Der Verlust im Fokus der Kamera
Aktion von „Herzenswunsch Niederrhein“. Der Verein half Jugendlichen, den Tod eines Elternteils zu verarbeiten.
(mavi) Sophie wirkt gelöst. Das ist erstaunlich. Denn sie steht im Keller des PAN Kunstforums mit einem sehr persönlichen, ernsten Thema im Fokus. Ihr Vater ist gestorben. Sie hat wie sieben andere Jugendliche an dem Projekt „Ich und Du“der Aktion Herzenswunsch Niederrhein teilgenommen. In einem Workshop an zweiWochenenden hat die Kleverin sich mit ihrer Trauer auseinanderge- setzt. Fotografisch.
„Das war keine depressive Veranstaltung. Wir hatten viel Spaß“, macht die 17-Jährige gleich mal klar. Es habe ihr sehr geholfen, in dem Workshop auf Jugendliche zu tref- fen, die ebenfalls ein Elternteil verloren haben.
Am ersten Wochenende in der Evangelischen Gemeinde Kalkar haben die Teilnehmer sich kennengelernt und den richtigen Winkel in der Fotografie kennengelernt. Hier galt es, gegensätzliche Motive und Paare zu finden, berichtet Dr. Reinhold Kohls von der Aktion Herzenswunsch.Von diesen Fotos sind 86 im PAN zu sehen.
Am zweiten Wochenende an der Wasserburg Rindern wurde es für die Jugendlichen aus Emmerich, Kleve, Kalkar und Sonsbeck persönlicher: „Sie sollten einen Gegenstand mitbringen, der sie an den Verstorbenen erinnert. Dieser sollte im Foto in Szene gesetzt werden“, so Kohls. Dafür lohnte auch mal ein Perspektivwechsel.Was auch im Leben hilft. Daraus sind acht 60 mal 80 cm große Fotos entstanden, die bis Anfang Februar im PAN zu sehen sind. Sophie hat einen Kettenanhänger als Fotomotiv ausgewählt: „Den hat mein Vater mir geschenkt, als er aus der Reha kam.“Auch der Ehering des Papas hängt an der Kette. Und da der Vater auch ihr Fußballtrainer war, bot sich ein Foto auf dem Sportplatz an. Andere Motive zeigen ein Motorrad oder ein Trikot des Fußball-Clubs Hamburger SV.
Die Rückmeldungen sind sehr positiv: „Der Vater einer 16-Jährigen hat uns erzählt, dass sich seine Tochter nach dem Workshop erstmals richtig geöffnet hat, nachdem ihre Mutter ein halbes Jahr vorher gestorben war“, freut sich Kohls. Durch die Ausstellungen in der Folge hätten die Jugendlichen eine Wertschätzung erfahren, die ihnen zusätzlich helfe.
Herzenswunsch will die Kids über Jahre unterstützen, weil es in der Trauerbegleitung hier Defizite gebe. Rita Rahkob, seit zehn Jahren ehrenamtliche Jugendtrauerbegleiterin, begrüßt das: „Den Kindern wird immer nur geholfen, wenn es eine Diagnose gibt.“Auch Bürgermeister Peter Hinze findet die Initiative wichtig: „Wo bleiben die Kinder mit ihrer Trauer? Das andere Elternteil trauert ja auch. Da ist eine Langzeitbetreuung wichtig. Gerade im ländlichen Raum, wo das Angebot weniger engmaschig ist.“
Sophie ist glücklich, bei „Ich und Du“mitgemacht zu haben. Heute kommt sie besser klar. „Ich weiß jetzt, dass mehr Leute hinter mir stehen.“