Der Vizekanzler reist mit hehren Zielen
Robert Habeck besucht für vier Tage Israel, die palästinensischen Gebiete und Jordanien. Bei den Gesprächen geht es um Wirtschaft, Energie und Klimaschutz – vor allem aber um die Sicherheit in einer konfliktreichen Region.
BERLIN Zehn Minuten vor dem geplanten Abflug fährt Robert Habeck in seiner Dienstlimousine vor. Das Programm seiner viertägigen Reise in den Nahen Osten ist eng getaktet, freie Zeitfenster sind rar gesät. Trotzdem nimmt sich der Wirtschaftsminister noch sieben Minuten Zeit, um über die Beweggründe und Ziele seiner Reise zu sprechen. Habeck hat sich nicht nur den Ruf erarbeitet, seine Politik und deren Widersprüche transparent zu erklären. Er hat auch ein feines Gespür für geschickte Inszenierung. Und so hinterlässt der Minister an diesem verregneten Montagmorgen noch ein paar Botschaften auf deutschem Boden, ehe er die Regierungsmaschine gen Israel besteigt.
Eineinhalb Tage in Israel, ein Nachmittag in den palästinensischen Gebieten, zwei Tage in Jordanien stehen dem Grünen-Politiker bevor. Schon kurz nach Ankunft am Montagmittag steht ein Gespräch mit dem israelischen Premierminister Naftali Bennet an, gefolgt von Treffen mit Außenminister Yair Lapid, Wirtschaftsministerin Orna Barbivai und Energieministerin Karine Elharrar. Die Liste hochkarätiger Gesprächspartner setzt sich in den folgenden Tagen fort. Von einer „wichtigen Reise“spricht Habeck, bei der es darum gehe, „verschiedene Dynamiken“der Region zu verstehen – „und im besten Fall auch noch ein wenig zu moderieren“. Habeck spricht von Israels Sicherheit als Teil der deutschen Staatsräson und von den enormen Spannungen mit vielen Toten, die sich derzeit zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten entladen. Es gehe bei der Reise auch darum, das Thema Deeskalation wieder auf den Tisch zu bringen, sagt Habeck: „Wenn es gelingt, wäre es wunderbar.“Es ist ein hehres Ziel, das Habeck sich steckt: Er will nichts weniger, als auf Frieden zwischen den verfeindeten Parteien hinzuwirken.
Und was ist mit Wirtschaft? Mit Energie? Mit Klimaschutz? Seine Kernzuständigkeiten spart Habeck erst einmal aus. Sie werden im späteren Verlauf der Reise im Zentrum stehen, wenn Habeck einen großen Energiekongress in Jordanien besuchen wird, den sogenannten Mena Europe Future Energy Dialogue. Zu Beginn der Reise kehrt Habeck erst einmal heraus: Hier reist nicht nur der Wirtschafts- und Klimaschutzminister, hier reist auch der deutsche Vizekanzler.
So soll ein neuer Solarpark in Jordanien die notwendige Energie liefern, um die Entsalzung von Meerwasser im benachbarten Israel voranzutreiben. Die Idee: Jordanien liefert Strom, Israel im Gegenzug dafür das so dringend benötigte Wasser. Finanziert wird das Vorhaben maßgeblich von den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Habeck sieht Anknüpfungspunkte auch für Europa und Deutschland. Er habe mit Premier Bennett darüber gesprochen, ob es für europäische oder deutsche Firmen die Notwendigkeit oder Möglichkeit gebe, dort einzusteigen. „Die gibt es“, sagt Habeck nach dem Treffen. Noch seien nicht alle Aufträge des Projekts vergeben: „Es könnte sogar hilfreich sein, wenn es breiter aufgestellt wird.“Das Engagement von Europa und Deutschland sei in der Region gewollt und gewünscht.
Noch vor Abflug, auf dem Berliner Flughafen, stellt Robeck Habeck fest, es gehe auf der Reise auch darum, die „zarten Pflanzen“der Kooperation, die in der Region wachsen, zu verstehen – „und, soweit Deutschland das kann, die Partnerschaften zu unterstützen“. Die Reise hat gerade erst begonnen. An großen Zielen mangelt es dem Vizekanzler nicht.