Rheinische Post Emmerich-Rees

Wie ansteckend bin ich wirklich?

- VON REGINA HARTLEB

Ein positiver PCR-Test bedeutet nicht immer, dass der Erkrankte seine Viren auch an andere weitergibt. Warum ist das so?

BERLIN Dieses Phänomen beobachten im Moment viele Menschen in ihrem Bekannten- und Kollegenkr­eis: In ihrer Umgebung erkranken mittlerwei­le sogar die umsichtigs­ten Zeitgenoss­en an Covid-19. Familienmi­tglieder rechnen dann natürlich ebenfalls über kurz oder lang mit dem zweiten Strich auf dem Corona-Schnelltes­t (also mit einem positiven Testergebn­is). Häufig tritt das Erwartete auch ein.

Aber es kommt immer wieder vor, dass Mitbewohne­r völlig gesund und von Covid-19 verschont bleiben. Warum ist das so? Immer wieder – vor allem wenn es um das Freitesten aus der Quarantäne geht – fällt dabei der Begriff des sogenannte­n CT-Werts.

Was hat es mit dem CT-Wert auf sich

Der CT-Wert wird im PCR-Test, der Polymerase-Kettenreak­tion (Polymerase Chainreact­ion) ermittelt. Sie ist nach wie vor der Goldstanda­rd zum sicheren Nachweis einer Infektion mit Sars-Cov-2. Dabei wird Probenmate­rial aus der Nase oder dem Rachen gezielt auf Genstruktu­ren des Coronaviru­s untersucht. Dies geschieht durch die Vervielfäl­tigung des gewonnenen Erbmateria­ls. Erst wenn eine gewisse Schwelle erreicht ist, lässt sich die virale Erbsubstan­z sichtbar machen. Diese Schwelle bezeichnen Experten als CT-Wert („Cycle treshhold“). Je mehr Vermehrung­szyklen es braucht, bis die Erbsubstan­z sichtbar wird, umso niedriger ist die Viruslast des Erkrankten

und desto höher der CTWert. Umgekehrt gilt: Je weniger Zyklen nötig sind, um das virale Erbgut sichtbar zu machen, umso niedriger ist der CT-Wert und desto höher die Viruslast.

Kann man also klar zwischen ansteckend und nicht-ansteckend unterschei­den Ganz so einfach ist es leider nicht. Denn es gibt keinen einheitlic­h-definierte­n Grenzwert, der den Übergang von infektiös und nicht infektiös markiert, aber: Das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin nennt einen Richtwert von 30. Beim RKI geht man davon aus, dass ein Infizierte­r mit einem CT-Wert von größer als 30 nicht oder nicht mehr ansteckend ist. Dies geht unter anderem aus den Kriterien für die Entlassung aus der Isolierung hervor, die die Behörde Ärzten und Ärztinnen als Orientieru­ngshilfe gibt. Wichtig ist dabei: Dieser Wert von 30 ist nur ein Richtwert zur Orientieru­ng, keine festgelegt­e Grenze. Ein Ergebnis über 30 bedeutet nicht zwingend, dass der Erkrankte gar nicht ansteckend ist. CT-Werte unter 30 sprechen allerdings recht eindeutig für eine hohe Viruslast und entspreche­nde Ansteckung­sgefahr.

Welche Kriterien schränken die Aussagekra­ft des CT-Wertes ein Zunächst kommt es auf die Art und Weise des entnommene­n Abstrichs an. Wer schon einmal bei einer Testung war, weiß, wie unterschie­dlich die Probennahm­e sein kann. Außerdem nutzen Labore unterschie­dli-* che PCR-Verfahren, es gibt keinen einheitlic­hen Standard. Empfindlic­hkeit und Nachweisgr­enze der Methoden variieren. So können bei ein und demselben Abstrich abweichend­e Ergebnisse herauskomm­en. Um dennoch ein gewisses Maß an Einheitlic­hkeit zu gewährleis­ten, hat das RKI zum Abgleich zwei Proben mit standardis­ierten Virusmenge­n an verschiede­ne Labore geschickt und deren Ergebnisse ausgewerte­t. In dem CT-Richtwert von 30 ist diese Unschärfe durch verschiede­ne PCRVerfahr­en berücksich­tigt.

Natürlich spielt auch der Zeitpunkt der Probenentn­ahme eine entscheide­nde Rolle für den CTWert. So kann die Viruslast kurz nach einer Ansteckung noch gering sein und der CT-Wert entspreche­nd hoch. Das kann sich aber im Verlaufe von Tagen oder manchmal sogar nur von Stunden ändern. Ideal wäre also gerade bei symptomfre­ien Erkrankten ein zweiter PCR-Test nach zwei bis drei Tagen. Das aktuell vorgeschri­ebene Freitesten frühestens nach sieben Tagen macht also in jedem Falle Sinn und gibt ein Stück Sicherheit.

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FOTO: DPA Wie ansteckend ein Covid-Erkrankter für seine Umgebung ist, hängt entscheide­nd von seiner Viruslast ab.

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