Ein Schritt in die Unabhängigkeit
BERLIN Um unabhängig von Gas aus Russland zu werden, setzt die Bundesregierung unter anderem auf Flüssigerdgas. Über spezielle Terminals soll das Gas in Deutschland ankommen. Am Donnerstag wurde der Startschuss für das erste schwimmende LNG-Terminal gegeben, auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) war zugegen.
Flüssiges Erdgas Die Abkürzung LNG steht für „Liquified Natural Gas“, also verflüssigtes Erdgas. Durch Abkühlung auf minus 161 bis minus 164 Grad Celsius und unter atmosphärischem Druck wird Erdgas flüssig. Das Gemisch besteht zu etwa 98 Prozent aus Methan. LNG zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass es nur rund ein Sechshundertstel des Volumens von gasförmigem Erdgas hat. Damit hat LNG eine sehr hohe Energiedichte und Vorteile bei Transport und Lagerung.
Terminals Es handelt sich dabei um logistische Drehkreuze, über die LNG-Importe abgewickelt werden. An den Terminals landen mit flüssigem Erdgas beladene Tanker an, dort wird LNG zurück in den gasförmigen Zustand überführt (regasifiziert), das Gas in Netze eingespeist oder in flüssiger Form weitertransportiert. Anfang April gab es bereits 38 Terminals in Europa, viele davon an den Küsten des Mittelmeers und in Skandinavien, in Großbritannien sowie jeweils eines in den Niederlanden, Belgien und Polen. Viele weitere sind europaweit in Planung. Deutschland verfügt bislang über keinen eigenen Anlandepunkt.
Investition Die Bundesregierung ist dabei, eigene LNG-Terminals
in Deutschland zu bauen. Vier schwimmende Terminals mit Regasifizierungsanlagen, sogenannte FSRUs (Floating Storage and Regasifaction Units), hat die Regierung zusammen mit den Unternehmen RWE und Uniper bereits gesichert. Die Bundesregierung stellt dafür insgesamt 2,94 Milliarden Euro zur Verfügung.
Versorgung Gasversorgung“, sagte Habeck. Es soll noch in diesem Jahr an den Start gehen. Das zweite FSRU soll Anfang 2023 im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel in Betrieb gehen. Als weitere Standorte kommen Stade, Rostock, Hamburg-Moorburg und Eemshaven in den Niederlanden in Betracht, wie es im neuen „Fortschrittsbericht Energiesicherheit“des Wirtschaftsministeriums heißt.
Kritik „Durch Energiesparen, zusätzliche Investitionen in erneuerbare Energien und Nutzung der bestehenden Infrastrukturen können wir die russischen Gasimporte auch ohne neue LNG-Terminals ersetzen“, sagte Greenpeace-Deutschland-Chef Martin Kaiser. Fossiles Gas sei ein „Klimakiller“. „Neue LNG-Terminals zu bauen führt uns in die fossile Sackgasse und verbrennt Geld“, sagte der geschäftsführende Vorstand unserer Redaktion: „Anstatt beim Bau von LNG-Terminals den Turbo einzulegen, sollte Wirtschaftsminister Habeck lieber das gleiche Tempo beim Gasausstieg und der Wärmewende vorlegen.“Zuvor hatte die Deutsche Umwelthilfe einen Baustopp in Wilhelmshaven gefordert: Es drohe die unumkehrbare Zerstörung eines Unterwasser-Biotops, zudem würden Schweinswale gefährdet.