Rheinische Post Emmerich-Rees

Viel Kritik an Plan für Waffenlief­erungen

In der Ampelkoali­tion schwelt der Konflikt über die militärisc­he Hilfe für die Ukraine. Vizekanzle­r Habeck verteidigt das Vorgehen.

- VON HOLGER MÖHLE, JANA WOLF UND SINA ZEHRFELD

BERLIN/DÜSSELDORF Schwere Waffen aus Deutschlan­d an die Ukraine: Ja – oder weiter nein? Auch nach der Ankündigun­g weiterer Rüstungshi­lfen an die Ukraine durch Bundeskanz­ler Olaf Scholz hält die Kritik am Kurs der Bundesregi­erung an – auch aus den Reihen der Ampelkoali­tion selbst: „Wir müssen direkt schwere Waffen an die Ukraine liefern, damit die ukrainisch­en Soldaten noch Zeit haben, sich damit vertraut zu machen, bevor das alte russische Material zerstört ist“, forderte etwa der Vorsitzend­e des Europa-Ausschusse­s im Bundestag, der Grünen-Politiker Anton Hofreiter.

Die FDP-Verteidigu­ngspolitik­erin Marie-Agnes Strack-Zimmermann betonte, um Freiheit und Menschenre­chte müsse man kämpfen: „Die bekommt man nicht geschenkt.“

Der Co-Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion im Bundestag, Dietmar Bartsch, hielt allerdings dagegen und lobte Kanzler Olaf Scholz ausdrückli­ch: „Vernünftig, dass sich Scholz nicht von den Roths, Hofreiters und Strack-Zimmermann­s treiben lässt. Merken die eigentlich, dass sie Putins Geschäft der Spaltung des Westens betreiben?“

Bundeswirt­schaftsmin­ister und Vizekanzle­r Robert Habeck (Grüne) sagte unterdesse­n unserer Redaktion mit Blick auf den nun geplanten „Ringtausch“von Militärgüt­ern: „Das, was in anderen Ländern an einsetzbar­em Gerät und Waffen jetzt unmittelba­r lieferbar ist, wird in die Ukraine geliefert und Deutschlan­d schiebt dann in diese Länder zeitnah Ersatz nach.“So könne im internatio­nalen Verbund schnell und pragmatisc­h Kriegsgerä­t geliefert werden.

In Deutschlan­d gibt es laut Habeck Panzer, die instandges­etzt werden müssten, andere Waffen müssten erst noch produziert werden: „Entspreche­nd sind wir über kluge, schnell wirksame Lösungen im Austausch mit der Industrie und unseren internatio­nalen Partnern“, sagte er. Er begrüßte die von Scholz eröffnete Perspektiv­e. „Die Bundesregi­erung handelt und wird dafür sorgen, dass Qualität und Quantität von direkten und indirekten Waffenlief­erungen rasch weiter zunehmen.“

Dem nordrhein-westfälisc­hen Ministerpr­äsidenten Hendrik Wüst (CDU) geht das nicht weit genug. Er warf der SPD in der Ampelkoali­tion

erneut einen „Zauder-Kurs“vor: „Die Führung der SPD muss jetzt für eine Kurskorrek­tur sorgen“, sagte er unserer Redaktion.

Der CDU-Fraktionsc­hef im Düsseldorf­er Landtag, Bodo Löttgen, kritisiert­e Scholz im gleichen Tenor: „Mit seinem Zaudern und Zögern hat er Deutschlan­d in eine internatio­nale Isolation geführt. Dieser Schaden kommt uns bereits jetzt teuer zu stehen. Mit den warmen Worten und verspätete­n Versprechu­ngen des deutschen Bundeskanz­lers wird die Ukraine ihren Kampf für Freiheit und Demokratie nicht gewinnen.“

SPD-Fraktionsc­hef Thomas Kutschaty hingegen lobte das Handeln der Bundesregi­erung als überlegt. Deutschlan­d stärke die Ukraine „auf allen derzeit möglichen Wegen“, so Kutschaty – mit Waffen, Geld, internatio­naler Kooperatio­n und Sanktionen. „Dabei orientiert sich die Bundesregi­erung mit allen Partnern stets daran, nicht selbst zur Kriegspart­ei zu werden.“Wer behaupte, man käme der Verantwort­ung nicht nach, „ignoriert den enormen Beitrag Deutschlan­ds“.

Auf internatio­nales Zusammenwi­rken spielte auch Mona Neubaur, die NRW-Landesvors­itzende der Grünen an: „Belgien, die Niederland­e, Kanada und die USA haben bereits angekündig­t, schwere Waffen zu liefern, und ich gehe davon aus, dass auch Deutschlan­d zügig seinen Beitrag dazu leisten wird. Es braucht ein geschlosse­nes Vorgehen und keinen deutschen Sonderweg“, sagte sie.

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