Razzia bei Blackrock in München
In den Sog des Steuerbetrugs rund um sogenannte Cum-ex-Geschäfte ist nun auch der Vermögensverwalter Blackrock geraten. Am Dienstag hat die Kölner Staatsanwaltschaft Räume des Unternehmens in München durchsucht.
FRANKFURT Der Grund für die Razzia in den Münchner Büros von Blackrock ist ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Köln zu umstrittenen Cum-ex-Geschäften. Das sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Ein Blackrock-Sprecher sagte: „Blackrock arbeitet in einer laufenden Untersuchung im Zusammenhang mit Cum-ex-Transaktionen im Zeitraum 2007 bis 2011 uneingeschränkt mit den Ermittlungsbehörden zusammen.“Die Staatsanwaltschaft in Köln wollte den Bericht weder bestätigen, noch dementieren. Fest steht aber seit Längerem, dass die Kölner Staatsanwaltschaft in Sachen Cum-ex-Geschäften ermittelt.
Mit Cum-ex-Geschäften wird ein in großem Stil angewendeter Trick von bestimmten Gruppen in der Finanzbranche bezeichnet. Ziel ist es, sich mit Hilfe von Banken mehrfach Steuern rückerstatten zu lassen. Es handelt sich um Geschäfte rund um den Stichtag der Dividendenzahlungen von Börsenunternehmen. „Cum“bezeichnet dabei die Aktien mit Dividendenanspruch, „ex“die Papiere ohne. Rund um den Tag der Ausschüttung der Dividende haben die Betroffenen Aktien mit und ohne Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin und her geschoben. Am Ende war dem Fiskus nicht mehr klar, wem sie überhaupt gehörten. In diesem Verwirrspiel haben es Finanzakteure dann geschafft, sich eine bestimmte Steuer – die Kapitalertragssteuer – auf diese Geschäfte mehrfach zurückerstatten zu lassen.
Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums beträgt der so entstandene Schaden mindestens fünf Milliarden Euro. Recherchen eines europäischen Journalistennetzwerkes gehen von knapp 32 Milliarden Euro aus.
Pikant wäre eine mögliche Beteiligung von Blackrock an solchen Deals, weil Friedrich Merz, erklärter Anwärter auf den CDU-Vorsitz, seit 2016 das Aufsichtsgremium von Blackrock in Deutschland leitet. Allerdings liegt der Zeitraum der nun im Verdacht stehenden Geschäfte lange vor seiner Zeit als Aufsichtsratsvorsitzender. „Aktiengeschäfte wie Cum-ex und Cum-cum dienen letztlich dazu, die Steuerzahler auszunehmen“, hatte der frühere Unionsfraktionschef der„Süddeutschen Zeitung“gesagt. Derartige Geschäfte seien vollkommen unmoralisch, unabhängig von der juristischen Bewertung.„Dieser Meinung war ich schon immer und habe dies auch immer zum Ausdruck gebracht.“
Merz musste sich auch schon als Aufsichtsrat mit dem Thema befassen, denn die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt seit 2016 gegen die HSBC Deutschland. Angeblich sollen auch dort Cum-ex-Geschäfte zulasten des Steuerzahlers getä- tigt worden sein. Ein HSBC-Sprecher sagte allerdings: „HSBC Deutschland hat sich nicht bewusst an solchen Geschäften beteiligt.“Nach Informationen unserer Redaktion soll es sich in einem Zeitraum von etwa sieben Jahren um rund 20 Millionen Euro handeln, die an fraglichen Steuergutschriften nun überprüft werden. Das wären tatsächlich keine besonders großen Volumina. Merz soll auch im Aufsichtsrat betont haben, dass er generell Cum-ex-Geschäfte nicht gutheiße, heißt es.
Bis heute ist auch noch nicht in letzter Instanz geklärt, ob die dubiosen Geschäfte wirklich illegal waren. Die meisten Beobachter und Ermittler gehen aber davon aus. In Deutschland ist diese Praxis seit 2012 nicht mehr möglich, da wurde das Steuerschlupfloch durch den Gesetzgeber geschlossen.
Hierzulande sind besonders die hessischen Behörden bisher gegen die umstrittenen Geschäfte vorgegangen.