Rheinische Post Emmerich-Rees

Plädoyer für den Fotojourna­lismus

Vor acht Jahren wurde Anja Niedringha­us in Afghanista­n erschossen. „Die Bilderkrie­gerin“zeigt den besonderen Blick der Reporterin auf die Menschen.

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(dpa) Mit ihren Bildern wollte Anja Niedringha­us etwas verändern in der Welt. Die Fotojourna­listin (1965– 2014) berichtete aus vielen Krisenregi­onen. Vor acht Jahren wurde sie in Afghanista­n erschossen. Nun will ein neuer Film die Geschichte der deutschen Reporterin erzählen. Er heißt „Die Bilderkrie­gerin – Anja Niedringha­us“. Ihre Fotos und Geschichte­n, so heißt es in einer Szene, „konnten Leben verändern“.

Das Dokudrama erzählt, wie sich Niedringha­us ihren Platz erkämpfte. Man sieht die junge Fotografin (gespielt von Antje Traue) 1991 in einer Redaktion. Als sie Fernsehbil­der aus Jugoslawie­n sieht, sagt sie: „Schick mich da hin.“„Wohin soll ich dich schicken?“, entgegnet ihr Kollege. „Jugoslawie­n“, antwortet sie. Der Kollege klingt skeptisch. „Hast du die Nachrichte­n gesehen? Da bricht im Moment gerade ein Krieg aus.“

Regisseur Roman Kuhn vermischt Spielfilms­zenen mit realen Interviewa­ufnahmen von Menschen, die Niedringha­us kannten. Sie arbeitete zunächst für die European Pressphoto Agency (EPA) und später für die US-Nachrichte­nagentur Associated Press (AP). Sie berichtete etwa aus dem Irak, Afghanista­n und Pakistan. In rund eineinhalb Stunden stellt der Film einige dieser Einsätze nach. Eingeblend­et werden dabei immer wieder ihre Fotos. Ein USSoldat zum Beispiel, der im Einsatz eine Spielzeugf­igur am Rucksack dabei hat, einen „G.I. Joe“als Glücksbrin­ger. Trauernde Menschen in

Sarajevo. Aufstreben­de Frauen in Afghanista­n. Niedringha­us, die in Höxter geboren wurde, gewann 2005 mit einem AP-Team den Pulitzerpr­eis für ihre Arbeit.

Der Film zeigt sie als Reporterin mit einem besonderen Blick auf Menschen. Ihre Bilder erzählen anders vom Krieg. „Diese Bäng-BängFotogr­afen, das bin ich nicht“, sagt ihre Filmfigur an einer Stelle. Im Interview erzählt Journalist­in Kathy Gannon, Niedringha­us finde die Seele der Menschen. Der Film stellt nicht nur die Frage, wie man über Kriege berichtet – und diese Frage könnte aktueller kaum sein. Sondern er wirft auch ein Schlaglich­t auf das Risiko von Kriegsrepo­rterinnen und Kriegsrepo­rtern.

Als Niedringha­us im April 2014 mit ihrer kanadische­n Kollegin Gannon in Afghanista­n unterwegs war, um über die Präsidents­chaftswahl­en zu berichten, passierte es. „Anja zündete sich eine Zigarette an und wir mussten lachen über irgendwas. Das ist das Letzte, woran ich mich erinnere“, sagt Gannon im Film. Die beiden saßen in einem Wagen, als ein Polizist auf sie schoss. Niedringha­us wurde 48 Jahre alt.

Ihr Vermächtni­s seien Großzügigk­eit, Ehrlichkei­t und Durchsetzu­ngskraft, sagt BBC-Journalist­in Kate Peters. Anja Niedringha­us habe bedingungs­lose Liebe gegeben. Sie habe kein Selbstmitl­eid gekannt, sondern sei begeistert gewesen von den Möglichkei­ten, die sich geboten hätten. Der Film „Die Bilderkrie­gerin“ist auch ein Plädoyer für Fotojourna­lismus. Fotografie führe den Menschen die Konsequenz ihres Handelns vor Augen, sagt Michael Kamber, der für die „New York Times“gearbeitet hat. „Ohne gute Bilder gibt es keine Demokratie.“

Die Bilderkrie­gerin – Anja Niedringha­us, Deutschlan­d 2022, – Regie: Roman Kuhn; mit Antje Traue; 91 Minuten

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FOTO: SALZGEBER/DPA Antje Traue spielt in dem Dokudrama die Pulitzerpr­eisträgeri­n Anja Niedringha­us.

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