„Die EU braucht eine echte Regierung“
Der ehemalige Bundeskanzler über die Rolle Europas, seine Beziehungen zu Wladimir Putin und die Zukunft der SPD.
te Unsicherheit der Menschen. Darauf muss eine Volkspartei reagieren.
Es heißt, eine Erneuerung geht nur in der Opposition.
SCHRÖDER Das stimmt doch nicht. Dann müsste der bayerische Landesverband der SPD nach 60 Jahren Opposition ja die Speerspitze des Erfolgs sein. Man kann gute Regierungsarbeit leisten und trotzdem mutige, inhaltliche Vorschläge machen, die nicht mit dem Koalitionspartner abgesprochen sind. Olaf Scholz hat das mit der europäischen Arbeitslosenversicherung ja gezeigt. Wenn die SPD wieder Vertrauen gewinnen will, muss sie gut regieren. Aber nicht still und unauffällig, so dass es keiner merkt. Sondern die Minister müssen das Amt auch nutzen, um Debatten anzustoßen. Warum hat die SPD nicht eine Antwort auf die Macron-Vorschläge, etwa aus dem Finanzministerium, gegeben?
Ist das Spitzenpersonal erneuerungsfähig? Olaf Scholz musste schon die Agenda-Reformen 2003 verteidigen und ist in der SPD bis heute eher geduldet.
SCHRÖDER Er hat die Reformen damals inhaltlich gestützt, weil er – wie ich – davon überzeugt war. Und die Reformen waren ja wirtschaftlich erfolgreich. Jetzt macht er als Finanzminister einen guten Job. Das kann er in der Öffentlichkeit ruhig etwas selbstbewusster darstellen.
Was trauen Sie Andrea Nahles zu?
SCHRÖDER Die SPD war immer dann erfolgreich, wenn sie nicht nur soziale, sondern auch wirtschaftliche Kompetenz hatte. Wenn es der SPD gelingt, hier wieder dasVertrauen der Bürger zu gewinnen, wird sie Erfolg haben. Wenn nicht, dann wird es auch für die Vorsitzende schwierig.
Es braucht also eine Erneuerung an der Spitze der Partei?
SCHRÖDER Der Mensch ist lernfähig. Ich war es in meinem Leben ja auch.
Sie meinen die SPD-Führung?
SCHRÖDER Wie gesagt: Der Mensch ist lernfähig. Das darf auch die SPD-Vorsitzende für sich in Anspruch nehmen.
Zum Abschluss: Wie fühlt es sich an, die fünfte Ehe?
SCHRÖDER Gut. Ich bin sehr glücklich.