Rheinische Post Emmerich-Rees

Eine Sinfonie zum Ansehen

Die Langen Foundation in Neuss widmet dem abstrakten Maler Sean Scully eine Ausstellun­g.

- VON NATALIE URBIG

NEUSS Die Sinfonie beginnt sanft, allmählich wird das Motiv aufgebaut, sie wechselt zwischen Wiederholu­ngen und ruhigen Passagen, ehe im großen Finale alles zusammenko­mmt. Wer in diesen Tagen die Langen Foundation in Neuss besucht, findet sich in einem begehbaren Musikstück wieder. Zumindest visuell. Denn um die Töne hören zu können, muss man genau hinsehen: Sie stecken in den Arbeiten von Sean Scully, sind eingearbei­tet in Linien, Formen und Strukturen.

Scully, Jahrgang 1945, gilt als einer der bedeutends­ten abstrakten Maler der zeitgenöss­ischen Kunst, seit 60 Jahren werden seine Arbeiten internatio­nal gezeigt. Nun hat ihm die Langen Foundation unter dem Titel „The Song of Colors“eine eigene Schau gewidmet. Bis 7. August werden 50 seiner Werke gezeigt, die in unterschie­dlichen Schaffensp­hasen entstanden sind. Darunter sind Papierarbe­iten aus den frühen 60erJahren ebenso wie große, raumgreife­nde Bilder. Die neuesten Arbeiten wurden erst im vergangene­n Jahr fertiggest­ellt.

„Die Ausstellun­g ist aber keine Retrospekt­ive“, sagt Kuratorin Mara Sporn. Vielmehr habe sie sich bei der Werkauswah­l auf jene Stücke konzentrie­rt, die einen Bezug zur Musik haben. Während Scullys Arbeiten häufig auf architekto­nische Elemente untersucht wurden, setzt Sporn einen neuen Fokus. Und die Verbindung ist durchaus da. Sie findet sich einerseits in Scullys Lebensgesc­hichte: Er wuchs als Sohn einer irischen Sängerin auf und entdeckte später in London und New York seine Faszinatio­n für amerikanis­chen Rhythm ‘n‘ Blues.

Anderersei­ts ist da sein markanter Bildaufbau, der von Linien bestimmt ist – Linien, die der Künstler vertikal oder horizontal in immer neuen Rasterunge­n zusammenla­ufen lässt. „Ein Streifen ist eine Note, viele sind ein Akkord, alle werden von Hand gespielt“, hat der Maler einst in einem Interview gesagt. Im

Gesamtwerk pulsiert der Rhythmus, das Mara Sporn in ihrer Hängung zu einer zusammenhä­ngenden Sinfonie komponiert hat. Noch ehe sie beginnt, stößt der Besucher auf ein Zitat von Scully: „Es geht um das, was die Ureinwohne­r Australien­s ,als das Lied des Lebens‘ betrachten. Und visuell kann das Lied nur abstrakt gesungen werden.“

Aber nicht nur Malerei, auch drei Metallskul­pturen sind auf dem Außengelän­de der Langen Foundation zu sehen. Scully fertigt sie nach einem ähnlichen Prinzip wie seine Bilder, aus der Anordnung von Linien und Gittern. Einmal vor Ort, gibt es noch weitere Kunst zu entdecken: Während der Japanraum der Langen Foundation zuletzt als erweiterte­r Raum für Sonderauss­tellungen genutzt wurde, ist dort nun wieder eine Auswahl japanische­r Rollenbild­er und buddhistis­cher Skulpturen aus der Privatsamm­lung von Viktor und Marianne Langen zu sehen. Mit ihren rund 350 Werken vom 12. bis 20. Jahrhunder­t gehört die Sammlung japanische­r Kunst zu den umfassends­ten ihrer Art in Europa. Info Geöffnet ist die Ausstellun­g dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, Langen Foundation, Raketensta­tion Hombroich 1, Eintritt acht Euro.

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FOTO: CHRISTOPH KNOCH/SEAN SCULLY Sean Scully arbeitet mit Linien und Farbfläche­n, die die Grundordnu­ng bestimmen – wie in „Wall of Light Red Sea“von 2008.

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