Rheinische Post Emmerich-Rees

Maria Janßen näht für den Niger

- VON HEINZ KÜHNEN

Täglich rattert die Nähmaschin­e der Sonsbecker­in für den guten Zweck. Fünf Brunnen wurden dadurch ermöglicht.

SONSBECK Ein Schrank im Flur des schmucken Einfamilie­nhauses aus den 50er Jahren ist so eine Art Ausstellun­gsraum – für Schürzen. Im Gartenhaus stehen Weltkugeln und Engel aus Holz und Altmetall. Geschraubt und gebastelt haben Maria und Ernst Janßen ihr Leben lang. Im Beruf, als Hobby.

Seit sechs Jahren ist daraus eine Passion einer ganz bemerkensw­erten Art geworden: Was nicht an Materialko­sten draufgeht, kommt dem Wasser-für-Niger-Projekt der Aktion „Pro Humanität“zugute. Pro Schürze zum Beispiel mindestens zehn Euro. Durch den Verkauf sowie Sponsoren haben die Rentner seither die Kosten von fünf Brunnen decken können. Ein einziger kostet samt hydrogeolo­gischem Gutachten mehr als 15.000 Euro.

Elfmal haben sich die „Mittsiebzi­ger“der Pilgerfahr­t nach Lourdes, organisier­t von der Krankenbru­derschaft Rhein-Maas der Malteser, angeschlos­sen. Dabei haben sie vor sieben Jahren die Bekanntsch­aft mit der Ärztin Dr. Elke Kleuren-Schryvers gemacht. „Mama Afrika“hat vom Niederrhei­n aus ein Schulund Krankenhau­sprojekt im westafrika­nischen Benin, einem der ärmsten Länder der Welt – mehr als ein Drittel der mehr als zehn Millionen Einwohner leben unter der Armutsgren­ze – aufgebaut. Seit 2005 treibt sie auch das Brunnenpro­jekt im benachbart­en Binnenstaa­t Niger voran. 37 Brunnen wurden bereits gebohrt. Ein einziger versorgt bis zu 20.000 Menschen mit sauberem Trinkwasse­r, das in Kanistern transporti­ert werden muss, was einen täglichen Fußmarsch bis zu sechs Stunden bedeuten kann.

„Das Thema Wasser lässt mich seither nicht mehr los“, sagt Maria Janßen, die nach einer Banklehre lange Zeit in der Kevelaerer Goldschmie­de Polders gearbeitet hat, bevor sie nach der Familienph­ase (vier Kinder) 1983 in den Betrieb ihres Mannes eingestieg­en war. Der Kfz-Meister hatte sich 1983 selbststän­dig gemacht. Heute führt ein Sohn das Geschäft weiter – und dessen Eltern kennen ein Wort nicht: Langeweile. „Man muss doch was tun, die Leute haben jetzt Durst“, sagt Maria Janßen.

Und dann hat sie erst einmal Schürzen genäht. Nicht irgendeine, sondern eine mit drei Knöpfen im Taillenber­eich, an denen ein Hand- tuch befestigt werden kann. „Das ist einfacher zu waschen als gleich die ganze Schürze“, sagt die 75-Jährige. Seither geht die Post ab, vier Stück am Tag näht sie. „Wenn nicht etwas dazwischen kommt.“Den Stoff kauft sie dort, wo er am günstigste­n ist – früher in Wesel, inzwischen in Doetinchem und auch in der Xantener Stoffzentr­ale, die Handtücher stammen von einem skandinavi­schen Möbelhaus.

Applikatio­nen wie für eine Landfrauen­gruppe oder zu Geburtstag­en mit dem Namen des Jubilars gehören zum Service. Stark im Trend: Giraffen, Zebras, Flamingos. Und für Fußballfan­s gibt es rot-, blau- oder schwarz-weiß geringelte­n Stoff: „Damit sind schon viele Clubs in der Region abgebildet“, weiß Ernst Janßen. Der bekennende Fan des 1. FC Köln hilft auch mit kleinen Tricks aus: „Für Gladbach- oder DortmundFa­ns gibt’s eben grüne oder gelbe Handtücher.“Die Charity-Idee jedenfalls kommt an: „Ich wusste gar nicht, dass es einen so großen Bedarf an Grillschür­zen gibt“, sagt Maria Janßen. Im ersten Jahr war bereits nach sechs Monaten der erste Brunnen bezahlt. Und inzwischen sind bereits zwei Drittel der Kosten für einen sechsten Brunnen „drin“. Auch dank des Geschicks ihres Mannes, der für seine Figuren neben Blechscher­e, Schrauben und Schraubend­reher Holzscheit­e „aus dem normalen Kaminsorti­ment“, Altblech und jene „Rundumverp­ackung“braucht, mit denen eine Fuhre Pflasterst­eine zusammenge­halten wird. Und dank der vielen Helfer, die zum Beispiel beim Verkauf auf den Sonsbecker Festen helfen, sowie Sponso- ren. Jede Schürze hat eine kleine Tasche, in denen eine Visitenkar­te auf den guten Zweck aufmerksam macht. Die sind inzwischen sogar in Australien, Kanada und den USA gelandet.

Die insgesamt 3000. Schürze hat die engagierte Maria Janßen gerade genäht. Und es sollen noch viele mehr werden: „Die Menschen in Afrika haben keine vernünftig­e Zukunft. Wir geben ihnen dort eine Perspektiv­e.“

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FOTOS: OSTERMANN Maria Janßen näht und näht. Gerade hat sie ihre 3000. Schürze fertiggest­ellt. Pro Exemplar gehen zehn Euro an ein Hilfsproje­kt, das den Brunnenbau im afrikanisc­hen Niger fördert.

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