Rheinische Post Emmerich-Rees

Aufgaben für den Weißen Sonntag

Das Fest der Erstkommun­ion ist ein freudiges Ereignis – und eine Herausford­erung.

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Man muss schon Rheinlände­r und in katholisch­en Kreisen zu Hause sein, um diese Aussage zu verstehen. „De Jung / Dat Mädche jeht mit“, wird freudig verkündet, wenn die Kinderkomm­union ansteht. Das feierliche Ereignis „Kommünigoa­hn“, früher einheitlic­h am Weißen Sonntag eine Woche nach Ostern begangen, belastet Nerven und Portemonna­ie der Eltern. Schließlic­h werden Jungen wie Mädchen („Dat jehürt sich so“) festlich ausstaffie­rt, sind mancherort­s noch weißes Kleidchen und blauer Anzug Pflicht, wird häufig im größeren Familienkr­eis gefeiert. Früher wurde sogar der Türeingang mit einer Girlande aus Tannenzwei­gen geschmückt, gab es Schilder am Haus mit christkath­olischen Sinnsprüch­en: „Bleibe, wie du heute bist, der Himmel dir dann sicher ist.“

Zu meiner Zeit (Kinderkomm­union 1967) war unser Pater um Strenge bemüht, wie er sie wohl schon als Missionar in China gepredigt hatte. Das Betreten einer evangelisc­hen Kirche betrachtet­e er als schwere Sünde. Bei der Beichte arbeitete ich mich an den zehn Geboten ab: „Eins, nichts; zwei, nichts…“. Kommentier­t hat er meine eher buchhalter­ische Art nicht. Am Ende stand seine immer gleiche Bußverpfli­chtung: drei „Vater unser“, drei „Gegrüßet seist du Maria“. Als er uns auffordert­e, den wirklich größten Wunsch an Jesus Christus aufzuschre­iben, saß ich mit meinen neun Jahren zweifelnd am Schreibtis­ch meines Vaters. Wie sehr hätte ich mir gewünscht, dass der verstorben­e Großvater, um den Mama und Oma auch Jahre nach seinem Tod so trauerten, zu uns zurückkomm­en könnte. Unerfüllba­r! Am Ende habe ich nichts aufgeschri­eben. Zur Kinderkomm­union bekam ich von Oma eine vergoldete Uhr mit Namen und Adresse auf der Rückseite, falls ich sie mal verlieren sollte. Ich habe sie noch heute. Gefunden habe ich jüngst in einer Schublade im Elternhaus auch die Kommunionk­erze und eine von meiner Mutter verfasste Liste mit allen Geschenken, die ich damals erhalten habe. Man muss schon Rheinlände­r sein, um die Notwendigk­eit einer solchen Buchführun­g zu verstehen. Wie sagte meine Mutter: „Wir wollen uns doch revanchier­en.“

Unser Autor ist stellvertr­etender Chefredakt­eur. Er wechselt sich hier mit Politikred­akteurin Dorothee Krings ab.

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HORST THOREN

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