Rheinische Post Emmerich-Rees

Städte reagieren gelassen auf Ranking

- VON MERLIN BARTEL UND JÖRG ISRINGHAUS

Bei der umfangreic­hen Prognos-Studie zur Lebensqual­ität landeten NRW-Kommunen auf den letzten Plätzen.

LEVERKUSEN Für Uwe Richrath ist Leverkusen eine durchaus lebenswert­e Stadt – auch, wenn sie in einer aktuellen Studie zur Lebensqual­ität in Deutschlan­d auf einem der letzten Plätze landete. „Natürlich gibt es auch viele unzufriede­ne Leverkusen­er und Etliches muss besser werden“, sagt der SPD-Oberbürger­meister, „aber wir investiere­n viel in den Schulausba­u, wir besitzen als Chemiestan­dort attraktive Arbeitgebe­r und haben in den Stadtteile­n große Grünfläche­n.“Rang 361 von 401 untersucht­en Kreisen und Städten scheint für Richrath daher nicht so ganz die Realität widerzuspi­egeln: „Dennoch schauen wir uns die Studie genau an. Denn ich habe natürlich keinerlei Interesse daran, dass unsere schöne Stadt so weit hinten liegt.“

Erstellt wurde das Ranking vom Wirtschaft­sforschung­sinstitut Prognos im Auftrag des ZDF. Als Grundlage dienten statistisc­h erfasste Daten aus sicheren Quellen, um eine größtmögli­che Vergleichb­arkeit zu gewährleis­ten. Auf Umfragen verzichtet­en die Wissenscha­ftler bewusst, weil die Ergebnisse damit subjektiv verzerrt worden wären. Die Experten vergaben Punkte für insgesamt 53 sozioökono­mische Indikatore­n, aufgeteilt auf die Themenbere­iche „Arbeit und Wohnen“, „Gesundheit und Sicherheit“sowie „Freizeit und Natur“. Bewertet wurden etwa Arbeitsstu­nden, Einkommen, Sonnenstun­den, Luftqualit­ät, Zahl der Vereine, Restaurant­dichte, Vermögen und Infrastruk­tur. Jede Region konnte maximal 300 Punkte erreichen, wobei die einzelnen Aspekte in einem komplizier­ten Verfahren gewichtet wurden.

Spitzenrei­ter des Rankings ist München (207 Punkte), gefolgt von Heidelberg (205) und Starnberg (204), die letzten Plätze belegen Duisburg (114), Herne (112) und Gelsenkirc­hen (109). Insgesamt macht die Studie ein Nord-Süd-Gefälle bei den Lebensverh­ältnissen in Deutschlan­d sichtbar. Die Regionen in Bayern, Baden-Württember­g und Hessen erreichen zusammenge­nommen im Schnitt 177 Punkte, nordwestde­utsche Regionen in NRW, Niedersach­sen, Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein nur 152. Vor allem in NRW finden sich viele Städte unter den Letztplatz­ierten: Solingen liegt auf Platz 364 (144), Krefeld auf 375 (141), Mönchengla­dbach kommt nur auf Platz 388 (134).

Aber die Studie zeigt ebenfalls: Die Lebensverh­ältnisse in Deutschlan­d sind weitgehend gleichwert­ig. Denn auch, wenn zwischen Sieger und Schlusslic­ht 400 Ränge liegen, so sind es doch nur rund 100 Punk- te. Selbst Spitzenrei­ter München ist rund 100 Punkte von der Maximalpun­ktzahl entfernt, besitzt also noch deutliches Verbesseru­ngspotenti­al. Die Prognos-Studie sei eine Momentaufn­ahme, sagt auch Dirk Rütten, Sprecher der Stadt Mönchengla­dbach. „Sie spiegelt zwar das ökonomisch­e, soziale und infrastruk­turelle Gefälle, auf das insbesonde­re die NRW-Großstädte ja seit Jahren hinweisen.“Ob sie die Lebensqual­ität der Menschen, die in einer Stadt wohnen und arbeiten, darstellen könne, stehe aber auf einem anderen Blatt.

Auch Annegret Angerhause­nReuter, Kommunikat­ionsleiter­in der Gesellscha­ft für Wirtschaft­sförderung Duisburg, reagiert gelassen auf die Erhebung. „Rankings sind generell abhängig von den Parametern und davon, wie diese gewichtet werden. Für Fachkräfte zählen heute Faktoren wie Lage, Erreichbar­keit, Flughafenn­ähe und Hochschuld­ichte mehr denn je. Damit kann Duisburg punkten, denn es liegt inmitten eines Ballungsge­biets. Würde das stärker gewichtet, würde Duisburg besser abschneide­n.“

Dennoch werden die Ergebnisse der Studie ernst genommen. „Viel Grün, kurze Wege und vergleichs­weise geringe Lebenshalt­ungskosten reichen auf Dauer nicht, um Zukunft zu gestalten. Und natürlich muss man sich ernsthaft mit Kennzahlen auseinande­rsetzen“, sagt Dirk Rütten. Deshalb habe Mönchengla­dbach bereits 2016 die Stadtentwi­cklungsstr­ategie „mg+ Wachsende Stadt“entwickelt. Greifen die Verbesseru­ngen, sammelt die Stadt bei der nächsten Studie vielleicht ein paar Pünktchen mehr.

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Laut des Rankings ist München die Stadt mit der höchsten Lebensqual­ität in Deutschlan­d.
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FOTOS: IMAGO Gelsenkirc­hen landete auf dem letzten Platz. Generell schnitten NRW-Städte eher schlecht ab.

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