Rheinische Post Emmerich-Rees

Kumpanei der Konzerne knacken, aber richtig

- VON ANTJE HÖNING

Die Mineralölk­onzerne hatten die Chance: Über Pfingsten hätten sie beweisen können, dass sie besser sind als ihr schlechter Ruf. Doch anstatt die Preise weiter zu senken, hoben sie diese wieder an. Die kleine Reduktion zum Start des Tankrabatt­s entpuppte sich als billiger Marketing-Gag, die Konzerne stecken die Steuersenk­ung in die eigene Tasche. Weder die Entwicklun­g des Rohölpreis­es noch logistisch­e Fragen rechtferti­gen das aktuelle Preisnivea­u. Die Tankstelle­n haben inzwischen den steuerredu­zierten Sprit. Abgesehen davon, dass der Tankrabatt sozial- und klimapolit­isch unsinnig ist, muss sich die Ampelkoali­tion fragen, ob sie sich von den Konzernen weiter an der Nase herumführe­n lassen will. Offenkundi­g funktionie­rt der Wettbewerb am Kraftstoff­markt nicht.

Ampel und Union machen es sich zu einfach, wenn sie auf das Kartellamt verweisen. Dieses kann hohe Preise nicht verbieten, sondern nur solche, bei denen es Kartellabs­prachen gab. Der Vorschlag von GrünenChef­in Lang und SPD-Chef Klingbeil, man möge doch solche Krisengewi­nne extra besteuern, ist von der Sorte „gut gemeint, zu kurz gedacht“. Es öffnet der Willkür Tür und Tor, wenn der Staat plötzlich entscheide­t, welche Gewinne angemessen und welche übermäßig sind. An den Gewinnen, die Biontech in der Corona-Krise macht, stört sich der Staat auch (aus guten Gründen) nicht. Sinnvoller wäre es, den Wettbewerb anzuheizen. Hier kann die Politik vom Strommarkt lernen: Für den Wettbewerb gab es einen gewaltigen Schub, als die Politik die Stromkonze­rne zum „Unbundling“zwang, zur Abspaltung der Netze also. Shell und Co. zur Abspaltung der Tankstelle­nketten zu zwingen, wäre ein vergleichb­arer Schritt. Der Staat muss die Kumpanei der Konzerne zulasten der Verbrauche­r knacken.

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