Rheinische Post Emmerich-Rees

Wahlrechts­reform gehört ins Parlament

- VON JAN DREBES

Der Deutsche Bundestag ist schon jetzt das größte demokratis­ch gewählte Parlament der Welt. Selbst die Demokratie in Indien gönnt sich mit einer Bevölkerun­g von knapp 1,4 Milliarden Menschen nur eine Normgröße von 530 Abgeordnet­en. Und Deutschlan­d? Hat derzeit knapp 740 Parlamenta­rier, 598 sollen es laut Gesetz maximal sein. Eine Reform ist überfällig, die die Abgeordnet­enzahl wieder auf ein Normalmaß zurückstut­zt. Es ist ein Armutszeug­nis der großen Koalition, dass sie sich in der vergangene­n Legislatur­periode nur auf ein Reförmchen einigen konnte. Der Eindruck ist mittlerwei­le zementiert, dass es die Abgeordnet­en der Regierungs­mehrheit nicht schaffen, Gesetze zu beschließe­n, die die Besonderhe­iten im deutschen Wahlrecht aushebeln, die zu einem immer größeren Parlament führen. Die Regelungen zu den Überhangma­ndaten, ausgelöst durch den Erststimme­nerfolg der CSU in Bayern, lassen das Wahlrecht an seine Grenzen stoßen.

Jedoch muss eine Reform aus der Mitte des Parlaments kommen. Die eigens ins Leben gerufene Wahlrechts­kommission darf nicht scheitern. Gelingt dort kein Kompromiss zwischen Ampel-Fraktionen und Union, ist der Klageweg über das Bundesverf­assungsger­icht programmie­rt. Das würde die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP sowie CDU und CSU gleicherma­ßen schlecht aussehen lassen. Der Ärger in der Bevölkerun­g über die Unfähigkei­t der Parlamenta­rier zu schmerzhaf­ten Schritten, die nur die Gesetzesla­ge wiederhers­tellen würden, ist bereits groß. Bei der nächsten Bundestags­wahl sollte unbedingt schon das reformiert­e Wahlrecht Anwendung finden. Sonst droht ein noch größerer Vertrauens­verlust.

Korrektur In unserer Samstagsau­sgabe haben wir das „Wunder von Bern“fälschlich Helmut Schön zugeordnet. Dabei saß 1954 natürlich Sepp Herberger auf der Trainerban­k. Für den Fehler bitten wir um Nachsicht.

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