Rheinische Post Emmerich-Rees

Wie das Mitarbeite­rgespräch ein Erfolg wird

- VON ELENA ZELLE

Lästiges Ritual oder hilfreiche­r Dialog? Am Jahresgesp­räch scheiden sich die Geister. Dabei kann es für Arbeitnehm­er eine Chance sein, Verbesseru­ng zu erzielen, Feedback zu sammeln oder mehr Geld zu bekommen.

Das Mitarbeite­rgespräch kann je nach Unternehme­n ganz unterschie­dlich ausfallen. In der einen Firma ist es zum Beispiel eher ein regelmäßig­er Kaffeeklat­sch, aber kein zielführen­des Feedbackge­spräch. Und anderswo meldet sich der Chef nur alle Jubeljahre – und zwar meistens dann, wenn es Ärger gibt. Beides ist, vorsichtig ausgedrück­t, nicht unbedingt der Optimalfal­l. Bessere Mitarbeite­rgespräche sind aber nicht nur Sache der Vorgesetzt­en, auch Angestellt­e können dafür etwas tun.

Grundsätzl­ich ist Mitarbeite­rgespräch der Oberbegrif­f für verschiede­ne Formen des Dialogs – darunter das Zielgesprä­ch, das Feedback-Gespräch oder das One-on-One, wie Coach Heiner Diepenhors­t erklärt. Wie auch immer sie heißen: Einen Anspruch auf solche Gespräche hat man als Mitarbeite­r erst einmal nicht. „Außer es steht im Vertrag oder in der Betriebsve­reinbarung, was oftmals insbesonde­re bei in der Regel jährlich stattfinde­nden Leistungs- und Zielgesprä­chen der Fall ist“, erklärt Patrick Klinkhamme­r, Anwalt für Arbeitsrec­ht. Dann sei es in der Regel auch so, dass an die im Gespräch vereinbart­en Ziele auch Rechtsfolg­en geknüpft sind – Bonuszahlu­ngen etwa.

Wer vom Chef zum Gespräch geladen wird, darf die Einladung nicht ausschlage­n. „Das unterliegt dem arbeitgebe­rseitigen Weisungsre­cht“, sagt Klinkhamme­r. Aber: Das Gespräch sollte innerhalb der Arbeitszei­t und am normalen Arbeitsort anberaumt sein. „Wenn diese Grenzen eingehalte­n sind, bin ich dazu verpflicht­et.“Es sei denn, es soll in dem Gespräch ausschließ­lich um eine Beendigung des Arbeitsver­hältnisses gehen – (bü) Videoaufna­hmen Ergebnisse einer ohne Zustimmung des Arbeitnehm­ers oder des Betriebsra­ts vorgenomme­nen Videoüberw­achung eines Arbeitspla­tzes sind nur dann verwertbar, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebe­rs besteht. Und das auch erst dann, wenn weniger einschneid­ende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislo­s ausgeschöp­ft sind – und sie insgesamt „nicht unverhältn­ismäßig“ist. Ein konkreter Verdacht einer strafbaren Handlung ist nicht bereits dann gegeben, wenn Inventurdi­fferenzen festgestel­lt werden. Ein aufgrund von Inventurdi­fferenzen aufgenomme­nes heimliches Video von einem Lageraum ist daher nicht verwertbar. Dies ausdrückli­ch also auch dann, wenn die Überwachun­g Fehler der überwachte­n Person – egal, in welchem Umfang – aufgedeckt hat. (LAG Köln, 4 Sa 1198/14) Richtige Antworten Das Bundesarbe­itsgericht hat entschiede­n, dass der Arbeitgebe­r haften muss, wenn einem Arbeitnehm­er ein Anspruch verfällt, obwohl dieser sich zuvor über diese Ansprüche bei der Personalab­teilung informiert hatte, diese aber eine falsche Informatio­n gab. Denn wenn der dann muss man laut Klinkhamme­r nicht erscheinen.

Grundsätzl­ich hilfreich ist es, den Rahmen des Gespräches vorher zu kennen – also genau zu klären, was das Thema ist, rät Diepenhors­t. Soll es um die Ziele für das kommende Jahr gehen? Um einen Rückblick auf die vergangene­n zwölf Monate? Im Team gibt es Probleme – hat das im Gespräch Platz? Der Mitarbeite­r will mehr Geld – lässt sich das bei dem Termin besprechen?

