Union und SPD einigen sich bei Paragraf 219a
Die große Koalition will beim Werbeverbot für Abtreibungen Ergänzungen vornehmen.
BERLIN Die Bundesregierung will das umstrittene Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche beibehalten, jedoch ergänzen. Unter anderem solle rechtlich ausformuliert werden, dass und wie Ärzte und Krankenhäuser über die Tatsache informieren können, dass sie Abtreibungen durchführen, erklärten die zuständigen Minister am Mittwochabend. „Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch darf es jedoch auch in Zukunft nicht geben“, betonte Kanzleramtschef Helge Braun. Die Bundesärztekammer und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sollten die Aufgabe bekommen, Kontaktinformationen für Betroffene zur Verfügung zu stellen. Die Fraktionen von Union und SPD müssen den Vorschlägen der Ministergruppe allerdings noch zustimmen.
Zunächst hatte es am Mittwochmorgen nach einer schnellen Einigung der zuständigen Minister Helge Braun (CDU/Kanzleramt), Jens Spahn (Gesundheit/CDU) und Horst Seehofer (CSU/Innen) sowie der beiden SPD-Ministerinnen für Justiz und Frauen, Katarina Barley und Franziska Giffey, ausgesehen. Ursprünglich plante die Bundesregierung, bis mittags eine einen Konsens zum Paragrafen 219a zu präsentieren, über den die Fraktionen im Januar abstimmen sollen. Die SPD verlangt, dass Informationen über Abtreibungen für Ärzte künftig straffrei sein müssen, die Union will das derzeitige Gesetz dagegen möglichst nicht ändern und plädiert für die Einführung von Listen mit Praxen und Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen.
Der Paragraf 219a verbietet im Strafgesetzbuch Werbung für Schwangerschaftsabbrüche – da- bei fasst er den Begriff Werbung weiter als im Sprachgebrauch üblich. So macht man sich schon strafbar, wenn man etwa„seinesVermögensvorteils wegen“öffentlich Schwangerschaftsabbrüche anbietet. Dafür wurde eine Ärztin aus Gießen verurteilt. Nach Paragraf 218 des Strafgesetzbuches sind Abtreibungen meistens rechtswidrig – sie werden aber unter bestimmten Bedingungen nicht bestraft. Seit der Befruchtung dürfen nicht mehr als zwölfWochen vergangen sein. Im ersten Halbjahr 2018 gab es rund 52.000 Abtreibungen in Deutschland.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte der SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles im Frühjahr zugesichert, über Änderungen beim 219a zu sprechen. Dafür hatte Nahles darauf verzichtet, das Thema während der Koalitionsverhandlungen mit der Union in den Bundestag einzubringen. Ihr war damals aus den eigenen Reihen ein Einknicken vorgeworfen worden. Grüne, Linke und FDP fordern die Streichung des Paragrafen. Die FDP stellt die Abschaffung des Werbeverbots am Donnerstag im Bundestag zur Abstimmung. Die Koalitionsmehrheit kann den Antrag aber in die Ausschüsse verweisen. SPD-Abgeordnete könnten eine sofortige Abstimmung durchsetzen. Das würde das Bündnis erschüttern.
(mit dpa)