Jubiläum mit Bärenbesuch
Es sind Bilder für die Ewigkeit: Die Königin hat ein Marmeladenbrot in der Handtasche, als sie die Kinderbuchfigur Paddington zum Tee trifft. Kurz darauf spielt die Band Queen zum 70. Thronjubiläum vor dem Buckingham-Palast.
LONDON (dpa) „Thank You, Ma‘am“: Der Drohnen-Gruß am Himmel über dem Buckingham-Palast ist das fulminante Finale einer Ehrerbietung, wie sie bisher wohl noch kein Mensch in Großbritannien erhalten hat. Seit 70 Jahren regiert Königin Elizabeth II. das Land. Die MegaSause in London zeigt: Das Vereinigte Königreich liegt seiner Queen im Winter ihrer Regentschaft nicht nur zu Füßen – es ergibt sich ihr geradezu in einem nie da gewesenen Rausch der Bilder und Botschaften.
Zweieinhalb Stunden lang wird am Samstagabend vor und über dem Londoner Stadtschloss so gut wie alles aufgefahren, was an Stars, Farbenpracht und Technik denkbar ist. Die „Platin-Party am Palast“– organisiert von der BBC, die bis zu 13,4 Millionen Zuschauer und gut 66 Prozent Marktanteil verzeichnet – gerät am Samstagabend zum Spektakel für alle Sinne.
Zum Auftakt schaut sogar die Queen vorbei, wenn auch nur von der Leinwand. In einem gut zweiminütigen Clip trifft die 96-Jährige dort auf die beliebte Kinderbuchfigur Paddington. „Tee?“, fragt die Monarchin – und der tapsige Bär trinkt ohne Umschweife direkt aus der Kanne. Um seinen Lapsus wieder gut zu machen, bietet Paddington ein Marmeladenbrot an, das er als Notration stets im Hut trägt. Doch die Queen lehnt ab, öffnet ihre Handtasche – und zieht selbst ein Brot hervor. „Ich hebe meins hier auf“, sagt sie und lächelt.
In sagenhaftem Tempo geht es weiter. Auf mehreren Bühnen treten im Fünf-Minuten-Takt Musikstars auf, ein Innehalten gibt es nicht. Als erstes ist die Rockband Queen mit Sänger Adam Lambert an der Reihe, Gitarrist Brian May spielt ein Solo. Keine Zeit zum Luftholen, so schnell wechseln Sänger und Bühnen. Manchmal wirkt es, als seien die 22.000 Zuschauer noch ganz benommen von einem Auftritt, da beginnt auch schon der nächste.
An die 40 Mitglieder der Königlichen Familie – nicht darunter der Queen-Enkel Prinz Harry und Ehefrau Herzogin Meghan – verfolgen das Spektakel aus der Royal Box. In der ersten Reihe schwenken Harrys Bruder Prinz William, dessen Gattin Herzogin Kate und ihre beiden älteren Kinder Prinz George und Prinzessin Charlotte britische Fähnchen. Beim Gassenhauer „Sweet Caroline“, vorgetragen von Rod Stewart, singen sie mit. Auf der Bühne stehen sie auch. Zunächst William, der einen emotionalen Appell für den Umweltschutz hält. Und kurz vor Schluss dann sein Vater, der älteste Queen-Sohn: Prinz Charles.
Dazwischen: Videobotschaften von einigen der bekanntesten Briten, drunter Ex-Beatle Paul McCartney, Fußball-Ikone David Beckham und Leichtathletik-Olympiasieger Mo Farah. „70 Jahre als unsere Regentin“, schwärmt Pop-Superstar Elton John.
Seit dem 6. Februar 1952 ist Elizabeth Königin, so lange wie keine Monarchin und kein Monarch zuvor. Immer wieder ist aus den Lautsprechern die Stimme der Queen zu hören, etwa ihr Versprechen, bis ans Lebensende ihrem Volk zu dienen. Anwesend ist die Jubilarin an diesem Abend nur auf der Leinwand. Die 96-Jährige, die zuletzt öfter Termine absagte, erholt sich noch vom Auftakt der insgesamt viertägigen Feiern. Und zum Schluss, als US-SoulIkone Diana Ross singt, ist selbst der Buckingham-Palast nur noch Beiwerk. Spätestens hier entsteht der Eindruck: Es geht längst nicht mehr um das Jubiläum, sondern um das Vermächtnis der Queen. Die gab sich am Sonntag gewohnt bodenständig: „Obwohl ich nicht jede Veranstaltung persönlich besuchen konnte, war ich im Herzen bei Ihnen allen.“Was sie damit meinte, wurde klar, als sie sich zum Abschluss der Feierlichkeiten am Nachmittag auf dem Balkon des BuckinghamPalasts vor Zehntausenden jubelnden Menschen zeigte.