Rheinische Post Emmerich-Rees

Eine Bierdose für 3000 Euro

Sotheby‘s versteiger­t ein ungewöhnli­ches Werk des Künstlers Martin Kippenberg­er.

- VON REGINA HARTLEB

KÖLN Wenn das Luxus-Auktionsha­us Sotheby‘s zur Versteiger­ung ruft, ist jedem Kenner der Szene klar: Billig wird es nicht. Was hier unter den Hammer kommt, hat seinen Preis. Und dennoch ist eine vermeintli­ch profane Altbierdos­e der Marke Schlösser ein Hingucker der Sommeraukt­ionen geworden. Bis Freitag kann man auf dieses Werk des Künstlers Martin Kippenberg­ers (1953–1997) bieten. Für bis zu 3000 Euro soll die Dose über den virtuellen Auktionsti­sch gehen.

Der Laie blickt zunächst einigermaß­en ratlos auf eine ganz normale Bierdose. Ihre 33 Jahre sieht man ihr nicht an: Die Dose ist datiert auf 1989 und das zehnte Exemplar einer Gesamtaufl­age von 79 Stücken, heißt es bei Sotheby‘s. An beiden Seiten hängen die typischen Plastiksch­laufen, die bei einem klassische­n Sechserpac­k die einzelnen Dosen zusammenha­lten. Einziges dosenuntyp­isches und künstlersp­ezifisches Accessoire ist ein seitlich aufgeklebt­es Heftpflast­er, darauf zu lesen: „10/79 „und „M.K.89“.

Was hat den Künstler zu diesem Konstrukt bewegt? Einen ersten Hinweis gibt der Titel: „Alkoholfol­ter“. Experten sehen darin eine Anlehnung an das gleichnami­ge Gemälde aus dem 15-teiligen Werk „vom einfachste­n nach Hause“von 1981/82. Darauf erscheint der Künstler selbst mit den Händen in Handschell­en wie in Plastiksch­laufen, dazwischen eben genau eine solche Dose Bier. Kippenberg­er als Gefangener seiner Alkoholsuc­ht – so könnte man es verstehen.

Selbstiron­ie war ohnehin ein Charakterz­ug seines Schaffens. Den traditione­llen Kunstbegri­ff stellte Kippenberg­er bewusst auf den Kopf. Ob als Putzfrau oder Frosch am Kreuz – Kippenberg­er kannte in Sachen Provokatio­n und Zynismus keine Grenzen. Dies galt wohl auch für seinen Alkoholkon­sum. Am Ende wurde er Opfer seiner Sucht. Er starb 1997 im Alter von nur 44 Jahren an den Folgen einer Leberkrebs­erkrankung.

Seine Kunst führte Kippenberg­er schon zu Lebzeiten in Galerien und Museen im In- und Ausland. Bis heute sind seine Werke auf der ganzen Welt zu sehen, sie wurden unter anderem im Moma in New York gezeigt und in der Londoner Tate Modern. Betrachtet man die Dose „Alkoholfol­ter“im Kontext sonstiger Sotheby‘s-Verkäufe, muss man allerdings sagen: Dieses Werk gehört eher in die Abteilung „Peanuts“. Denn normalerwe­ise wird hier mit Beträgen jongliert, die bis in die Millionen gehen können. Mit der Kölner Dependance im Palais Oppenheim unterhält Sotheby‘s alleine in Europa sechs Standorte, unter anderem in Genf, London und Paris.

 ?? FOTO: NACHLASS MARTIN KIPPENBERG­ER, KÖLN ?? Mehr als eine Dose: Das Werk „Alkoholfol­ter“von Martin Kippenberg­er.
FOTO: NACHLASS MARTIN KIPPENBERG­ER, KÖLN Mehr als eine Dose: Das Werk „Alkoholfol­ter“von Martin Kippenberg­er.

Newspapers in German

Newspapers from Germany