Aus dem Alltag eines Kontrolleurs
Der Job an der Airport-Security ist – nicht nur über Pfingsten – alles andere als ein Vergnügen. Wir haben mit einem Mitarbeiter gesprochen. Er berichtet von Passagieren mit Tränen in den Augen und von Kollegen, die nicht mehr können.
DÜSSELDORF Seine Worte sind deutlich: „Die Leute sind nur noch angepisst, weil es einfach nicht mehr läuft. An Pfingstsamstag habe ich zum ersten Mal die Sorge gehabt, dass die Stimmung vor den Kontrollstellen kippen könnte. Die Menschen waren so unruhig und genervt. Da hat nicht mehr viel gefehlt, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Aber das kann bald passieren, und ich meine damit, dass die Leute dann in Panik geraten.“
Das sagt ein erfahrener Luftsicherheitskontrolleur am Düsseldorfer Flughafen, mit dem wir ausführlich über die angespannte Lage an den Fluggastkontrollen gesprochen haben, an denen es seit Wochen regelmäßig zu langen Warteschlangen kommt. Er hat einer Berichterstattung nur zugestimmt unter der Voraussetzung, anonym zu bleiben, weil er sonst seinen Arbeitsplatz verlieren könnte. Stattdessen will er, dass wir ihn im Bericht Paul nennen.
Paul arbeitet seit vielen Jahren an den Luftsicherheitskontrollen am Flughafen – auch an diesem Pfingstwochenende ist er jeden Tag im Einsatz. Am Pfingstsamstag hat er Frühschicht, Dienstbeginn ist 4 Uhr morgens. Als er vor Arbeitsantritt um kurz nach 3 Uhr am Flughafen ankommt, ist es dort bereits sehr voll. „Als ich in die Abflughalle kam, um zu den Diensträumen zu kommen, musste ich mich schon durch die Menschen drängeln. Die Check-in-Schalter waren schon überfüllt, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht komplett geöffnet waren. Und damit begann schon vor Dienstantritt für mich der erste Stress“, sagt er.
Am Pfingstsamstag sei es besonders voll gewesen am Flughafen: „Diese Menschenmassen habe ich in meinen vielen Jahren noch nie erlebt“, sagt er. Fotos und Videoaufnahmen, die unserer Redaktion vorliegen, belegen, dass es extrem voll gewesen ist. Von 4 Uhr bis 7 Uhr steht Paul ununterbrochen am Kontrollband.
Dann darf er eine kurze Pause machen. Dafür muss er durch die wartenden Passagiere in der Abflughalle – in Dienstkleidung. „Ich bin dann mitten in die Menschenmenge rein. Die Leute waren zum Teil verzweifelt. Sie haben mich angesprochen und wollten wissen, ob sie ihren Flieger noch bekommen oder nicht. Aber ich wusste das doch selbst nicht. Und anlügen wollte sich sie auch nicht“, so der Kontrolleur: „Da waren Fluggäste, die nicht mehr wussten, welche Warteschlange sie nehmen sollten. Alles war voll am Morgen. Was da am Samstag passiert ist, habe ich so noch nicht erlebt. Passagiere hatten Tränen in den Augen, weil sie nicht wussten, ob sie heute noch wegkommen.“Er habe unterstützende Kräfte des Flughafens und der Bundespolizei vermisst: „Von denen habe ich trotz des Chaos nichts gesehen.“
Seit Wochen kommt es nun schon regelmäßig zu massiven Problemen an den Luftsicherheitskontrollen des Düsseldorfer Flughafens. Fluggäste müssen sich Experten zufolge an den Airports Düsseldorf und Köln/Bonn auch in den nächsten Wochen weiter auf lange Wartezeiten vor den Sicherheitskontrollen einstellen. Der Flughafen und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sehen den Grund dafür in der Personalmisere beim zuständigen privaten Sicherheitsunternehmen. Bis zu 100 Kontrollkräfte pro Schicht würden teilweise fehlen, kritisieren sie. „Verschärft wird die Situation durch einen aktuell hohen Krankenstand in der Belegschaft, der aktuell bei rund 20 Prozent liegt“, sagt Paul.
Nach Einschätzung der Deutschen Bundespolizeigewerkschaft wird sich die ohnehin schon angespannte Lage bis zum Ferienstart in vier Wochen weiter zuspitzen. Das kann Paul nur bestätigen.
Paul berichtet auch von Kegelclubs, die er an Pfingstsamstag kontrolliert hat. „Die fühlen sich natürlich total witzig mit zweieinhalb Promille. Die machen sich mit ihren Sprüchen die Wartezeit schön. Das ist dann aber für uns nicht mehr schön“, sagt Paul. Erst gegen 9 Uhr entspannt sich die Lage am Pfingstsamstag wieder – nach fast fünf Stunden. „Es sind diese Stoßzeiten morgens und abends – dann noch einmal von 17 bis 20 Uhr, die der absolute Horror sind“, berichtet Paul.„Man ist wegen des Drucks nach einer bestimmten Zeit nicht mehr so konzentriert. Eine Sicherheitsgarantie gibt es dann nicht mehr, das heißt, dass wir was übersehen können, das nicht mit an Bord darf“, so Paul. Ähnliches berichtete auch schon die Deutsche Bundespolizeigewerkschaft unserer Redaktion. Auch der für den Airport zuständige Verdi-Sekretär Özay Tarim meint: „Das Personal wird dermaßen extrem belastet, sodass sie nicht mehr ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommen könnenPaul berichtet, dass selbst viele erfahrene Kollegen derzeit resignieren würden. „Die wollen und können nicht mehr“, sagt er. Paul selbst nimmt den Stress mit nach Hause: „Man ist anschließend total platt im Kopf. Ich kriege den Kopf nicht mehr frei. Und ich weiß, dass es am nächsten Tag wieder weitergeht und der Wecker morgens um 2 Uhr wieder klingelt.“
„Die Leute waren zum Teil verzweifelt. Sie wollten wissen, ob sie ihren Flieger noch bekommen“Paul Luftsicherheitskontrolleur in Düsseldorf