Ein Stück Porsche kaufen
Die Turmgarage in Kleve und die Firma Finexity kooperieren. Das Start-Up verkauft digitale Anteile an einigen klassischen Autos der Turmgarage. Anleger können mindestens 500 Euro investieren und auf Wertsteigerung der Classic Cars spekulieren.
KLEVE In Zeiten von Minuszinsen auf Bankkonto-Guthaben sind viele Menschen auf der Suche nach gewinnbringenden Geldanlagen. Gold oder Aktien kommen einem da schnell in den Sinn. Doch auch Autos können ein lohnendes Investment sein. Das Problem: Kleinanleger haben nicht mal eben eine Summe von 50.000 oder 100.000 Euro zur Verfügung, um sich einen gut erhaltenen Porsche-Oldtimer zu kaufen. Hier setzt das Start Up Finexity aus Hamburg an. Es ermöglicht Anlegern, digitale Anteile an AutoKlassikern zu erwerben. Dabei kooperiert das Unternehmen mit der Turmgarage in Kleve, die den Wert der Oldtimer taxiert. Und tatsächlich seien bereits einige Autos über den Marktplatz von Finexity vermittelt worden.
Die Idee zur Kooperation hatte Tim Janssen, der bei dem Unternehmen die Berufsbezeichnung Head of Blockchain trägt. Der gebürtige Kranenburger kennt die Turmgarage noch aus Jugendzeiten und weiß, dass Inhaber Andreas Schulz Oldtimer-Kenner und ausgewiesener Spezialist für die Marke Porsche ist. Also machte er einen Termin mit ihm aus, um ihm eine ungewöhnliche Geschäftsidee vorzuschlagen. Mittlerweile sind zwei Porsche, ein Alfa Romeo und ein BMW der Turmgarage auf dem virtuellen Marktplatz von Finexity eingestellt.
Ganz vereinfacht gesagt geht es darum, digitale Anteile an einem real existierenden Auto zu kaufen. Finexity bietet sogenannte alternative Investments an. Das können Kunstwerke sein, Diamanten oder wertvoller Wein – und eben auch Auto-Klassiker. Über seine OnlinePlattform bietet das Unternehmen einen Zugang zu diesen alternativen Investitions-Möglichkeiten an, die man für die Kunden strukturiert und digitalisiert. Der Anleger kann sich sein eigenes Portfolio aus Anteilen zusammenstellen. Das geschieht über die sogenannte Blockchain-Technologie, deren prominentestes Anwendungsbeispiel der Bitcoin ist.
Die Kunden stellen Kapital zur Verfügung und erhalten im Gegenzug einen digitalen Anteil („Investment-Token“) an dem bestimmten Sachwert. Die Mindestinvestitionssumme liegt bei 500 Euro. Die Investment-Token werden nach dem Kauf des Vermögenswerts geschaffen und per Smart-Contract, eine Art digitaler Vertrag, an die Investoren ausgegeben. Jeder Investor erhält einen dem Anteil entsprechenden Erlös aus den Einnahmen und einem späteren Veräußerungserlös – abzüglich Kosten und Gebühren. Die Anteilseigner spekulieren darauf, dass der Wert, in diesem Fall des Autos, steigt und ihre Anteile demnach mit der Zeit mehr Wert werden. Sie können ihre Anteile jederzeit an andere Investoren auf der Plattform verkaufen.
Turmgaragen-Inhaber Andreas Schulz ist überzeugt, dass diese neue Anlageform vor allen den niedrigen Zinsen auf Sparguthaben geschuldet ist. „Wenn es noch fünf Prozent Zinsen gäbe, hätte sich diese Marktidee nicht entwickelt“, sagt er. Tim Janssen betont, dass Investoren nur das Geld in digitale Anteile an Classic Cars anlegen sollten, dass sie im Notfall auch erübrigen könnten. „Ein Totalverlust ist möglich, zum Beispiel Feuer, aber das ist durch entsprechende Versicherungen abgesichert“, sagt er. Andererseits sei auch eine gute jährliche Rendite möglich. „Die Nachfrage nach attraktiven Classic Cars ist weltweit hoch. Dies sowie der langfristige Anlagehorizont und die Illiquidität des Oldtimermarkts wirken sich sehr positiv auf die Wertentwicklung aus“, sagt er.
Finexity ermittelt dabei den Marktpreis für ein bestimmtes Modell, das idealerweise besonders selten oder originell ist. Dies geschieht beispielsweise über die Auswertung von Auktionsergebnissen oder Handelsnotierungen privater und gewerblicher Anbieter. Die Substanzprüfung des Fahrzeugs übernimmt ein spezialisierter und zertifizierter Wertgutachter aus einem Partner-Netzwerk. Die Fahrzeug-Historie werde dabei genau dokumentiert.
Ein Beispiel: Ein weißer BMW E30 M3, Laufleistung 59.548 Kilometer, Erstzulassung April 1987. Für dieses Fahrzeug haben sich genügend Investoren gefunden, die insgesamt Anteile im Wert von 93.500 Euro erworben haben. Die prognostizierte Laufzeit des Investments geht von Februar 2022 bis zum Februar 2032, wobei die Anteile nicht bis dato gehalten werden müssen. Wenn der Gewinn groß genug ist, kann der Sachwert vorher gesamt veräußert werden oder die Anteilseigner können ihre Anteile an andere Marktplatz-Nutzer veräußern.
Fahrzeugbau-Meister Andreas Schulz, Inhaber des Sachverständigeninstituts Schulz und zertifizierter Sachverständiger für KfzSchäden und -Bewertungen, hat ein Wertgutachten für den Wiederbeschaffungswert des Wagens erstellt, der sich auf 117.400 Euro beläuft. Finexity weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass es sich dabei um keine Verkaufsgarantie handelt und der in Zukunft noch zu erzielende Verkaufspreis signifikant von der Prognose abweichen kann.
Auf einen entscheidenden Vorteil müssen Anteilseigner im Vergleich zum alleinigen Eigentümer eines Oldtimers allerdings verzichten: Selbst fahren ist nicht.