Wie ansteckend bin ich wirklich?
Ein positiver PCR-Test bedeutet nicht immer, dass der Erkrankte seine Viren auch an andere weitergibt. Warum ist das so?
BERLIN Dieses Phänomen beobachten im Moment viele Menschen in ihrem Bekannten- und Kollegenkreis: In ihrer Umgebung erkranken mittlerweile sogar die umsichtigsten Zeitgenossen an Covid-19. Familienmitglieder rechnen dann natürlich ebenfalls über kurz oder lang mit dem zweiten Strich auf dem Corona-Schnelltest (also mit einem positiven Testergebnis). Häufig tritt das Erwartete auch ein.
Aber es kommt immer wieder vor, dass Mitbewohner völlig gesund und von Covid-19 verschont bleiben. Warum ist das so? Immer wieder – vor allem wenn es um das Freitesten aus der Quarantäne geht – fällt dabei der Begriff des sogenannten CT-Werts.
Was hat es mit dem CT-Wert auf sich
Der CT-Wert wird im PCR-Test, der Polymerase-Kettenreaktion (Polymerase Chainreaction) ermittelt. Sie ist nach wie vor der Goldstandard zum sicheren Nachweis einer Infektion mit Sars-Cov-2. Dabei wird Probenmaterial aus der Nase oder dem Rachen gezielt auf Genstrukturen des Coronavirus untersucht. Dies geschieht durch die Vervielfältigung des gewonnenen Erbmaterials. Erst wenn eine gewisse Schwelle erreicht ist, lässt sich die virale Erbsubstanz sichtbar machen. Diese Schwelle bezeichnen Experten als CT-Wert („Cycle treshhold“). Je mehr Vermehrungszyklen es braucht, bis die Erbsubstanz sichtbar wird, umso niedriger ist die Viruslast des Erkrankten
und desto höher der CTWert. Umgekehrt gilt: Je weniger Zyklen nötig sind, um das virale Erbgut sichtbar zu machen, umso niedriger ist der CT-Wert und desto höher die Viruslast.
Kann man also klar zwischen ansteckend und nicht-ansteckend unterscheiden Ganz so einfach ist es leider nicht. Denn es gibt keinen einheitlich-definierten Grenzwert, der den Übergang von infektiös und nicht infektiös markiert, aber: Das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin nennt einen Richtwert von 30. Beim RKI geht man davon aus, dass ein Infizierter mit einem CT-Wert von größer als 30 nicht oder nicht mehr ansteckend ist. Dies geht unter anderem aus den Kriterien für die Entlassung aus der Isolierung hervor, die die Behörde Ärzten und Ärztinnen als Orientierungshilfe gibt. Wichtig ist dabei: Dieser Wert von 30 ist nur ein Richtwert zur Orientierung, keine festgelegte Grenze. Ein Ergebnis über 30 bedeutet nicht zwingend, dass der Erkrankte gar nicht ansteckend ist. CT-Werte unter 30 sprechen allerdings recht eindeutig für eine hohe Viruslast und entsprechende Ansteckungsgefahr.
Welche Kriterien schränken die Aussagekraft des CT-Wertes ein Zunächst kommt es auf die Art und Weise des entnommenen Abstrichs an. Wer schon einmal bei einer Testung war, weiß, wie unterschiedlich die Probennahme sein kann. Außerdem nutzen Labore unterschiedli-* che PCR-Verfahren, es gibt keinen einheitlichen Standard. Empfindlichkeit und Nachweisgrenze der Methoden variieren. So können bei ein und demselben Abstrich abweichende Ergebnisse herauskommen. Um dennoch ein gewisses Maß an Einheitlichkeit zu gewährleisten, hat das RKI zum Abgleich zwei Proben mit standardisierten Virusmengen an verschiedene Labore geschickt und deren Ergebnisse ausgewertet. In dem CT-Richtwert von 30 ist diese Unschärfe durch verschiedene PCRVerfahren berücksichtigt.
Natürlich spielt auch der Zeitpunkt der Probenentnahme eine entscheidende Rolle für den CTWert. So kann die Viruslast kurz nach einer Ansteckung noch gering sein und der CT-Wert entsprechend hoch. Das kann sich aber im Verlaufe von Tagen oder manchmal sogar nur von Stunden ändern. Ideal wäre also gerade bei symptomfreien Erkrankten ein zweiter PCR-Test nach zwei bis drei Tagen. Das aktuell vorgeschriebene Freitesten frühestens nach sieben Tagen macht also in jedem Falle Sinn und gibt ein Stück Sicherheit.