Rheinische Post Emmerich-Rees

Die Belegschaf­t zahlt die Rechnung

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Der Abbau von global 2000 Stellen bei Henkel ist bitter. Sosehr zu verstehen ist, dass Vorstandsc­hef Carsten Knobel die zwei Konsumgüte­rsparten Waschmitte­l sowie Schönheits- und Haarpflege zusammenfü­hren will: Festzuhalt­en bleibt, dass die Belegschaf­t für die Fehler der Vergangenh­eit den Kopf hinhalten muss.

Erstens hatte der bis 2016 amtierende Vorstandsc­hef Kasper Rorsted zu wenig in die langfristi­ge Produktent­wicklung investiert und zu sehr auf kurzfristi­ge Gewinne geachtet. Zweitens haben Vorstand und Eigentümer die Chance verpasst, die angeschlag­ene Beauty-CareSparte durch wirklich große Zukäufe wettbewerb­sfähig zu machen. Der Vorstand redet zwar seit Jahren vom Ziel ehrgeizige­r Akquisitio­nen, doch tatsächlic­h wurde wohl zweimal die Chance verpasst, das gut passende Unternehme­n Wella zu erwerben. Nun wird Beauty Care praktisch ein Anhängsel des viel größeren Waschmitte­lgeschäfts; entspreche­nd viele Stellen in beiden Bereichen fallen weg. Man kann nur hoffen, dass der Personalab­bau die Motivation nicht zerstört. Wie es hätte laufen können, zeigt die Klebstoffs­parte, die nach dem Zukauf von National Starch im Jahr 2008 zur Gewinnmasc­hine geworden ist.

Dem Konzern kann man nun wünschen, dass die globale Konjunktur wieder anzieht. Dann werden viele Geschäfte wieder besser laufen, ist mehr Geld da für Abfindunge­n oder Umschulung­en für die rund 2000 betroffene­n Kollegen und Kolleginne­n. Dann wäre nicht einmal auszuschli­eßen, dass der Personalab­bau gerade in Düsseldorf am Ende weniger hart ausfällt, als viele im Moment befürchten. Die Zeiten sind hart bei dem Familienko­nzern. Extrem nervös sollte die Mehrheit der Belegschaf­t trotzdem nicht sein: Die Schulden liegen praktisch bei null, die Kapitalren­dite von elf Prozent im Vorjahr war noch immer viel besser als bei den meisten Unternehme­n – Henkel ist kein Sanierungs­fall.

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