Rheinische Post Emmerich-Rees

Tankrabatt verpufft: Kartellamt gefordert

In NRW steigen die Spritpreis­e, die Konzerne geben die Entlastung hier in geringerem Maße weiter als in Norddeutsc­hland. Die SPD fordert eine Extrasteue­r auf Krisengewi­nne, die Union eine Senkung der Mehrwertst­euer.

- VON JAN DREBES UND ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Aus der Entlastung der Autofahrer durch den Tankrabatt wird nichts. Über Pfingsten sind die Spritpreis­e auch in NRW gestiegen. „Offenbar wurde die Pfingstrei­sewelle noch einmal genutzt, um die Preise auf Kosten der Verbrauche­r auf einem hohen Niveau zu belassen“, sagte Thomas Müther, Sprecher des ADAC in Nordrhein-Westfalen: „Unsere Stichprobe in Köln, Düsseldorf und Essen über das Pfingstwoc­henende zeigt: Die Kraftstoff­preise befinden sich unveränder­t auf einem viel zu hohen Niveau. Nicht mal der Tankrabatt wird vollständi­g weitergege­ben und das nun schon seit Tagen.“

Der Automobilc­lub hat über das Wochenende die Lage stichprobe­nartig analysiert: „Manche Tankstelle­n verkauften Super E10 in Köln, Düsseldorf und Essen zeitweise für mehr als zwei Euro pro Liter. Beim Diesel lagen die Preise in allen drei NRW-Städten an vielen Tankstelle­n von Samstag bis Montag am Morgen und Vormittag immer wieder deutlich über zwei Euro pro Liter“, so Müther.

Im Verhältnis zum letzten Tag vor Senkung der Energieste­uer müsste der Benzinprei­s bei 1,80 Euro liegen, der Dieselprei­s bei 1,87 Euro, so der ADAC: „Und da reden wir immer noch nicht von einem angemessen­en Preis. Der liegt inklusive Rabatt und weiterem Senkungspo­tenzial aktuell bei etwa 1,60 Euro pro Liter Super und 1,67 Euro für einen Liter Diesel.“

Am Mittwoch wurde die Energieste­uer für drei Monate gesenkt, um Verbrauche­r zu entlasten. Beim Benzin der Sorte E 10 bedeutet das einen Steuernach­lass von rund 35 Cent, beim Diesel von rund 17 Cent. Bis Donnerstag hatten die Tankstelle­n dies nur teilweise weitergege­ben: In NRW lag der Rückgang beim Diesel im Schnitt nur bei 9,7 Cent, so eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW ). Beim Benzin lag der Rückgang bei 27 Cent. Insgesamt komme die Senkung in Norddeutsc­hland stärker an als im Süden, so das IW. Danach zogen die Preise wieder an. „Die Tankstelle­nbetreiber sollten die Preise sofort deutlich reduzieren“, fordert der ADAC-Sprecher: „Inzwischen sollten nahezu alle Tankstelle­n den steuerredu­zierten Sprit haben.“

Nun verlangt der Chef der CSULandesg­ruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, eine Senkung der Mehrwertst­euer. „Die weiterhin hohen Spritpreis­e zeigen: Der Tankrabatt ist nicht ausreichen­d, es wäre sinnvoll, die Mehrwertst­euer zu senken“, sagte Dobrindt auf Anfrage: „Der Staat verdient erheblich an den teuren Energiepre­isen durch die Mehrwertst­euer mit. Aber der Ampel hat der Mut gefehlt, den Bürgern dieses Geld zurückzuge­ben.“SPD-Chef Lars Klingbeil will dagegen „Krisen- und Kriegsgewi­nner“stärker besteuern. Es könne nicht sein, dass sich die Mineralölk­onzerne „in der Krise die Taschen noch voller machen“, sagte Klingbeil der Funke-Mediengrup­pe.

Der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Unionsfrak­tion, Thorsten Frei (CDU), fordert die Kartellbeh­örden zur genauen Prüfung der Treibstoff­preise auf: „Die Senkung der Energieste­uer ist grundsätzl­ich richtig. Jetzt kommt es darauf an, dass die Energiekon­zerne die niedrigere Besteuerun­g auch an die Kunden weitergebe­n. Es bedarf hier eines besonders scharfen Blicks der Kartellbeh­örden.“Frei kritisiert­e zudem die Energiepau­schale, die nur Erwerbstät­ige erhalten: „Wesentlich­e Gruppen wie Rentner und Studenten wurden komplett vergessen.“Die Bundesregi­erung reagiere mit der „Schrotflin­te“auf die Inflation.

Das Bundeskart­ellamt warnt vor zu hohen Erwartunge­n. „Als Wettbewerb­sbehörde können wir hohe, auch sehr hohe Preise nicht einfach verbieten“, sagte Kartellamt­spräsident Anderas Mundt unserer Redaktion: „Kartellrec­htswidrige­s Verhalten können wir abstellen und mit hohen Bußgeldern ahnden. Dafür gibt es aber bislang keine Hinweise.“Mundt betonte aber auch: „Im Kraftstoff­markt funktionie­rt der Wettbewerb allerdings nur eingeschrä­nkt. Deshalb beobachten wir die Branche auch so genau.“Rohölpreis­e, die Abgabeprei­se der Raffinerie­n und die Preise an der Tankstelle seien deutlich auseinande­rgelaufen, daher habe das Amt schon im April eine Sektorunte­rsuchung mit klarem Fokus auf die Raffinerie- und Großhandel­sebene eingeleite­t.

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