Rinderzucht auf ökologische Art
Heinz Jentjens hat sich schon vor Jahrzehnten der ökologischen Landwirtschaft verschrieben. Sein Sohn Christoph führt jetzt den Betrieb in Uedem. Rinderzüchter aus der Region informierten sich vor Ort.
UEDEM Steinbergen 15 - ein großer, über die Jahre gewachsener Hof mit schönen Wiesen drum herum. Viel Platz zwar, aber längst nicht genug, um den Anforderungen der Öko-Viehhaltung zu entsprechen. Deshalb ist ein Teil der Rinder und Kühe der Uedemer Familie Jentjens derzeit auswärts mit Grasen und Wiederkäuen beschäftigt: Christoph und sein Vater Heinz Jentjens haben Weideland im Westerwald und im Oberbergischen ge-
„Alle unsere Tiere stehen auf Stroh und
haben Auslauf“
Heinz Jentjens
Senior-Chef
pachtet, wo die Tiere als „glückliche Kühe“leben dürfen, nämlich draußen. Aber auch diejenigen, die in Steinbergen bleiben, kommen raus, so lange das Wetter es zulässt. Fleischrinderzüchter aus den Kreisen Kleve undWesel waren am Dienstag zu Besuch in Uedem, um sich einen Bioland-Betrieb aus der Nähe anzusehen und am Nachmittag noch Fachvorträge über Fütterung, Zucht und Haltung anzuhören.
Die Berufskollegen, die der Einladung der Kreiszüchterzentrale gefolgt waren, sind mit einer Ausnahme konventionell arbeitende Landwirte. Überhaupt sind kaum mehr als zwei Prozent der Bauern im Umkreis Bio-Landwirte, meint Kreistierzuchtberaterin Alexan- dra van der Flierdt. In Kurzform ist der Grund dafür wohl vor allem, dass an „Bio“so hohe Auflagen geknüpft sind. „Wir produzieren fast biologisch, nur eigenes Futter, wenig Dünger, die Tiere kommen viel raus - aber wenn wir wirklich auf ökologischen Landbau umstellen sollten, könnten wir erstmal jahrelang nichts verkaufen. Das kann sich so ein kleiner Nebenerwerbsbetrieb nicht leisten“, sagt ein Praktiker aus Moers. Das Fleisch seiner Tiere kommt bei der Kundschaft dennoch gut an. Es ist ja schließlich „fast Bio“.
Jentjens hingegen sind an sehr strenge Regeln gebunden. Jungvieh, Mutterkühe und Bullen stehen den längsten Teil des Jahres auf der Weide; weil die in diesem trockenen Sommer nur wenig Futter boten, musste mehr Kleegras, Mais und Getreide zugefüttert werden. Der Stall der Kälber und Färsen ist halboffen; „die Öko-Viehhaltung verlangt, dass jeder Stall dazu noch eine Öffnung im Dach hat“, erklärt Heinz Jentjens. Verlangt wird auch Stroh zum Liegen und genügend Platz, um sich hinreichend die Beine zu vertreten.
Norbert Heiting aus Emmerich ist zwar schon in Rente, war aber viele Jahre lang Referent für Rinderhaltung auf Haus Riswick. Er kennt die konventionelle wie die Öko-Haltung bestens. Heiting bedauert, dass die meisten Menschen, selbst in der hiesigen ländlichen Region, keine Ahnung von der Materie haben. „Es wird bedauert, dass die Kälber nicht lange bei den Müttern bleiben dürfen, dass sie schon mit unter einem Jahr geschlachtet werden - aber leckere, günstige Milch und zartes Fleisch wollen alle Verbraucher haben.“Er wirbt für Betriebsbesichtigungen, wie sie zum Beispiel Riswick mit dem Familientag oder der Kreistierschau anbiete.
Auch „Öko“ist nur bedingt romantisch, gibt Heinz Jentjens zu. „Aber die Tiere, die als Kälber geschlachtet werden, hatten wenigstens acht gute Monate auf der Weide.“Etwas älter dürfen die weiblichen Jungtiere der Limousin-Rinder werden, die mit zwei Jahren ein Kalb bekommen, es aufziehen und dann zum Schlachter gehen. In diesem Alter werden sie nämlich noch als Färse abgerechnet und nicht als Kuh, das bringt dem Landwirt einen deutlich besseren Preis.
Und darauf kommt’s an, wenn der Betrieb wirtschaftlich sein soll (und muss). Ob Kälber, gemästete Bullen, Färsen oder alte Milchkühe - alle landen schließlich bei Thönes in Wachtendonk, dem „Naturverbund Niederrhein“. Außerdem sind die Uedemer in die Biogemüse-Produktion eingestiegen. Ein wichtiges zweites Standbein.