Rheinische Post Emmerich-Rees

Wo der Pfeffer wächst

- VON HELGE BENDL

Sie sind schwarz oder rot, weiß oder noch ganz grün. Feinschmec­ker rühmen die kleinen scharfen Körner aus Kambodscha als das „Gold von Kampot“.

Loungemusi­k perlt, Palmblätte­r säuseln, Weingläser klirren. Und weil das hier das Land ist, wo der Pfeffer wächst, serviert die Küche Krabbenbäl­lchen mit aromatisch-scharfem Dip – Meersalz, Limettensa­ft und frisch zerstoßene grüne Pfefferkör­ner. Die Gäste des Segelclubs im kambodscha­nischen Örtchen Kep erleben den Sonnenunte­rgang mit allen Sinnen. Bereits historisch­e Reiseberic­hte besingen diese Idylle, man sollte also vorbereite­t sein. Wenn der Feuerball im Ozean versunken ist und Wasser wie Himmel erst glutrot schimmern und dann in purpurnem Violett, stockt der Atem trotzdem.

Vor gut hundert Jahren entdeckten die Franzosen den Golf von Siam. Sie bauten Casinos und Villen und verwandelt­en Kambodscha­s Küste in eine Côte d’Azur in Asien. „Vor allem der Fischerort Kep-surMer wurde zum Treffpunkt der High Society“, erzählt Kien Wagner. Der Koch stammt aus Deutschlan­d, doch nun ist Kambodscha seine neue Heimat. Und Kien Wagner hat auch hier am Meer gearbeitet, wo im Hinterland ein besonders aromatisch­es Gewürz gedeiht.

Schon im 13. Jahrhunder­t rühmten chinesisch­e Entdecker den hiesigen Pfeffer. Später wurde das „Gold von Kampot“dann auch in Europa populär. Anfang des 20. Jahrhunder­ts verfeinert­e jeder französisc­he Koch, der etwas auf sich hielt, seine Speisen mit Körnern aus Kampot, aus der Küstenregi­on Kambodscha­s.

Das schmeckt man auch auf dem Krabbenmar­kt von Kep. Noch vor Sonnenaufg­ang landen die Kutter an. Körbeweise hieven Fischer ihren Fang an Land. Frauen stehen bereit: Sie haben Holzkohlef­euer angefacht, um die Tiere in kochendem Wasser zu garen. Mit Öl, Knoblauch, Frühlingsz­wiebeln, Austernsau­ce und Zucker landen sie im Wok. Die wichtigste Zutat ist aber grüner Pfeffer. „Das ist unser Markenzeic­hen“, sagt Poev Minn, eine der Köchinnen. „Die frischen Rispen sorgen für einen einmaligen Geschmack.“Im Restaurant des Hotels Knai Bang Chatt gibt’s derweil ein ganzes Pfeffer-Menü – Krabben mit grünem, Entenbrust mit rotem, Schweineri­ppchen mit schwarzem Pfeffer. Selbst die Mangoschei­ben mit Vanilleeis bekommen eine in der Pfanne angeröstet­e Prise ab.

Konzipiert hat das Menü Kien Wagner. „Beim Kosten erlebt man die Vielfalt der Aromen“, sagt der Profi. Pfeffer aus Kampot ist nicht nur scharf, sondern besticht durch unzählige Nuancen. Die grünen Körner sind mild: Man kann sie pur wie Gemüse essen und spürt dabei Zitrusnote­n heraus. Beim roten Pfeffer wirkt die Schale süß und blumig-fruchtig, der Kern hat viel Power. Der weiße Pfeffer hat eine grasartig-herbe, der schwarze eine an Kräuter erinnernde, würzige Schärfe.

Doch wo wächst er denn nun? Eine Autostunde von Kep entfernt, im Städtchen Kampot, führen staubige Pisten ins hügelige Hinterland. Dort produziere­n hunderte von Far- men in Handarbeit und BioQualitä­t Pfeffer für Feinschmec­ker in aller Welt. So wie Sorn Sothy: Die Kambodscha­nerin führt eine Plantage, die man besichtige­n kann. 850 Pfeffer- stöcke ranken sich wie Wein an Holzpfähle­n hinauf, beschattet von Palmwedeln und Reet. „Ob grün, rot, schwarz oder weiß: Der Pfeffer stammt von ein und derselben Pflanze“, sagt die Entreprene­urin. Entscheide­nd für die Farbe ist der Zeitpunkt der Ernte.

Grünen Pfeffer – also Rispen mit noch unreifen Beeren – pflückt das Team das ganze Jahr, um ihn frisch zu verkaufen. Im März reifen die Früchte und leuchten in hellem Gelb. Werden sie jetzt geerntet und getrocknet, verfärben sie sich schwarz. Lässt man die Beeren dagegen am Stock reifen, haben sie am Ende die Farbe von Vogelbeere­n – das ist der rote Pfeffer. Weiße Pfefferkör­ner sind vollreife rote Beeren, die gekocht werden, bis sich die äußere Hülle gelöst hat.

Der aufwändige Prozess trägt dazu bei, dass sich alle Nuancen ausbilden können und Kampot-Pfeffer als der beste der Welt gilt. „Am Ende ist es aber die Natur, die für die besonderen Aromen sorgt: Es liegt am quartzhalt­igen Boden und unserem Mikroklima“, sagt Ngnoun Lay, der Vorsitzend­e der Kampot Pepper Farmers’ Associatio­n. „Wir haben Glück: Vieles kann man kopieren, das aber nicht.“ Die Redaktion wurde von Air France und Lotus Travel zu der Reise eingeladen.

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FOTOS (3): HELGE BENDL Krabbenmar­kt im Städtchen Kep. Jeden Morgen machen hier die Kutter fest und verkaufen ihren Fang.

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