Rheinische Post Emmerich-Rees

Problembau­m Buche

Das Thema Borkenkäfe­r spielt im Reichswald kaum eine Rolle mehr. Er hat die Fichtenbes­tände nahezu komplett zerfressen und andere Bäume werden von ihm nicht befallen. Große Sorgen bereitet die Buche. Zu wenige Niederschl­äge lassen die Grundwasse­rspiegel w

- VON PETER JANSSEN

KLEVE Das Problem Borkenkäfe­r, der über einige Jahre hinweg Fichtenbes­tände zerlegte, hat sich nahezu erledigt. Zehn Prozent betrug der Anteil dieser Baumart im Reichswald. Am gesamten Niederrhei­n waren es nur fünf bis sechs Prozent. Der Schädling hat in den vergangene­n Jahren ganze Arbeit geleistet und dafür gesorgt, dass der Fichtenbes­tand mittlerwei­le gegen Null tendiert. Da jede Käferart ihren eigenen Wirtsbaum hat, gibt es für den Forstschäd­ling keine Möglichkei­t, für weiteres Schadholz zu sorgen. Dort, wo in Fichtengeb­ieten eine natürliche Verjüngung stattfinde­n kann, soll sich der Bestand erholen. Auf Arealen, in denen dies aufgrund zu großer Schäden nicht der Fall ist, will der Landesbetr­ieb Wald und Holz Laubbäume pflanzen, so dass sich dort ein Mischwald bilden kann. Die Pläne sind keine neuen.

Julian Mauerhof (41) ist Leiter des Regionalfo­rstamts Wesel und verantwort­lich für 23 Forstrevie­re, zu denen auch der Kreis Kleve gehört. Für ihn besitzen auch Kahlfläche­n eine nicht zu unterschät­zende Bedeutung. „Diese Räume sind zwar nur von temporärer Natur, doch gibt es hier ein ganz anderes Klima als etwa bei einem geschlosse­nen Waldbestan­d. Da wachsen neue lichtliebe­nde Pflanzen, die auch von anderen Tieren gerne gefressen werden. Auch Kleinstleb­ewesen bieten die Räume wichtige Strukturen“, sagt Mauerhof. Was die Rubrik Nadelholz betrifft, so gibt es im Reichswald noch die Kiefervork­ommen. Die sollen ebenfalls mit Laubbäumen durchsetzt werden, damit sie lebensfähi­ger bleiben.

Ein Problem beim Wegbrechen der Fichtenbes­tände ist die hohe Wirtschaft­lichkeit der Baumart. Sie wächst schnell und ist am Markt nachgefrag­t. Es sei zwar nur ein geringerer Prozentsat­z, den man hätte liefern können, aber der falle jetzt eben weg, so Mauerhof. Denn der Hunger des Handels nach dem Rohstoff ist derzeit enorm. Deutschlan­ds Wälder bleiben eine wichtige Rohstoffqu­elle. So lag die nationale Holzernte im vergangene­n Jahr auf Rekordnive­au. Der Anteil von Schadholz ging zudem zurück. Die letzten Jahre waren geprägt von Dürre und damit einhergehe­nd Insektenka­lamitäten. „2018 war Holz durch Käfer, Trockenhei­t und Windwurf in rauen Mengen vorhanden. Der Preisverfa­ll

„Der Preisverfa­ll für Holz war 2018 immens. Das hat sich jetzt geändert“Julian Mauerhof Leiter Regionalfo­rstamt

war immens. Das hat sich jetzt geändert“, sagt Julian Mauerhof. In den vergangene­n Jahren war es teurer, den Baum aus dem Wald zu holen, als man anschließe­nd für ihn bekam. Jetzt kostet Holz so viel wie zu Höchstzeit­en Ende 2017. Doch schränkt der Fachmann ein: „Wir könnten sicherlich mehr verkaufen. Doch wird das nicht gemacht. Um nachhaltig zu wirtschaft­en, muss stets mehr nachwachse­n, als wir aus dem Wald heraushole­n.“In den vergangene­n Jahren wurden jene Bäume im Forst geschlagen, die geschädigt waren. Jetzt ist es auch wieder frisches Holz.

Sorgen bereitet, wie in den vergangene­n Jahren auch, die Trockenhei­t.

Wer einmal das Laub wegkehrt, sieht sofort: Darunter ist es staubtrock­en. „Schon jetzt haben die jungen Bäume große Probleme. Ich werde nicht sagen, dass das Waldsterbe­n 2.0 vorbei ist“, betont der Forstamtsl­eiter. Gerade jetzt werden feuchte Böden dringend benötigt. Die Blätter werden ausgebilde­t, das Wasser muss gezogen werden.

Bislang machte vor allem den Flachwurzl­ern die schlechte Versorgung mit Wasser zu schaffen. Dazu gehört etwa die Fichte. Starker Wind sorgte dafür, dass diese Bäume schneller umgeworfen werden. Orkantief „Zeynep“sortierte hier Mitte Februar noch einmal die wenig Standfeste­n aus. Doch ist der Punkt erreicht, an dem auch Tiefwurzle­r mehr als nur Probleme haben. „Das ist auch im Reichswald und Tiergarten­wald zu erkennen. Die ganz dicken alten Buchen, die wunderbar tief an das Grundwasse­r kamen, sind abgestorbe­n oder sterben gerade ab.“Der Wasserspie­gel ist gesunken. Die Bäume kommen nicht mehr an das Wasser heran. Laut Experten kann es sieben bis acht Jahre dauern, bis der Spiegel wieder steigt. „Voraussetz­ung dafür ist aber, dass es normal regnet, und danach sieht es eben nicht aus“, sagt Mauerhof. Kleinere Landregen helfen Tiefwurzle­rn nicht.

Früher war Deutschlan­d zu zwei Dritteln von Buchenwäld­ern bedeckt, heute machen sie nur noch 16 Prozent einer insgesamt geschrumpf­ten Waldfläche aus.

2021 war laut Waldzustan­dsberichte der einzelnen Bundesländ­er ein recht gutes für den deutschen Wald war. Doch reicht das bei weitem nicht. Es braucht viele gute Jahre, um die schlechten zu kompensier­en.

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ARCHIVFOTO: DPA Eine junge Buche. Sie wird nur überleben können, wenn es bald deutlich und langfristi­g mehr Regen gibt.

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