NRW ist Wolfsland
Umweltministerin Ursula Heinen-Esser hat das erste Wolfsgebiet in NRW ausgewiesen. Damit werden auch Schutzmaßnahmen gefördert.
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Bottrop DÜSSELDORF Der Wolf ist wieder heimisch in Nordrhein-Westfalen, genauer gesagt, eine Wölfin. „Sie ist gekommen, um zu bleiben“, sagte Ursula Heinen-Esser. Die NRW-Umweltministerin hat am Montag das erste Wolfsgebiet am Niederrhein ausgewiesen und NRW damit offiziell vom Wolfserwartungsland zum Wolfsland hochgestuft. Das bedeutet, dass Schafs- und Ziegenhalter nicht nur wie bisher für gerissene Tiere entschädigt werden, sondern sich das Land auch an vorbeugenden Maßnahmen zum Herdenschutz finanziell beteiligt. Die Landesregierung wollte, so Heinen-Esser, früh reagieren, um den Haltern entgegenzukommen. „Ich bin da zwiegespalten. Einerseits freut sich das Herz der Artenschützerin, andererseits weiß ich um die Sorgen der Bevölkerung.“Das Wolfsgebiet umfasst mit rund 958 Quadratkilometern Teile der Kreise Kleve, Wesel, Borken und Recklinghausen sowie der Städte Bottrop und Oberhausen. Herzstück ist Schermbeck, wo seit April durch DNA-Proben von gerissenen Tieren mehrfach der Nachweis erbracht wur-
Dorsten de, dass immer wieder dieselbeWölfin – Kennung GW954f – zuschlug. Nach einem halben Jahr sei von territorialem Verhalten auszugehen. Für alle Halter in dem Gebiet gelten ab sofort die Förderrichtlinien.
Das Gebiet sei bewusst großzügig dimensioniert, um möglichst vielen Haltern Herdenschutz zu ermöglichen. Dazu gehört etwa, dass das Land zu 80 Prozent die Kosten für Elektrozäune übernimmt oder sich an der Anschaffung von Schutzhunden beteiligt. Schafhalter begrüßen den Schritt. „Wir erhoffen uns davon, dass wir jetzt schneller und unbürokratisch unterstützt werden“, sagt Christine Rittmann aus Schermbeck. Fünf ihrer Schafe waren nachweislich von einemWolf gerissen worden. Daraufhin hatte sie zusätzliche Zäune installiert.
Die Züchter verweisen aber auch darauf, dass der große Schaden nicht durch den Verlust der Tiere entstehe. Wenn einWolf in der Herde gewesen sei, steige der Aufwand, die Tiere zu halten, weil sie unruhiger würden. Zudem komme es häufiger zu Frühgeburten mit Lämmern, die nicht le- bensfähig sind. Als Ersatz für ein gerissenes Schaf gibt es zwischen 120 und 160 Euro – wenn nachweislich ein Wolf der Verursacher ist.
Am Schutz des Wolfes führt jedoch kein Weg vorbei. Das Raubtier fällt unter die europäische Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und genießt höchsten Schutzstatus.Wer dagegen verstößt und einenWolf tötet, riskiert empfindliche Strafen – bis zu fünf Jahre Haft und 50.000 Euro Geldstrafe sind möglich. Mittlerweile leben 73 Rudel und Paare vorrangig im Osten Deutschlands, die meisten in Brandenburg. 2009 wurde erstmals ein durchziehender Wolf in NRW nachgewiesen. Gerade Jungtiere legen aufWanderschaft enorme Distanzen von bis zu 70 Kilometern am Tag zurück.
Konflikte mit Menschen hat es dabei laut dem Fachbereichsleiter Artenschutz beim Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv), Matthias Kaiser, noch nie gegeben. Sogenannte Nahbegegnungen aber schon – das heißt, der Wolf bleibt auf Distanz, schaut sich aber an, was der Mensch macht.„In solchen Fällen kann man lautstark auf sich aufmerksam machen“, sagt Kaiser. DenWolf bedrängen oder weglaufen sollte man nicht. Generell gelte: Der Wolf meidet den Menschen.
Wie es mitWölfin GW954f im Kreis Wesel weitergeht, ist offen. So kann das Tier ein Rudel gründen, aber auch alleine bleiben. Ministerin Heinen-Esser rät, das Thema nicht emotional aufzuladen.„Wir müssen den Wolf als das nehmen, was er ist – ein Teil der Natur. Und wir werden lernen, mit demWolf zu leben.“