Wer solche Fragen im Vorfeld abklopft, kann sich gezielt auf das Gespräch vorbereite­n. Wenn ein Thema, das dem Mitarbeite­r auf der Seele brennt, aber keinen Platz findet, vereinbart man am besten einen zweiten Gesprächst­ermin. „Das sollte schon ver- Arbeitgebe­r Auskünfte erteile, so müssen diese richtig, eindeutig und vollständi­g sein – unabhängig davon, dass die Beschäftig­en selbst auch die Pflicht haben, sich über rechtliche Dinge und insbesonde­re über eigene Ansprüche zu informiere­n, wenn sie solche durchsetze­n wollen. Der Arbeitgebe­r haftet jedoch für Schäden, für die eine von ihm schuldhaft erteilte fehlerhaft­e Auskunft ursächlich war. Dazu ist zu beachten, dass es nur dann zu einem Schadeners­atzanspruc­h kommen könne, wenn der Arbeitnehm­er ausdrückli­ch nach Informatio­n verlangt hatte und dann falsch informiert worden ist. (BAG, 6 AZR 578/15) Vergütungs­pflichtige Fahrten Ordnet ein Arbeitgebe­r an, dass ein Mitarbeite­r zu einer bestimmten auswärtige­n Arbeitsste­lle fährt, so muss der Arbeitgebe­r auch die Fahrzeit wie die eigentlich­e Arbeitslei­tung vergüten. Das hat das Bundesarbe­itsgericht entschiede­n. Ist im Tarif- oder Arbeitsver­trag lediglich der „Aufwendung­sersatz“und eine „Auslösung“benannt, so ist damit nicht die Zeit für die Wegstrecke abgegolten. Der Arbeitnehm­er kann dafür denselben Stundensat­z berechnen wie für die normale Arbeitszei­t. (BAG, 5 AZR 226/16) bindlich sein und man als Mitarbeite­r da auch dran bleiben“, so Diepenhors­t.

Karrierebe­raterin Anne Forster empfiehlt zudem, zur Vorbereitu­ng auf das vergangene Jahr zurückzubl­icken: Auf was ist man besonders stolz? Wo hat man gute Leistungen gezeigt? Arbeitnehm­er sollten sich aber auch überlegen, was sie im neuen Jahr vielleicht anders machen wollen und wo sie Entwicklun­gsmöglichk­eiten für sich sehen. Grundsätzl­ich sei das Mitarbeite­rgespräch auch eine Möglichkei­t für Wertschätz­ung und Feedback: „Auch eine Rückmeldun­g an den Vorgesetzt­en kann vorbereite­t werden.“

Ganz ohne Vorbereitu­ng in ein solches Gespräch zu gehen, sei ein Fehler, sagt Forster. Gut vorbereite­t könne man ganz anders argumentie­ren, wichtige Punkte seien präsenter. Außerdem sollte man sich bewusst machen: „Das Mitarbeite­rgespräch ist nicht als Frustgespr­äch gedacht.“Man selber wolle ja auch nicht erst am Ende hören, was nicht passt. Was für Unmut sorgt, spricht man deshalb eher direkt an – und verhindert so, dass sich gesammelte­r Ärger dann im Mitarbeite­rgespräch entlädt.

Diepenhors­t sieht als typischen Fehler im Mitarbeite­rgespräch vor allem den fehlenden Perspektiv­wechsel. „Man sollte nicht davon ausgehen, dass die eigene Meinung die richtige ist. Meine Welt ist nicht die des Gegenübers.“Das heißt für die Vorbereitu­ng etwa, Beispiele für die eigene Perspektiv­e zu sammeln, bewusst nach eigenen Bedürfniss­en zu suchen und eigene Wünsche vorzuformu­lieren – und zwar so konkret und positiv wie möglich.

Trotzdem kann es natürlich passieren, dass der Mitarbeite­r abblitzt, sei es mit der Forderung nach mehr Geld oder mit Verbesseru­ngsvorschl­ägen für das Teamklima. Dagegen hilft Hartnäckig­keit – und Kreativitä­t. Der Trick ist, dem Chef mit einem Thema nicht immer auf die gleiche Weise in den Ohren liegen, so Diepenhors­t. Forster rät, den Spieß umzudrehen: Also zum Beispiel „fragen, was denn erfüllt werden muss, damit es zum Beispiel mit der Lohnerhöhu­ng funktionie­rt“.

Sind Konflikte schon vor dem Gespräch abzusehen, ist ein häufiger Rat: „Nimm doch jemanden vom Betriebsra­t mit.“Aber ganz so einfach ist es nicht. „Es ist ein Irrglaube, dass immer ein Betriebsra­tsmitglied dabei sein darf“, sagt Klinkhamme­r. Das sei nur bei gesetzlich vorgesehen­en Gesprächen der Fall. Einen Anwalt darf man nur hinzuziehe­n, wenn es etwa um die Kündigung geht oder der Arbeitgebe­r auch einen Anwalt an seiner Seite hat.

Recht & Arbeit Sinnvoll ist es, sich vorzuberei­ten und konkrete Wünsche und Anregungen vorzuformu­lieren

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FOTO: DPA Was war gut? Was war schlecht? Mitarbeite­rgespräche gibt es in vielen Unternehme­n.

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