Nur Donald Trump ist fein raus
ANALYSE Das Ergebnis der Halbzeit-Wahlen in den Vereinigten Staaten könnte sich als gefährlich für die Demokraten erweisen, und es stellt die Republikaner vor ein Dilemma. Für den Präsidenten ist es dagegen trotz des Verlustes des Repräsentantenhauses ein
Wie immer griff Donald Trump zu den ganz großen Adjektiven. Einen „enormen Erfolg“hätten seine Republikaner bei den US-Zwischenwahlen eingefahren, twitterte der Präsident. Das wirkte einigermaßen bizarr, hatte seine Partei doch soeben ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren. Im Senat dagegen konnten die Konservativen ihre Dominanz ausbauen. Damit ist die von den Demokraten ersehnte„blaueWelle“, die ganz große Klatsche für Trump, ausgeblieben. Und nur das zählt für den Präsidenten, der sich in diesem Wahlkampf so richtig reingehängt hatte.
Trump hat einiges riskiert, indem er den Urnengang zu einer Abstimmung über seine Person machte. Und aus einer Sicht hat er die Wette gewonnen. Seine Partei dagegen steht jetzt vor einem tiefen Dilemma. Den Demokraten ist ein tiefer Einbruch in die einst traditionell konservativ wählende Mittelschicht der amerikanischen Vorstädte gelungen. Trumps Hetzrhetorik vergrault vor allem gebildete Frauen und unabhängige Wähler. Andererseits ist es Trump offenbar erneut gelungen, mit dem Schüren von Überfremdungsängsten einen wichtigen Teil der republikanischen Basis an die Urnen zu holen.
Moderate Republikaner, von denen einige insgeheim auf eine krachende Niederlage gehofft hatten, um ihre Partei wieder aus demWürgegriff Trumps befreien zu können, sehen jetzt die Chancen schwinden, dass sich bis zur nächsten Präsidentenwahl 2020 eine glaubwürdi- ge Alternative zu Trump etablieren ließe. Die herben Verluste müssen die Republikaner in einer strategischen Perspektive zwar zutiefst beunruhigen, aber die Niederlage ist nicht katastrophal genug ausgefallen, um den Weg für einen echten Kurswechsel freizumachen.
Vor noch größere Probleme stellt dasWahlergebnis aber wohl die Demokraten. Zwar bejubelte Nancy Pelosi, Fraktionschefin der Demokraten im Repräsentantenhaus, in der Nacht einen „historischen Sieg“. Doch weiß die 78-jährige Polit-Veteranin selbst am besten, dass in diesem Sieg große Gefahren lauern. So kündigte Pelosi bereits an, die Demokraten wollten ihre neue Macht nicht dazu nutzen, in den kommenden zwei Jahren dieselbe Fundamentalopposition zu betreiben, mit der die Republikaner Präsident Barack Obama die zweite Amtszeit vermiest hatten. Pelosi weiß sehr gut, dass eine derartige Blockadepolitik im Land gar nicht gut ankäme und die Chancen ihrer Partei bei der Präsidentenwahl erheblich schmälern würde. Trump wartet nur darauf, die Demokraten als destruktive Verhinderer hinstellen zu können, um dem politischen Gegner alle Probleme des Landes in die Schuhe schieben zu können.
Wollten die Demokraten es darauf anlegen, könnten sie die mächtigen Kongressausschüsse, die den Präsidenten unter Strafandrohung zu Auskünften zwingen können, zu Anti-Trump-Tribunalen umfunktionieren. Genug Ansatzpunkte gäbe es ja: Trumps zweifelhafte Steuermoral und seine Interessenkonflikte als Politiker und Geschäftsmann, die Russland-Affäre oder Trumps jüngst ruchbar gewordenen leichtfertigen Umgang mit Sicherheitsvorschriften. Allerdings wäre dies zugleich eine Steilvorlage für den Präsidenten, der schon jetzt keinen Tag vergehen lässt, ohne eine angebliche Hetzjagd gegen seine Person zu anzuprangern.
Dazu kommt, dass die Demokraten vor einem Richtungsstreit stehen. Zwar geht die Dynamik innerhalb der Partei seit zwei Jahren vor allem vom „progressiven“Flügel aus, der die Partei auf einen klaren Linkskurs drängen will, aber insgesamt wurden die Stimmengewinne am Dienstag vorwiegend von moderaten Demokraten eingefahren. Das Ringen um den politischen Kurs und den Spitzenkandidaten, der 2020 mutmaßlich gegen Trump ins Rennen gehen muss, könnte die Partei an den Rand der Spaltung treiben.