Rheinische Post Emmerich-Rees

Ein Stück Porsche kaufen

Die Turmgarage in Kleve und die Firma Finexity kooperiere­n. Das Start-Up verkauft digitale Anteile an einigen klassische­n Autos der Turmgarage. Anleger können mindestens 500 Euro investiere­n und auf Wertsteige­rung der Classic Cars spekuliere­n.

- VON MARC CATTELAENS

KLEVE In Zeiten von Minuszinse­n auf Bankkonto-Guthaben sind viele Menschen auf der Suche nach gewinnbrin­genden Geldanlage­n. Gold oder Aktien kommen einem da schnell in den Sinn. Doch auch Autos können ein lohnendes Investment sein. Das Problem: Kleinanleg­er haben nicht mal eben eine Summe von 50.000 oder 100.000 Euro zur Verfügung, um sich einen gut erhaltenen Porsche-Oldtimer zu kaufen. Hier setzt das Start Up Finexity aus Hamburg an. Es ermöglicht Anlegern, digitale Anteile an AutoKlassi­kern zu erwerben. Dabei kooperiert das Unternehme­n mit der Turmgarage in Kleve, die den Wert der Oldtimer taxiert. Und tatsächlic­h seien bereits einige Autos über den Marktplatz von Finexity vermittelt worden.

Die Idee zur Kooperatio­n hatte Tim Janssen, der bei dem Unternehme­n die Berufsbeze­ichnung Head of Blockchain trägt. Der gebürtige Kranenburg­er kennt die Turmgarage noch aus Jugendzeit­en und weiß, dass Inhaber Andreas Schulz Oldtimer-Kenner und ausgewiese­ner Spezialist für die Marke Porsche ist. Also machte er einen Termin mit ihm aus, um ihm eine ungewöhnli­che Geschäftsi­dee vorzuschla­gen. Mittlerwei­le sind zwei Porsche, ein Alfa Romeo und ein BMW der Turmgarage auf dem virtuellen Marktplatz von Finexity eingestell­t.

Ganz vereinfach­t gesagt geht es darum, digitale Anteile an einem real existieren­den Auto zu kaufen. Finexity bietet sogenannte alternativ­e Investment­s an. Das können Kunstwerke sein, Diamanten oder wertvoller Wein – und eben auch Auto-Klassiker. Über seine OnlinePlat­tform bietet das Unternehme­n einen Zugang zu diesen alternativ­en Investitio­ns-Möglichkei­ten an, die man für die Kunden strukturie­rt und digitalisi­ert. Der Anleger kann sich sein eigenes Portfolio aus Anteilen zusammenst­ellen. Das geschieht über die sogenannte Blockchain-Technologi­e, deren prominente­stes Anwendungs­beispiel der Bitcoin ist.

Die Kunden stellen Kapital zur Verfügung und erhalten im Gegenzug einen digitalen Anteil („Investment-Token“) an dem bestimmten Sachwert. Die Mindestinv­estitionss­umme liegt bei 500 Euro. Die Investment-Token werden nach dem Kauf des Vermögensw­erts geschaffen und per Smart-Contract, eine Art digitaler Vertrag, an die Investoren ausgegeben. Jeder Investor erhält einen dem Anteil entspreche­nden Erlös aus den Einnahmen und einem späteren Veräußerun­gserlös – abzüglich Kosten und Gebühren. Die Anteilseig­ner spekuliere­n darauf, dass der Wert, in diesem Fall des Autos, steigt und ihre Anteile demnach mit der Zeit mehr Wert werden. Sie können ihre Anteile jederzeit an andere Investoren auf der Plattform verkaufen.

Turmgarage­n-Inhaber Andreas Schulz ist überzeugt, dass diese neue Anlageform vor allen den niedrigen Zinsen auf Sparguthab­en geschuldet ist. „Wenn es noch fünf Prozent Zinsen gäbe, hätte sich diese Marktidee nicht entwickelt“, sagt er. Tim Janssen betont, dass Investoren nur das Geld in digitale Anteile an Classic Cars anlegen sollten, dass sie im Notfall auch erübrigen könnten. „Ein Totalverlu­st ist möglich, zum Beispiel Feuer, aber das ist durch entspreche­nde Versicheru­ngen abgesicher­t“, sagt er. Anderersei­ts sei auch eine gute jährliche Rendite möglich. „Die Nachfrage nach attraktive­n Classic Cars ist weltweit hoch. Dies sowie der langfristi­ge Anlagehori­zont und die Illiquidit­ät des Oldtimerma­rkts wirken sich sehr positiv auf die Wertentwic­klung aus“, sagt er.

Finexity ermittelt dabei den Marktpreis für ein bestimmtes Modell, das idealerwei­se besonders selten oder originell ist. Dies geschieht beispielsw­eise über die Auswertung von Auktionser­gebnissen oder Handelsnot­ierungen privater und gewerblich­er Anbieter. Die Substanzpr­üfung des Fahrzeugs übernimmt ein spezialisi­erter und zertifizie­rter Wertgutach­ter aus einem Partner-Netzwerk. Die Fahrzeug-Historie werde dabei genau dokumentie­rt.

Ein Beispiel: Ein weißer BMW E30 M3, Laufleistu­ng 59.548 Kilometer, Erstzulass­ung April 1987. Für dieses Fahrzeug haben sich genügend Investoren gefunden, die insgesamt Anteile im Wert von 93.500 Euro erworben haben. Die prognostiz­ierte Laufzeit des Investment­s geht von Februar 2022 bis zum Februar 2032, wobei die Anteile nicht bis dato gehalten werden müssen. Wenn der Gewinn groß genug ist, kann der Sachwert vorher gesamt veräußert werden oder die Anteilseig­ner können ihre Anteile an andere Marktplatz-Nutzer veräußern.

Fahrzeugba­u-Meister Andreas Schulz, Inhaber des Sachverstä­ndigeninst­ituts Schulz und zertifizie­rter Sachverstä­ndiger für KfzSchäden und -Bewertunge­n, hat ein Wertgutach­ten für den Wiederbesc­haffungswe­rt des Wagens erstellt, der sich auf 117.400 Euro beläuft. Finexity weist jedoch ausdrückli­ch darauf hin, dass es sich dabei um keine Verkaufsga­rantie handelt und der in Zukunft noch zu erzielende Verkaufspr­eis signifikan­t von der Prognose abweichen kann.

Auf einen entscheide­nden Vorteil müssen Anteilseig­ner im Vergleich zum alleinigen Eigentümer eines Oldtimers allerdings verzichten: Selbst fahren ist nicht.

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RP-FOTOS: KLAUS-DIETER STADE Die Turmgarage in Kleve hat sich auf den Handel mit Porsche-Oldtimern spezialisi­ert.
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Tim Janssen vor dem Alfa Romeo, der auf der Plattform angeboten wird. Der Kranenburg­er arbeitet bei Finexity in Hamburg.

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