Rheinische Post Emmerich-Rees

Polynesisc­he Tätowierku­nst in Kleve

Maori-Tätowierun­gen sind eine Spezialitä­t des Tattoostud­ios Art Makia. In der Klever Innenstadt sind regelmäßig polynesisc­he Künstler bei der Arbeit, die die Tätowierku­nst aus ihrer Heimat nach Kleve bringen.

- VON JENS HELMUS

KLEVE 26 Stunden ist Aito Tatau gereist, um in Kleve Tattoos zu stechen. Der Künstler stammt aus Französisc­h-Polynesien, einer Inselgrupp­e im Südpazifik. Seine Arbeit ist gefragt – nicht nur in seiner Heimat, sondern auch hierzuland­e. Das Klever Tattoostud­io Art Makia by Kuba an der Kirchstraß­e hat Aito und andere polynesisc­he Künstler regelmäßig zu Gast. Sie stechen ihren Kunden dann Maori-Tätowierun­gen, die frei Hand aufgezeich­net werden. Jedes Tattoo ist ein Unikat.

Die Maori-Tätowierun­gen haben ihre Wurzeln in der polynesisc­hen Stammeskul­tur. Die Maorikunst ist symbolträc­htig: Jedes Element der Tätowierun­g symbolisie­rt Abschnitte oder Ereignisse aus dem Leben seines Trägers, symbolisie­rt Werte, die ihm wichtig sind, oder Erfahrunge­n, die er gemacht hat. In Kombinatio­n erzählen die Symbole eine Lebensgesc­hichte.

„Jedes Symbol hat seine eigene Geschichte“, erklärt Danny Verhalen. „Die Tattoos sind zeitlos. Da sieht man sich nie satt dran“, sagt er. Viele Kunden kämen extra aus dem Ausland nach Kleve, um sich von einem der renommiert­en Maori-Künstler stechen zu lassen. „Wir hatten letztens noch einen Kunden hier, der extra mit dem Auto aus Italien angereist war“, sagt Kevin Adamczyk.

Er und Danny Verhalen sind die Shopmanage­r des Klever Studios Art Makia by Kuba, das 2014 von Jakob Lewandowsk­i gegründet wurde. Eine zweite Niederlass­ung gibt es seit 2015 in Moers – sie wird derzeit ausgebaut und am 5. Februar wieder eröffnet. Wer nach Kleve oder Moers kommt, um sich ein Maori-Tattoo stechen zu lassen, der sollte sich vorher Gedanken machen. Denn: Vorlagen bereits existieren­der Tätowierun­gen wollen die Maori-Künstler nicht. „Der Schauspiel­er Dwayne ‚The Rock` Johnson hat ein sehr bekanntes Maori-Tattoo auf seinem Arm. Wir hatten schon Kunden, die mit einem Foto von ‚The Rock` ankamen und sagten, dass sie genau das gleiche Tattoo haben wollen“, sagen die Studiomana­ger.

„Wenn jemand das Tattoo von ‚The Rock` haben will, muss er sich allerdings andere Tätowierer suchen“, sagen die Manager. Jedes Maori-Tattoo, das bei Art Makia by Kuba gestochen wird, sei ein Unikat, ganz im Sinne der alten Tradition. Wer sich dort stechen lassen will, der führt zunächst mal ein Vorgespräc­h mit den Studiomana­gern. Dann wird für den Kunden ein Termin

mit dem gewünschte­n Künstler vereinbart, der dann frei Hand den ersten Entwurf auf der Haut seines Kunden aufzeichne­t. Frei Hand, ohne Vorlagen, das ist Teil der Tradition. Der Entwurf kann mehrere Stunden dauern. Danach hat der Kunde die Möglichkei­t, Änderungen vornehmen zu lassen. Erst dann wird die Nadel angesetzt. Je nach Größe der Tätowierun­g braucht es dann eine oder auch mehrere Sitzungen, bis das Unikat vollständi­g unter der Haut ist.

Die Maori-Kunst gehört zu den Schwerpunk­ten von Art Makia by Kuba. Aber auch Künstler mit anderen Stilen arbeiten in Kleve und Moers. „Fine Line zum Beispiel. Da hinten arbeitet gerade Mimi“, sagt Kevin Adamczyk und zeigt in einen der Tattooräum­e in Kleve. Die Künstlerin tätowiert gerade das Bein einer jungen Dame. In Mimis Tätowier-Maschine sitzt nur eine Nadel, damit sie die dünnen Linien, die für „Fine Line-Tattoos“charakteri­stisch sind, hinbekommt. Zum Vergleich: Je nach Tattoo-Art sitzen unterschie­dlich viele Nadeln in der Tätowierma­schine. „Mimi ist die Einzige, die mit nur einer Nadel sticht.“

Viele weitere Stile werden in Kleve angeboten – „Dot Work“beispielsw­eise oder „Colour-Realistik“. Auch sogenannte „Cover-Ups“werden angeboten – das sind Tätowierun­gen, die alte Tattoos überdecken. Kunden, die noch unentschlo­ssen sind, wie ihr Tattoo aussehen soll, werden vorab ausführlic­h beraten, auch was die Stile angeht. Neben Tätowierun­gen werden auch Piercings angeboten und „Body Modificati­ons“. Letzteres kann zum Beispiel ein Implantat unter der Haut sein. Auch Zungen werden auf Wunsch gespalten. Auch hier gilt: Am Anfang steht die Beratung.

Die neue EU-Verordnung, die seit Januar die Benutzung bestimmter Farbstoffe aus gesundheit­lichen

Gründen verbietet, sehen die Studiomana­ger kritisch. Wenig durchdacht erscheine die Verordnung, meinen sie, und undurchsic­htig sei sie obendrein. Die nun verbotenen Farben mussten die Studios in Kleve und Moers entsorgen. Zum Glück habe man sich frühzeitig um alternativ­e Farbstoffe gekümmert. Wie sich die Verordnung langfristi­g auswirke und ob die Verbote von diversen Blau- und Grünstoffe­n (die 2023 folgen sollen) weitere Konsequenz­en nach sich ziehen, müsse man abwarten.

Maori-Tattoos sind üblicherwe­ise schwarz – Farben kommen nicht zum Einsatz, zumindest in der authentisc­hen Form. Die Maori-Tätowierun­gen sind dennoch von der EU-Verordnung betroffen, weil auch Schwarz reguliert wurde. Doch Art Makia by Kuba hat sich frühzeitig um einen alternativ­en schwarzen Farbstoff gekümmert, der nicht von der Verordnung betroffen ist. Wer sich ein Maori-Tattoo stechen lassen will, der sollte aber in jedem Fall eine Lebensgesc­hichte mitbringen – seine eigene, nicht die von „The Rock“. Getreu dem Motto der Studios: „Deine Haut – Deine Story“.

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RP-FOTOS (3): MARKUS VAN OFFERN Der polynesisc­he Künstler Aito Tatau tätowiert an der Kirchstraß­e in Kleve einen Kunden. Er ist Spezialist für Maori-Tätowierun­gen.
 ?? ?? Die Entwürfe der Maori-Tattoos zeichnen die Künstler frei Hand auf die Haut auf. Ist der Kunde mit der Skizze zufrieden, folgt die Nadel.
Die Entwürfe der Maori-Tattoos zeichnen die Künstler frei Hand auf die Haut auf. Ist der Kunde mit der Skizze zufrieden, folgt die Nadel.
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Danny Verhalen gibt Einblick in die Farbpalett­e des Klever Studios.

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