Rheinische Post Emmerich-Rees

Anleihen werden wieder attraktive­r

Die Renditen sind in den vergangene­n Wochen deutlich gestiegen. Lohnt sich ein Investment für sicherheit­sbewusste Anleger?

- VON BRIGITTE SCHOLTES

DÜSSELDORF Die zehnjährig­e Staatsanle­ihe der Bundesrepu­blik Deutschlan­d rentierte am vergangene­n Freitag bei 1,25 Prozent. „Eine so hohe Rendite gab es schon lange nicht mehr“, sagt Daniel Lenz, Rentenmark­texperte der DZ-Bank. Wenn Anleger diese Anleihe bis zur Endfälligk­eit im Depot halten, bekommen sie also eine entspreche­nde Rendite – und müssen nicht, wie in den vergangene­n Jahren üblich, draufzahle­n, um dem Bundesfina­nzminister die Aufnahme neuer Schulden zu ermögliche­n. Der Finanzmark­t nimmt also das Ende der Negativzin­sen schon vorweg, auch wenn die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) dies erst in den kommenden Sitzungen umsetzen wird. Für den Juli als auch für September rechnet etwa Ulf Krauss, Rentenmark­texperte der Helaba mit zwei Zinsschrit­ten von 25 Basispunkt­en, damit würden die Banken für ihre Einlagen bei der EZB keine Gebühren mehr zahlen müssen. „Dann sollten wir hoffentlic­h das Kapitel Negativzin­sen zu den historisch­en Akten legen können“, glaubt er.

Haupttreib­er für die Entwicklun­g sind hohe Inflations­raten, aber auch die überrasche­nd positiven Konjunktur­daten in den USA, sagt Hauke Siemßen, Anleiheana­lyst der Commerzban­k. Damit seien die Wachstumss­orgen, die die Finanzmärk­te bis vor Kurzem noch beunruhigt hatten, zurückgedr­ängt, schnellere Zinserhöhu­ngen seien nun möglich. Zudem lässt die EZB ihre Anleihekau­fprogramme auslaufen. Erst im Anschluss will sie dann die Zinsen erhöhen – am Markt aber hat man das schon mit den steigenden Anleiheren­diten vorweggeno­mmen.

Die Inflation ist es aber auch, die Anleger beim Kauf von Anleihen vorsichtig machen sollte. Es gibt zwar wieder eine Rendite – aber nur nominal. Zieht man die aktuell hohe Inflations­rate von 7,9 Prozent ab, steht unter dem Strich ein deutliches reales Minus: „Es kommt auf die Perspektiv­e an“, sagt deshalb Daniel Lenz von der DZ-Bank. Die Rendite streicht der Anleger ja nur ein, wenn er die Anleihe bis zur Fälligkeit hält. Und ob die dann real positiv ist, hängt von der Inflation im gesamten Zeitraum der Anlage ab.

So rentieren Anleihen mit einer Laufzeit von zwei Jahren bei 0,6 Prozent, die Langläufer mit 30 Jahren bei knapp 1,5 Prozent. Wie hoch die Inflation zum Ende der Laufzeit ist, kann man gerade bei den langlaufen­den Papieren nicht vorhersage­n. So rechnet Ulf Krauss von der Helaba zwar mit einem Rückgang der aktuell sehr hohen Inflation, doch in drei bis vier Jahren könne diese immer noch bei 2,5 Prozent liegen.

Umgekehrt verhält es sich mit den Kursen der Anleihen. So hat die zehnjährig­e Bundesanle­ihe seit Jahresbegi­nn zehn Prozent an Kurswert eingebüßt. Diesen Verlust realisiert natürlich nur der Anleger, der die Anleihen jetzt verkauft. Der Kursrückga­ng sei damit ähnlich hoch wie bei globalen Aktien, sie lieferten also keinen Risikoausg­leich mehr bei fallenden Aktien, erklärt Klaus Kaldemorge­n, Fondsmanag­er der DWS, der Fondstocht­er der Deutschen Bank: „Staatsanle­ihen sind keine sicheren Häfen mehr, und Firmentite­l rentieren nicht hoch genug, um attraktiv zu sein.“

Wer also in Anleihen investiert, muss vorher genau abwägen, was er erreichen will. „Für langfristi­g orientiert­e Anleger ist mit Rentenpapi­eren ein Vermögense­rhalt wieder möglich“, sagt Helaba-Experte Krauss. Allerdings gilt das vor allem für Staatsanle­ihen aus den Kernländer­n der EU. Bundesanle­ihen gelten immer noch als die sichersten. Von den Ratingagen­turen erhalten sie die Bestnote, diese schätzen also ihr Ausfallris­iko als sehr gering ein. Wer etwas mehr als die aktuell 1,25 Prozent auf zehnjährig­e Anleihen erwirtscha­ften will, der kann zu Titeln staatsnahe­r Emittenten wie der staatseige­nen Bank KfW greifen oder etwa zu Anleihen der Bundesländ­er. „Die haben aber faktisch das gleiche Risiko“, erläutert DZ-BankExpert­e Lenz. Auch auf Pfandbrief­e könen man zurückgrei­fen.

Anleger, die etwas mehr ins Risiko gehen möchten, könnten auch einen Blick auf die Anleihen der südeuropäi­schen Staaten werfen. So sind italienisc­he Staatsanle­ihen mit der Note „BBB Investment­grade“versehen, das Ausfallris­iko ist also nicht enorm hoch. Doch wie vor allem die Schuldenla­ge sich in den südeuropäi­schen Ländern in den nächsten Jahren entwickele, könne man noch nicht mit Sicherheit vorhersage­n, sagt Lenz.

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FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA Die Zentrale der Europäisch­en Zentralban­k in Frankfurt steht derzeit im Blickpunkt der Anleger.

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