Tankrabatt verpufft: Kartellamt gefordert
In NRW steigen die Spritpreise, die Konzerne geben die Entlastung hier in geringerem Maße weiter als in Norddeutschland. Die SPD fordert eine Extrasteuer auf Krisengewinne, die Union eine Senkung der Mehrwertsteuer.
DÜSSELDORF Aus der Entlastung der Autofahrer durch den Tankrabatt wird nichts. Über Pfingsten sind die Spritpreise auch in NRW gestiegen. „Offenbar wurde die Pfingstreisewelle noch einmal genutzt, um die Preise auf Kosten der Verbraucher auf einem hohen Niveau zu belassen“, sagte Thomas Müther, Sprecher des ADAC in Nordrhein-Westfalen: „Unsere Stichprobe in Köln, Düsseldorf und Essen über das Pfingstwochenende zeigt: Die Kraftstoffpreise befinden sich unverändert auf einem viel zu hohen Niveau. Nicht mal der Tankrabatt wird vollständig weitergegeben und das nun schon seit Tagen.“
Der Automobilclub hat über das Wochenende die Lage stichprobenartig analysiert: „Manche Tankstellen verkauften Super E10 in Köln, Düsseldorf und Essen zeitweise für mehr als zwei Euro pro Liter. Beim Diesel lagen die Preise in allen drei NRW-Städten an vielen Tankstellen von Samstag bis Montag am Morgen und Vormittag immer wieder deutlich über zwei Euro pro Liter“, so Müther.
Im Verhältnis zum letzten Tag vor Senkung der Energiesteuer müsste der Benzinpreis bei 1,80 Euro liegen, der Dieselpreis bei 1,87 Euro, so der ADAC: „Und da reden wir immer noch nicht von einem angemessenen Preis. Der liegt inklusive Rabatt und weiterem Senkungspotenzial aktuell bei etwa 1,60 Euro pro Liter Super und 1,67 Euro für einen Liter Diesel.“
Am Mittwoch wurde die Energiesteuer für drei Monate gesenkt, um Verbraucher zu entlasten. Beim Benzin der Sorte E 10 bedeutet das einen Steuernachlass von rund 35 Cent, beim Diesel von rund 17 Cent. Bis Donnerstag hatten die Tankstellen dies nur teilweise weitergegeben: In NRW lag der Rückgang beim Diesel im Schnitt nur bei 9,7 Cent, so eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW ). Beim Benzin lag der Rückgang bei 27 Cent. Insgesamt komme die Senkung in Norddeutschland stärker an als im Süden, so das IW. Danach zogen die Preise wieder an. „Die Tankstellenbetreiber sollten die Preise sofort deutlich reduzieren“, fordert der ADAC-Sprecher: „Inzwischen sollten nahezu alle Tankstellen den steuerreduzierten Sprit haben.“
Nun verlangt der Chef der CSULandesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, eine Senkung der Mehrwertsteuer. „Die weiterhin hohen Spritpreise zeigen: Der Tankrabatt ist nicht ausreichend, es wäre sinnvoll, die Mehrwertsteuer zu senken“, sagte Dobrindt auf Anfrage: „Der Staat verdient erheblich an den teuren Energiepreisen durch die Mehrwertsteuer mit. Aber der Ampel hat der Mut gefehlt, den Bürgern dieses Geld zurückzugeben.“SPD-Chef Lars Klingbeil will dagegen „Krisen- und Kriegsgewinner“stärker besteuern. Es könne nicht sein, dass sich die Mineralölkonzerne „in der Krise die Taschen noch voller machen“, sagte Klingbeil der Funke-Mediengruppe.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), fordert die Kartellbehörden zur genauen Prüfung der Treibstoffpreise auf: „Die Senkung der Energiesteuer ist grundsätzlich richtig. Jetzt kommt es darauf an, dass die Energiekonzerne die niedrigere Besteuerung auch an die Kunden weitergeben. Es bedarf hier eines besonders scharfen Blicks der Kartellbehörden.“Frei kritisierte zudem die Energiepauschale, die nur Erwerbstätige erhalten: „Wesentliche Gruppen wie Rentner und Studenten wurden komplett vergessen.“Die Bundesregierung reagiere mit der „Schrotflinte“auf die Inflation.
Das Bundeskartellamt warnt vor zu hohen Erwartungen. „Als Wettbewerbsbehörde können wir hohe, auch sehr hohe Preise nicht einfach verbieten“, sagte Kartellamtspräsident Anderas Mundt unserer Redaktion: „Kartellrechtswidriges Verhalten können wir abstellen und mit hohen Bußgeldern ahnden. Dafür gibt es aber bislang keine Hinweise.“Mundt betonte aber auch: „Im Kraftstoffmarkt funktioniert der Wettbewerb allerdings nur eingeschränkt. Deshalb beobachten wir die Branche auch so genau.“Rohölpreise, die Abgabepreise der Raffinerien und die Preise an der Tankstelle seien deutlich auseinandergelaufen, daher habe das Amt schon im April eine Sektoruntersuchung mit klarem Fokus auf die Raffinerie- und Großhandelsebene eingeleitet.