Rewe-Chef: Die Preise steigen weiter
Vorstandschef Lionel Souque kündigt an, dass in diesem Jahr die Margen geringer ausfallen. Der Handelskonzern will nicht jede Kostensteigerung an die Endverbraucher weitergeben. Versorgungsengpässe sieht Souque nicht.
KÖLN Im deutschen Einzelhandel sind dessen Vertreter in den vergangenen Wochen nicht müde geworden in dem (erfolglosem) Versuch, die Menschen vor Hamsterkäufen zu warnen. Es gebe keine Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Lebensmitteln, es könne höchstens mal so sein, dass zwischenzeitlich etwas fehle, aber solche Lücken seien schnell wieder aufgefüllt – das war der Tenor.
Lionel Souque hat das am Dienstag wiederholt. „In Deutschland gibt es kein Ernährungsproblem“, sagte der Rewe-Chef bei der Vorlage der Bilanzzahlen. Würden die Menschen normale Mengen einkaufen, wären die Regale nicht leer. Auch die mit dem Sonnenblumenöl nicht. In Ländern wie Frankreich und Spanien gebe es genügend Sonnenblumenöl von anderen Lieferanten. Vorbilder für jene hierzulande, die meinen, sich auf Monate im Voraus mit Ware eindecken zu müssen, weil ja irgendwann nichts mehr nachkommen könnte.
Also kein Engpass. Aber höhere Preise für Lebensmittel – daran kommt auch Rewe nicht vorbei. „Es wird Artikel geben, bei denen wir nicht anders können, als die Preiserhöhungen der Industrie zu akzeptieren. Und einen Teil davon werden wir weitergeben müssen“, kündigte der Konzernchef an. Derzeit laufen Preisverhandlungen mit Anbietern wegen der aktuellen Lage nicht wie üblich nur ein- oder zweimal im Jahr, sondern deutlich häufiger.
Gleichzeitig betont Souque, man wolle nicht jede Kostensteigerung an die Endkunden weitergeben: „Es ist Unsinn zu glauben, dass wir alles nach hinten weitergeben können. Wer soll das bezahlen?“Handel und Industrie müssten einen Teil der Mehrkosten selbst stemmen. Souques Marschroute: nicht teurer zu sein als die Discounter. Das habe Rewe im ersten Quartal schon einen dreistelligen Millionenbetrag gekostet, so der Vorstandschef. Dass man die Mehrbelastungen eins zu eins beim Endverbraucher ablädt, ist aus Sicht von Souque schon deshalb nicht möglich, weil jene Verbraucher bei den Energiekosten schon stark belastet sind. Es gebe für Rewe keinen Grund zu jammern: „Wir haben genug verdient im vergangenen Jahr.“
Tatsächlich hat der Kölner Handelskonzern den Gewinn 2021 um etwa 80 Prozent auf 756 Millionen Euro gesteigert. Das operative Ergebnis wuchs um mehr als 20 Prozent auf 1,49 Milliarden Euro, der Gesamtumsatz um etwa 2,5 Prozent auf 76,5 Milliarden Euro. In diesem Jahr werden die Margen dann nach Einschätzung des Managers geringer ausfallen.
Deutlich aufwärts geht es nach Angaben des zuständigen Vorstandsmitglieds Sören Hartmann in der Touristiksparte. Da habe es unmittelbar nach dem Beginn des Ukraine-Krieges noch einmal Verunsicherung bei den Kunden gegeben, doch das habe sich wieder gelegt. „Wir glauben, dass wir in diesem Jahr über 80 Prozent eines normalen Sommers erreichen können“, glaubt Hartmann. Das wäre ein großer Schritt, nachdem die Sparte im vergangenen Jahr trotz einer deutlichen Umsatzsteigerung auf zwei Milliarden Euro immer noch 60 Prozent unter dem Vor-Pandemie-Niveau gelegen und noch 200 (Vorjahr: 400) Millionen Euro Verlust gemacht hat.
2022 sieht das alles besser aus. Seit Jahresbeginn habe es einen Buchungsboom gegeben, sagte Hartmann. Und die Lust auf Reisen sei so groß, dass die Urlauber auch einen durch die teurere Energie bedingten Kerosinzuschlag akzeptieren würden, meint er. Wer das vermeiden will, muss früh buchen. Das ist vermutlich so bei allen Reiseanbietern, die den Kunden damit einen zusätzlichen Frühbucher-Anreiz geben wollen.
Was die Diskussion um Geschäfte in Russland und der Ukraine angeht, ist Rewe nicht betroffen. Die Kölner haben schon 2020 ihre damals 32 Märkte in der Ukraine abgegeben, ein Jahr später 160 Märkte in Russland. Schon da sei absehbar gewesen, dass die Lage in den Ländern schwierig sei, so Souque. Mit einem Krieg hat er freilich auch nicht gerechnet. Nach dem Ende der zweijährigen Maskenpflicht macht Rewe wie andere große Lebensmittelhändler nicht von seinem Hausrecht Gebrauch. Sofern es keine anderslautenden staatlichen Vorgaben gebe, werde der Einkauf bei Rewe und bei der Discount-Tochter Penny ohne Maske möglich sein, hat der Konzern erklärt.