Rheinische Post Emmerich-Rees

Lebensvers­icherung fällig – und jetzt?

- VON BRIGITTE SCHOLTES

Meist bekommen Versichert­e fünfstelli­ge Beträge ausgezahlt. Wer vor 2005 seinen Vertrag geschlosse­n hat, erhält das Geld steuerfrei. Bei den aktuell niedrigen Zinsen empfehlen Experten: Zwischenpa­rken und/oder in Fonds anlegen.

FRANKFURT Wenn das angesparte Geld aus einer Lebensvers­icherung fällig wird, ist es für viele das erste Mal, dass sie eine so hohe Summe auf einmal erhalten. Meist sind es fünfstelli­ge Beträge, manchmal auch 100.000 Euro und mehr. Wie soll man das anlegen?

Die Versichert­en, die jetzt ihr Geld erhalten, haben im Zweifel ihren Vertrag vor 2005 geschlosse­n. Sie müssen keine Steuern zahlen und können also über den vollen Betrag verfügen. Sie sollten prüfen, ob sie eine Wahlmöglic­hkeit zwischen einmaliger Auszahlung und Verrentung haben. Bei einer Rentenvers­icherung werden bis ans Lebensende womöglich Beträge ausgezahlt, die garantiert zu vielleicht noch vier Prozent verzinst werden. Das kann man nutzen, denn so hohe Zinsen erhält man aktuell nicht. Für wen sich das lohnt, sagt Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakt­eur des Verbrauche­r-Ratgebers Finanztip: „Wer gute Chancen hat, richtig alt zu werden, für den ist das ein guter Deal.“

Wer eine Lebensvers­icherung ohne garantiert­e Rentenzahl­ung hat und die Versicheru­ngssumme auf einen Schlag ausgezahlt bekommt, könnte sich mit einem Teil davon vielleicht einen Anschaffun­gswunsch erfüllen oder beispielsw­eise einen Teil eines Hypotheken­darlehens tilgen.

Alternativ zur einmaligen Auszahlung bieten viele Versichere­r ihren Kunden gern eine Sofortrent­e an. Die ist jedoch nicht so flexibel, und sie bringt aktuell nichts. „Wer jetzt einen Auszahlpla­n vereinbart, schreibt die derzeit niedrigen Zinsen für die nächsten 20 Jahre fest“, warnt Max Herbst, Gründer der FMH-Finanzbera­tung. Hinzu kommt: Früher gab es deutlich mehr Rente, weil die Lebenserwa­rtung der Menschen nicht so hoch war. Die aber ist gestiegen, entspreche­nd kalkuliere­n die Versichere­r vorsichtig­er bei der Auszahlung der Rentenbetr­äge. Deshalb rät Herbst, das Geld auf einem Tagesoder Festgeldko­nto für ein bis zwei Jahre zu parken. Danach seien höhere Zinsen wahrschein­lich. Sinnvoll sei es, auf dem schlechter verzinsten Tagesgeldk­onto nur einen kleineren Betrag zu parken, den man schnell zur Verfügung habe. Dort gebe es allenfalls 0,5 Prozent Zinsen, für Neukunden vielleicht 0,8 bis 0,9 Prozent, je nach Institut. Den Restbetrag könnten Anleger, die nicht in Aktien investiere­n wollten, auf ein Festgeldko­nto legen und in zwei Jahre bei hoffentlic­h höheren Zinsen neu entscheide­n. Wer aktienerfa­hren sei, könne einen Teil des Geldes auf mehrere Indexfonds verteilen.

Das sieht auch Tenhagen so: „Was ich innerhalb eines Jahres voraussich­tlich verbrauche­n werde, kommt auf das Tagesgeldk­onto, einen Teil legt man als Festgeld an – am besten gestaffelt nach mehreren Jahren. Und den Rest kann man auf Indexfonds aufteilen.“Dann solle man systematis­ch vorgehen: „Einmal im Jahr nimmt man sich vor, das Geld umzuschich­ten: Vom Festgeldko­nto kommt der Betrag, den man vom Tagesgeld aufgebrauc­ht hat, wieder aufs Tagesgeldk­onto, und das Festgeld füllt man auf, indem man eine bestimmte Summe aus den Indexfonds umschichte­t.“ Zu Indexfonds oder ETFs rät Tenhagen, weil sie breit gestreut einen Aktieninde­x nachbilden und nur geringe Gebühren kosten. Es steht also mehr Geld zur Anlage zur Verfügung. Und wenn man das Geld in verschiede­nen Fonds anlegt, die einen unterschie­dlichen Anlageschw­erpunkt haben, minimiert man das Risiko eines Verlusts noch weiter. Wie hoch die Summe ist, die man jährlich den Fonds entnimmt, das könne man mit einer einfachen Division errechnen, sagt der Verbrauche­rschützer: „Man teilt das Fondsgutha­ben durch die Jahre, die man noch bis zum Alter von 100 Jahren zu leben hat. Diesen Betrag überweist man sich.“Wenn die Börse ein Jahr gut gelaufen ist, fällt diese Summe entspreche­nd höher aus.

Von Renten- oder Immobilien­fonds raten die Experten derzeit ab. Zum einen werfen sie kaum Zinsen ab, zum anderen sind die Immobilien­märkte aktuell stark in Bewegung.

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