, Flughafennähe und Hochschuldichte mehr denn je. Damit kann Duisburg punkten, denn es liegt inmitten eines Ballungsgebiets. Würde das stärker gewichtet, würde Duisburg besser abschneiden.“
Dennoch werden die Ergebnisse der Studie ernst genommen. „Viel Grün, kurze Wege und vergleichsweise geringe Lebenshaltungskosten reichen auf Dauer nicht, um Zukunft zu gestalten. Und natürlich muss man sich ernsthaft mit Kennzahlen auseinandersetzen“, sagt Dirk Rütten. Deshalb habe Mönchengladbach bereits 2016 die Stadtentwicklungsstrategie „mg+ Wachsende Stadt“entwickelt. Greifen die Verbesserungen, sammelt die Stadt bei der nächsten Studie vielleicht ein paar Pünktchen mehr.