Von der Leyen in Berater-Affäre unter Druck
Parlamentarier wollen wissen, wie es zu den Mängeln bei Hunderten von externen Verträgen kam.
BERLIN Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat zwar erste Konsequenzen aus der Berateraffäre gezogen. Den hinters Licht geführten Parlamentariern reicht das aber nicht. „Die Ministerin muss erklären, wie das passieren konnte“, sagt FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann.Wenige Tage vor einer imVerteidigungsausschuss anstehenden Aufklärung drohen die Grünen sogar mit einem Untersuchungsausschuss.
Nach einem unserer Redaktion vorliegenden neuen Bericht des Bundesrechnungshofs räumt das Ministerium selbst ein, von 2015 bis Anfang 2017 insgesamt 335 Verträge mit einem Volumen von weit über 200 Millionen Euro geschlossen zu haben. Der Rechnungshof hatte zuvor aus den Angaben ver- schiedener Ministeriumsstellen auf die Existenz von nahezu 500 Verträgen mit einem Umfang von mindestens 250 Millionen geschlossen. Der springende Punkt: Bei einer Stichprobenprüfung kamen die staatlichen Kontrolleure zu dem Ergebnis, dass bei 84 Prozent der Verträge „keine oder nur unzureichende Begründungen zur Notwendigkeit der externen Leistungen“in den Unterlagen enthalten gewesen seien.
„In der Regel fehlten Aussagen zu alternativen Handlungsmöglichkeiten“, monieren die Rechnungsprüfer. Es sei nicht die Frage geklärt worden, „ob oder in welchem Umfang bundeswehrinterne Lösungsmöglichkeiten zur Verfügung ste- hen“, heißt es im Bericht. Der Bedarf für eine Beauftragung externer Beratung oder Unterstützung sei nicht nachgewiesen worden. Das Verteidigungsministerium selbst räumte ein, dass die Mängel in 55 Prozent der Fälle aufgetreten seien. Hatte der Bundesrechnungshof das Fehlen vonWirtschaftlichkeitsuntersuchungen in 96 Prozent der Stichproben kritisiert, kam das Ministerium nun zu dem Schluss, dass dies bei 75 Prozent gefehlt habe.
Von der Leyen erließ inzwischen eine neue Zentrale Dienstvorschrift, richtete eine Fachaufsicht ein und bündelte alle Beschaffungen im Ministerium. Nach Medienberichten über „Vetternwirtschaft“zwischen Bundeswehr-Mitarbeitern und Be- ratungsfirmen kritisierte AfD-Verteidigungsexperte Rüdiger Lucassen ebenfalls „die personellen Verbandelungen“in von der Leyens Ministerium „zwischen Beamten, hohen Offizieren und Unternehmensberatern“.
Schwerwiegend ist auch die fehlende Übersicht des Ministeriums über seine Verträge. Der Haushaltsgesetzgeber verlangt stets einen exakten Überblick über den Einkauf von Berater-Know-how. Doch 2016 wurden sechs externe Beratungsverträge gemeldet, aber 193 Verträge geschlossen. Volumen: 150 statt der angegebenen 2,9 Millionen Euro. Das Argument des Ministeriums, das eine seien Beratungs-, das andere auch Unterstützungsverträge, lässt der Rechnungshof nicht gelten. Er weist nach, dass die Unterlagen in den Stichproben selbst das Wort „Beratung“als Auftragszweck enthalten.