Rennt ein Reh am Friedhof entlang
Autofahrer haben in Kleve ein Reh gefilmt, das auf der Merowingerstraße unterwegs war. Woher es genau kam, ist nicht klar. Nun lebt es aber offenbar auf dem Friedhof.
KLEVE Damit hatte der Autofahrer am Ostermontag nicht gerechnet: Gegen 21 Uhr fuhr er über die Merowingerstraße in Kleve, als plötzlich ein Reh parallel zu seinem Auto rannte – in einem eigentlich innerstädtischen Bereich. Der Beifahrer konnte das Tier, das neben der Friedhofsmauer in Richtung Lindenalle unterwegs war, mit der Kamera seines Handys filmen. An einem Eingang bog es dann ab – und rannte auf den Friedhof. Dort scheint es erst einmal zu bleiben – Mittwoch war das Reh noch immer auf dem Gelände unterwegs.
„Das kommt gelegentlich vor“, sagt Karsten Koppetsch, Leiter der Umweltbestriebe der Stadt Kleve (USK). Die USK sind für den Friedhof zuständig. „Die Tiere futtern auf der Wiese oder an den Knospen“, sagt der USK-Chef. Um einen Dauergast handele es sich bei dem Tier auf dem Friedhof aber nicht. „Es wird halt punktuell irgendwo gesehen. Wir wissen aber weder woher es kommt, noch wo es sich ständig aufhält“, sagt Koppetsch.
Die Polizei wusste von dem Vorfall nichts. „Bei uns hat sich niemand gemeldet, dass ein Reh auf der Straße unterwegs ist“, sagt Pressesprecherin Christina Pitz. In der Regel rufen Autofahrer an, die Sorge haben, dass Tier würde auf die Fahrbahn rennen, so die Sprecherin. Dass es Wildtiere in urbane Gebiete verschlägt, ist keine Ausnahme. Erst Anfang März hatte ein Wolf, der durch den niederländischen Grenzort Heumen spazierte, für Schlagzeilen gesorgt. Er war von der Kamera eines Cafés gefilmt worden.
Für Revierförster Joachim Böhmer ist der Vorfall ebenfalls nichts Ungewöhnliches. „Es werden immer mal wieder Rehe in Innenstädten gesehen. In Kleve habe ich davon noch nichts gehört. Hier ist es hauptsächlich so, dass welche bei Bürgern im Garten stehen“, sagt Böhmer, der ebenfalls auf die Gefahr für den Straßenverkehr hinweist. „Es ist Stress für das Tier, da es sich außerhalb seines gewohnten Umfelds bewegt. Vermutlich ist es aufgescheucht worden und aus Panik in die völlig falsche Richtung gelaufen“, erklärt Böhmer. Die Frage, von wo das Tier zur Merowingerstraße kommt, sei nicht zu beantworten, so der Revierförster. Hier gebe es etliche Möglichkeiten. Es kann vom Truppenübungsplatz kommen, aus dem Tiergartenwald, von der Donsbrüggener Heide, Nütterden Nord oder eben aus dem nahegelegenen Materborner Wald am Treppkesweg.
Rehe in Gärten seien nichts Außergewöhnliches. „Ich rate immer dazu, das Tier nicht zu erschrecken. In der Regel geht es den Weg auch wieder hinaus, den es gekommen ist.“Nicht selten wird auch der zuständige Jagdpächter herbeigerufen, der für das Gebiet zuständig ist. Wenn es sich um einen befriedeten Bezirk handelt, darf dieser nicht einfach seine Waffe einsetzen. Hierfür gibt es mehrere Vorgaben.
Für Dietrich Cerff von der Nabu Naturschutzstation Niederrhein ist der Fall zwar ungewöhnlich, aber eine Tendenz könne man dadurch nicht ableiten. „Es kommt immer mal wieder vor, dass sich Tiere in Städte verirren. Ich selbst habe einst einen Fuchs gesehen“, sagt Cerff. Wie auch Böhmer hat er mehr von Vorfällen gehört, in denen Rehe plötzlich in Gärten stehen. Für ihn ist es keine Überraschung: Kleve grenze eben an vielen Stellen an Waldflächen, so der Naturschützer. „Das Tier muss nur einmal am Waldrand stehen und von der falschen Seite Angst eingejagt bekommen. Dann rennt es los – und wohlmöglich in die falsche Richtung.“