Neuer Betrugsverdacht gegen Relotius
US-Botschafter Grenell wirft dem „Spiegel“einen anti-amerikanischen Kurs vor.
HAMBURG (epd) Nach Bekanntwerden der Betrügereien des „Spiegel“-Reporters Claas Relotius stehen strafrechtliche Ermittlungen wegen der Veruntreuung von Spendengeldern im Raum. Wie Spiegel Online berichtete, soll Relotius von seinem privaten E-Mail-Konto Lesern Spendenaufrufe geschickt haben, um angeblich Waisenkindern in der Türkei zu helfen. Das hätten Leser dem Magazin mitgeteilt. Das Geld sollte demnach auf Relotius‘ Privatkonto überwiesen werden.
„Wie viele Spender sich meldeten, wieviel Geld schließlich zusammenkam und was mit diesem Geld passierte, ist derzeit noch nicht klar“, heißt es auf Spiegel Online. Der Redaktion sei von der Spendensammlung nichts bekannt gewesen. Alle gesammelten Informationen würden der Staatsanwaltschaft„im Rahmen einer Strafanzeige“zur Verfügung gestellt.
Der Spendenaufruf stehe im Zusammenhang mit dem Relotius-Beitrag „Königskinder“über ein vermeintliches syrisches Geschwisterpaar, das in der Türkei auf der Straße lebe. Der Beitrag über die mutmaßlichen Waisenkinder war
Richard Grenell am 9. Juli 2016 im „Spiegel“erschienen. Dessen Richtigkeit werde inzwischen wie bei vielen anderen Texten von Claas Relotius in Zweifel gezogen, hieß es.
Der „Spiegel“hatte am vergangenen Mittwoch offengelegt, dass der bisherige Redakteur Relotius im großen Umfang eigene Geschichten manipuliert hat. Er habe die Fäl- schungen nach internen Nachforschungen zugegeben und das Haus inzwischen verlassen.
Wie Zeit Online am Wochenende berichtete, hätte Relotius früher gestoppt werden können, wenn seine Vorgesetzten auf hausinterne Einwände gehört hätten. Der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, warf dem Magazin einen anti-amerikanischen Kurs vor, der den Betrug von Relotius begünstigt habe. „Es ist eindeutig, dass wir Opfer einer Kampagne institutioneller Voreingenommenheit wurden“, schrieb Grenell, ein Vertrauter von US-Präsident Donald Trump, an die Chefredaktion. Der stellvertretende Chefredakteur Dirk Kurbjuweit erwiderte: „Wir entschuldigen uns bei allen amerikanischen Bürgern“, die durch die Reportagen von Relotius beleidigt und verunglimpft worden seien. Den Vorwurf der Voreingenommenheit wies er jedoch zurück.
„Wir wurden Opfer einer
Kampagne von Voreingenommenheit“
US-Botschafter