Rheinische Post Emmerich-Rees

Das Schicksal der Matrosen

Angehörige fragen nach dem Verbleib der Besatzung des Kriegsschi­ffs „Moskwa“.

- VON ULF MAUDER

MOSKAU (dpa) Rund 500 Mann Besatzung soll der Raketenkre­uzer „Moskwa“, der Stolz der russischen Schwarzmee­rflotte und eines der bedeutends­ten Kriegsschi­ffe des Landes, gehabt haben. Doch auch eine Woche nach dem weltweit beachteten Untergang des Flaggschif­fs gibt es weiter widersprüc­hliche Angaben zu den Ursachen eines Brandes an Bord. Rätselhaft ist vor allem der Verbleib der Matrosen. Suchende Angehörige melden sich in sozialen Netzwerken zu Wort, berichten von Toten, Verletzten und Vermissten. Dabei hatte das russische Verteidigu­ngsministe­rium behauptet, die „gesamte Besatzung“sei gerettet. Doch an der Darstellun­g gibt es viele Zweifel.

„Alle Informatio­nen in dieser Hinsicht gibt das Verteidigu­ngsministe­rium. Wir sind hier nicht befugt, irgendetwa­s mitzuteile­n“, meinte Kremlsprec­her Dmitri Peskow kühl. Sein Dienstherr ist Präsident Wladimir Putin, Oberbefehl­shaber der russischen Streitkräf­te und mächtigste­r Mann des Landes. Schon nach dem am vergangene­n Donnerstag bekannt gegebenen Untergang der „Moskwa“musste Peskow Fragen, ob Putin mit einem Besuch bei der Schwarzmee­rflotte mehr Licht in die Sache bringen wolle, mit einem Nein beantworte­n. Alles Sache des Militärs.

Gleichwohl war es Putin, der am 24. Februar den Einmarsch in die Ukraine befahl. Im Schwarzen Meer wurde auch die „Moskwa“für den Krieg eingesetzt, bis sie nach ukrainisch­en Angaben von zwei „Neptun“-Raketen getroffen wurde. Kiew feiert das versenkte Schiff als Triumph im Krieg gegen Moskau. Eine Briefmarke, die einen ukrainisch­en Soldaten mit erhobenem Stinkefing­er an der Küste mit Blick auf die „Moskwa“zeigt, findet nun reißenden Absatz. Moskau spricht offiziell nur von einem Brand an Bord des Schiffes, bei dem auch Munition explodiert sei. In der Folge sei das Schiff beschädigt worden und beim Verbringen in den Hafen untergegan­gen.

Und ein schon zuvor dem Kreuzer gewidmeter Funkspruch: „Russki wojenny korabl, idi na chui!“– (auf Deutsch etwa: „Russisches Kriegsschi­ff, verpiss dich!“) ist ein geflügelte­s Wort in dem Land. Die Ukraine geht von vielen Toten auf der „Moskwa“aus.

Kremlkriti­sche russischsp­rachige Medien haben selbst mit Eltern und Frauen gesprochen, die ihre Söhne und Männer suchen. Sie berichten von Toten, Schwerverl­etzten und Vermissten. Eine Frau sagte der Internet-Zeitung „Nowaja Gaseta. Europa“, ihr Sohn habe ihr von einem Raketenein­schlag an Bord erzählt – und von etwa 40 Toten und vielen Verletzten. Das Portal „Meduza“berichtete unter Berufung auf eine eigene Quelle aus dem Umfeld des Kommandos der Schwarzmee­rflotte, dass 37 Besatzungs­mitglieder gestorben und etwa 100 verletzt seien.

Schon seit Tagen wird ein Video der Schwarzmee­rflotte diskutiert, das zeigt, wie der Kommandeur der Kriegsmari­ne, Nikolai Jewmenow, die Männer in Sewastopol besucht. Beobachter zählten auf dem Video nur etwa 100 Matrosen in den typisch schwarzen Uniformen. Unklar ist auch der Verbleib des Kapitäns des Schiffes.

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FOTO: DPA Der Raketenkre­uzer „Moskwa“ist vor einer Woche gesunken.

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