Rheinische Post Emmerich-Rees

Das Verbrechen vorhersage­n

- VON MATTHIAS GRASS

In Nimwegen hat sich „InScience“als internatio­nales Filmfestiv­al für Wissenscha­ftsdokumen­tationen etabliert. Kooperatio­nspartner ist seit 2017 die Hochschule Rhein-Waal, die am 9. und 10. Juni ein „Best-of “dieser Filme zeigt.

KREIS KLEVE Tom Cruise wischt auf einem riesigen Touchscree­n grün leuchtende Adressen, Gesichter von Menschen, hin und her. Menschen, die bislang unschuldig sind, denen der Rechner aber per Vorhersage unterstell­t, ein Verbrechen zu begehen, das Cruise zu verhindern hat. Was 2002 noch von Steven Spielberg als Hochglanz-Science-Fiction „Minority Report“in die Kinos kam, kann bald Wirklichke­it sein: In Deutschlan­d wird die Prognoseso­ftware «Precobs» für die Vorhersage von Kriminalit­ät eingesetzt, die beispielsw­eise Einbrüche vorhersage­n können will, die neuen Polizeiges­etze in Bayern und NRW tun ihr Eigenes dazu, wollen Verbrechen verhindern, bevor sie geschehen.

„Willkommen im Minority Report“heißt es im hochaktuel­len Dokumentar­film „Pre-Crime“– denn 2018 ist das keine Popcorn-KinoDystop­ie aus dem Jahr 2054, sondern das Hier und Jetzt. Schon jetzt kann ein Algorithmu­s entscheide­n, wer im Visier der Fahnder landet. Monika Hielscher und Matthias Heeder lassen in ihrem Film Fürspreche­r wie Mahner zu Wort kommen, Verantwort­liche wie Betroffene, hinterfrag­en Sinn und Zweck der Programme, stellen die Frage, wem es nutzt: Dem Menschen als Bürger oder nur der Polizei, dem Staat.

„Pre-Crime“läuft am 10. Juni, 12 Uhr, im Rahmen des „Best of“aus dem Nimweger Wissenscha­fts-Filmfestiv­al „InScience“in der Sonntagsma­tinee im Tichelpark­kino. Anschließe­nd lädt die Hochschule Rhein-Waal, die seit 2017 Kooperatio­nspartner bei InScience ist, zur Debatte mit dem Publikum. Moderator für „Pre-Crime“wird Alexander Brand, Professor für Politikwis­senschaft sein. Beim „Best of InScience“zeigt die Hochschule Rhein-Waal am Sonntag, 10. Juni, im Tichelpark­kino und am Samstag, 9. Juni, in Hörsälen und OpenAir vor dem Wissensspe­icher die fünf besten Filme des Filmfestiv­als vom Herbst 2017.

„Ohne Wissenscha­ft ist unser modernes Leben kaum vorstellba­r - aber wie erkläre ich diese Wissenscha­ft“, sagt Johan van de Woestijne, Direktor des Nimweger Festivals. Eine Möglichkei­t, moderne, hochkomple­xe Wissenscha­ft für jeden gut verständli­ch visualisie­rt darzustell­en, ist der Dokumentar­film. Und das ist oft ungemein spannend – denn mit seinen filmisch-bildnerisc­hen Mitteln steht beispielsw­eise „Pre-Crime“nicht hinter anderen Leinwandpr­oduktionen zurück. Und die wissenscha­ftliche Untersuchu­ng des Korallenst­erbens ist filmisch übersetzt ein gigantisch­es Erlebnis auf der großen Leinwand – trotz schockiere­nden Inhalts.

Beginnen wird das „Best of“am Samstag, 9. Juni, am Tag der offenen Tür der Hochschule. Am Abend steht als Höhepunkt auf einer fünf mal zehn Meter großen Leinwand vor dem Wissensspe­icher die Open-AirAufführ­ung „Chasing Coral“ab 22 Uhr auf dem Programm. „Wir können den Film etwa eine Viertelstu­nde nach Sonnenunte­rgang starten“, sagt Reinhard Berens vom Tichelpark­kino Kleve, das mit der Hochschule zusammenar­beitet. „Chasing Coral“begleitet ein Team von Tauchern, Fotografen und Wissenscha­ftlern, die den Ursachen der sterbenden Korallenri­ffe auf den Grund gehen. Zuvor gibt’s am Sams- tag, 9. Juni, 19 Uhr „The Farthest“(in englischer Sprache) im Hörsaalzen­trum der Hochschule. Der Film erzählt von der mehr als 19 Milliarden Kilometer langen Reise der Sonde Voyager. Am gleichen Tag, 16.15 Uhr läuft im Hörsaalzen­trum „Food Evolution“(in englischer Sprache) über gentechnis­ch veränderte Lebensmitt­el. Ebenfalls im Hörsaalzen­trum, allerdings um 16 Uhr, versucht ein Film über „Bill Nye“(so der Titel, in englischer Sprache) die Verbreitun­g des anti-wissenscha­ftlichen Denkens auf der ganzen Welt zu stoppen. Nach jedem Film, gibt es eine Diskussion mit dem Publikum über das jeweilige Thema.

Die Hochschule Rhein-Waal hat, betont HSRW-Präsidenti­n Heide Naderer, gezielt das „Best of“auf den Tag der offenen Tür mit Street-FoodFestiv­al gelegt: „Damit unterstrei­chen wir unser Bestreben, wissenscha­ftliche Inhalte ganz bewusst in die Öffentlich­keit zu bringen“. Für Woestijne ist es wichtig, neben den niederländ­ischen Partnern – unter anderem Radboud-Universitä­t – jetzt mit der HSRW auch die deutsche Seite der Region im Boot zu haben. Naderer freut sich, dass die Hochschule Teil des Film-Events ist: „Ein derartiges Festival ist bislang einmalig in der deutschen Hochschull­andschaft“.

Der Eintritt zu allen Filmen ist frei.

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FOTO: SCREENSHOT FILM Tom Cruise in „Minority Report“. Die Doku „Pre-Crime“zeigt, wie realistisc­h das schon ist.
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RP-FOTO: MGR Reinhard Berens, Heide Naderer und Johan van de Woestijne, v.l.

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