Die Fed geht den einzig richtigen Weg
Gegen die hohe Inflation helfen nur höhere Zinsen. Das gilt in den USA aktuell noch mehr als in Europa. Trotzdem kommt auch die Europäische Zentralbank im Sommer an einer Anhebung nicht vorbei. Das weckt auch wieder ein wenig Hoffnung auf ein Ende der Neg
Nicht nur in der Außenund Sicherheitspolitik der westlichen Welt gibt es eine Zeitenwende, sondern auch in der Zinspolitik. Die US-Notenbank Fed hat am Mittwochabend mit der Anhebung der Leitzinsen um 0,5 Punkte auf 0,75 bis ein Prozent den ersten Schritt getan – und das ist der gegenwärtig einzig gangbare Weg. Die Inflation hat mittlerweile ein Ausmaß erreicht, das die schlimmsten Pessimisten so nicht erwartet hätten, und dagegen helfen nur höhere Zinsen. Sie bremsen die Kreditvergabe, es wird weniger Geld ausgegeben und konsumiert, das Wachstum verlangsamt sich, die Inflation schwächt sich ab.
Dass die Amerikaner schneller und entschlossener handeln als die Europäer, hat auch damit zu tun, dass der Druck in den Vereinigten Staaten noch stärker ist als bei uns.
Denn jenseits des Atlantiks läuft die Konjunktur besser als diesseits, Bewerber können sich die Jobs aussuchen und höhere Löhne fordern. Da ist die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale noch deutlich größer als in der Eurozone. Dass in den USA weitere Zinsschritte kommen werden, scheint beinahe zwangsläufig und ist so auch bereits kommuniziert worden. Der Einschätzung pflichten Ökonomen wie Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft beim ZEW in Mannheim, bei: „Das ist nur der Anfang. Wir werden in den kommenden Monaten eine rasche weitere Folge von Zinserhöhungen sehen.“
Gut möglich, dass die Leitzinsen am Ende des Jahres sogar über den bisher vorausgesagten drei Prozent liegen werden. Womöglich muss die Fed die Zinszügel sogar noch stärker anziehen, um die sich verstärkende Wechselwirkung höherer Löhne und
Preise abzuschwächen. Das gilt jedenfalls so lange, wie der Krieg in der Ukraine und seine Folgen die US-Wirtschaft nicht nennenswert schwächen. Was dagegen spricht, ist unter anderem, dass die Amerikaner nicht so stark wie beispielsweise (noch) wir Deutschen an Gaslieferungen aus Russland hängen.
Der Druck zur Zinserhöhung mag also angesichts der schwächeren Konjunktur in der Eurozone nicht so groß sein wie in den USA. Trotzdem wird auch die Europäische Zentralbank (EZB) einer raschen Zinserhöhung nicht ausweichen können, auch wenn diese deutlich schwächer ausfallen dürfte als in Amerika. Die jüngsten Aussagen von EZBDirektorin Isabel Schnabel, die eine Anhebung in Aussicht gestellt hat, deuten darauf hin, dass die Notenbanker endlich ihren Kardinalfehler korrigieren und nicht länger behaupten wollen, die Inflation sei ein vorübergehendes Phänomen, das sich schon 2022 wieder verabschieden werde. Zu der Einsicht hat sicher auch die Erkenntnis beigetragen, dass die Kerninflation, bei der Energie und Lebensmittel gar nicht eingerechnet werden, deutlich angezogen hat und zuletzt bei 3,5 Prozent lag. Also auch schon deutlich über dem Korridor um die zwei Prozent, mit dem man die Preisstabilität kennzeichnet.
Mit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine sind die Preise für Energie und Lebensmittel zu den großen Treibern der Inflation geworden, und daran wird sich vorerst auch nichts ändern. Gestörte Lieferketten und Missernten tun ihr Übriges, um die Inflation anzuheizen. Dass man für ein halbes Pfund Butter teilweise schon mehr als drei Euro bezahlen muss, ist ein weiteres sichtbares Beispiel dafür, wie sich die Lebenshaltungskosten verändert haben. Da ist keine Entspannung in Sicht.
Spätestens jetzt rückt die nie ausgesprochene politische Mission der EZB, die hochverschuldeten Länder im Süden Europas vor zu hohen Zinsen zu schützen und so ein Auseinanderbrechen der Währungsunion zu verhindern, in den Hintergrund. Aber vielleicht erhöht gerade das ja den Druck für innenpolitische Reformen in den Ländern, die sie über Jahre hinweg nicht zustande gebracht haben. Dann hätte eine Zinserhöhung auch da ihr Gutes.
Für die Sparer hätte sie es ohnehin. Auch wenn eine kleine Zinsanhebung, wie sie nun für den Sommer erwartet wird, zunächst nur eine Aufhübschung wäre. Die hohen Inflationsraten werden durch steigende Zinsen noch lange Zeit nicht kompensiert, vom Erhalt des Realvermögens sind wir also weiterhin meilenweit entfernt. Aber vielleicht müssen wir uns wenigstens irgendwann, in diesem oder im nächsten Jahr, auch nicht mehr über die Negativzinsen ärgern, die uns Banken und Sparkassen gegenwärtig abverlangen. Das wäre dann ja auch schon was.