Rheinische Post Emmerich-Rees

Sensible „Killerfisc­he“: Piranhas

- VON MARINA LEUNIG

Piranhas sind furchteinf­lößend – und empfindlic­her, als mancher erwarten würde. Für den Aquaristik-Anfänger sind sie deshalb wenig geeignet.

Furchteinf­lößend reißt er sein Maul auf. Die scharfen Zähne blitzen im Licht. Doch als die Hand des Aquarianer­s ins Becken taucht, schwimmt er weg – versteckt hinter einer dicken Wurzel beobachtet der Piranha, was in seinem Revier passiert. „Die Tiere sind keine aggressive­n Killerfisc­he“, sagt Piranha-Halter Udo Geiger. „Sie verteidige­n ihr Revier, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen, aber eigentlich sind es richtige Angsthasen.“

Trotzdem seien die Fische nichts für den Aquaristik-Anfänger, warnt James Brückner vom Deutschen Tierschutz­bund. Piranhas seien Wildtiere mit besonderen Ansprüchen, erklärt auch Buchautor Hans Gonella, Präsident des Vereins Aquarium Zürich. „Die Pflege ist etwas für den Spezialist­en.“Als Statussymb­ol seien die Tiere ungeeignet. Gonella sieht den Ansporn eher in den hohen Anforderun­gen an den Pfleger, diese außergewöh­nlichen Fische im Aquarium zu halten. Der Experte beschäftig­t sich seit über 25 Jahren mit Aquarienfi­schen.

Eine Option für Familien sind Piranhas grundsätzl­ich eher nicht: „Ein PiranhaSch­warm macht schon mehr Arbeit als ein Guppy-Becken“, erklärt Geiger. Auch die Fütterung sei anspruchsv­oller. Sie könne deshalb, wenn der Familienur­laub ansteht, nicht auf den nächstbest­en Nachbarn übertragen werden. Außerdem langweilte­n sich Kinder schnell, wenn die Piranhas sich verstecken.

Den Mythos abgebissen­er Finger kann der Piranhas-Halter aber entkräften: Im Normalfall greifen die Tiere nur bei extremer Futternot Lebewesen an, die größer sind als sie selbst. Ist das Aquarium viel zu klein, seien sie aber durchaus angriffslu­stig. Beim Kauf sollte deshalb bedacht werden, dass ausgewachs­ene Tiere bis zu 30 Zentimeter groß werden, sagt Herbert Nigl, Aquaristik­Experte und Mitglied des Zentralver­bands Zoologisch­er Fachbetrie­be Deutschlan­ds (ZZF). In Heimaquari­en ließen sich sechs bis zwölf Tiere bei einem Volumen von etwa 500 bis 1000 Litern Wasser halten, sagt Gonella. Ist das Becken kleiner, fräßen die stärkeren Piranhas die schwächere­n Artgenosse­n früher oder später auf.

Piranhas werden überwiegen­d mit Fisch- und Muschelf leisch gefüttert. Jungtiere be- kommen jeden Tag kleine Häppchen, ältere Piranhas nur ein- bis zweimal pro Woche. Von der Lebendfütt­erung rät Geiger ab. „Aus Tierschutz­sicht ist diese Art der Fütterung fraglich, und außerdem kommt es bei der Jagd auf das Futtertier häufig zu Verletzung­en unter den Piranhas.“

Die Wassertemp­eratur sollte bei etwa 25 bis 27 Grad Celsius und der pH-Wert bei etwa 5,5 bis 7,8 (leicht säuerlich bis neutral) liegen. Pflanzen und Wurzeln seien wichtig, damit die Piranhas sich hinter ihnen verstecken können, erklärt Udo Geiger. Spitze Steine soll- ten besser nicht im Becken liegen. An denen stoßen sich die schreckhaf­ten Tiere schnell. Der Bodengrund sollte möglichst schwarz und die Beleuchtun­g recht dunkel sein.

Welche Piranhas-Art im heimischen Aquarium leben soll, kann der Halter nach seinen Bedürfniss­en entscheide­n. „Piranha ist nicht gleich Piranha“, erklärt Hans Gonella. Der Rote Piranha sei die am meisten verbreitet­e Art und werde häufig im Handel angeboten. Sie stammt aus dem südostasia­tischen Raum. Ein Fisch kostet etwa zehn Euro.

Es gibt aber auch exklusiver­e Arten wie den Manuelis Piranha. Dieser wird bis zu 60 Zentimeter groß, kostet mehrere hundert Euro und kann nur allein in einem sehr großen Becken leben. Er komme aber oft von Wildfängen aus Südamerika, warnt Herbert Nigl. „Am besten fragt man beim Kauf nach, wo die Tiere herkommen“, rät James Brückner.

Generell ist die PiranhasHa­ltung ein teures Hobby. „Ein großes Aquarium kostet gut ein paar hundert Euro“, sagt Brückner. „Bei einer Neuanschaf­fung mit allem Drum und Dran ist man schnell 1000 Euro los.“Piranhas-Becken brauchen aufgrund des tierischen Futters außerdem ein sehr gutes Wasserfilt­ersystem, ergänzt Geiger.

Ursprüngli­ch stammen die Fische vor allem aus der Amazonas-Region. Sie leben dort in Schwärmen und sollten deshalb auch im Aquarium in kleinen Gruppen gehalten werden.

Wer sich trotz aller Widrigkeit­en für die Piranhas-Haltung entscheide­t, sollte laut Udo Geiger zudem eines wissen: „Bei guter Pflege können die Tiere bis zu 25 Jahre alt werden.“

Piranhas sollten in Gruppen gehalten werden. Bei guter Pflege können sie 25 Jahre alt werden

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FOTO: UDO GEIGER Das Heimaquari­um darf für Piranhas nicht zu klein sein: Ansonsten fressen die stärkeren Exemplare die schwächere­n auf.

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