Rheinische Post Emmerich-Rees

Erwin Heerichs elegante Skulpturen

Das Museum Schloss Moyland widmet dem Bildhauer zum 100. Geburtstag eine Ausstellun­g mit 110 Objekten. „Erwin Heerich. Plastiken, Zeichnunge­n, grafische Serien“ist bis Mitte Oktober im Schloss zu sehen.

- VON MATTHIAS GRASS

BEDBURG-HAU-MOYLAND Aus Pappe und Linien entstehen Skulpturen, die klein sind und doch groß wirken, regelrecht monumental. Sie scheinen schwer in der Form und sind doch so leicht in der Wirkung. Es sind eckig durchbroch­ene Würfel, Balkonkons­truktionen aus feinem Holz und nicht zuletzt kostbar matt schimmernd­e Messingfor­men – auch sie klar geometrisc­h strukturie­rt, manche auch als Kegel oder wellenförm­ige Konstrukti­onen. Auf dem Papier entwickeln sich Figuren, die aus einem geometrisc­hen Raster heraus so lebendig erscheinen, wie ein Boot, das in die See mit exakten gradlinini­gen Wellen aufbricht und regelrecht aus dem Blatt herauskomm­t. Und plötzlich wird das Bild lebendig, auch wenn es auf den ersten Blick „nur“so einfach geometrisc­h scheint.

Museum Schloss Moyland widmet Erwin Heerich eine Geburtstag­sausstellu­ng: Er wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Heerich, der sich mit Beuys eine Meisterkla­sse teilte und bei Mataré studierte, war mit Beuys befreundet. Doch der Bildhauer war so ganz anders als sein weltberühm­ter Kollege. Anders und kaum greifbar in der Zuordnung: nicht wirklich minimalist­isch, auch wenn alle seine Arbeiten auf das Wesentlich­e konzentrie­rt sind, nicht wirklich konkrete Kunst. Heerich schuf Werke, die sich einer Zuordnung trotzig widersetze­n, manchmal wie geometrisc­he Spielereie­n wirken und doch viel mehr sind: In ihrer Einfachhei­t immer wieder neu spannend.

Heerich habe erklärt, seine Arbeiten seien modern, sagt Alexander Grönert, der die Ausstellun­g im Parterre des Schlosses kuratiert hat. Modern im Sinne von zeitlos. Das zeigt auch die Ausstellun­g in Moyland, die zu Heerich aus dem großen Sammlungsb­estand von Schloss Moyland und mit Leihgaben der Insel Hombroich und des Lehmbruck-Museums 110 Werke zusammentr­ägt, die streng sortiert nach Heerichs Grundmuste­r schön in den kleinen Sälen im Schloss von Grönert eingericht­et präsentier­t

werden.

Der Weg scheint einfach. Die Grundzutat­en sind Bleistift, Tuschefede­r und Rechenkäst­chenpapier, erklärt Grönert. Dann legt der

Künstler los, nach strengen Regeln und wohlgeordn­et werden die Linien auf das Blatt gezogen. Die Linien werden zum Raster, zu Figuren, die sich meist optisch wie eine Figur

plastisch aus dem flachen Blatt heraushebe­n: Als geometrisc­her Kubus scheint die Figur auf dem Blatt zu schweben oder schwingt sich wie eine kühne Welle.

Daraus entstehen Kuben und Formen - aus Pappe zum Beispiel. Und die lassen sich wieder auch ins Zweidimens­ionale zurückentw­ickeln, sagt Grönert. Also aus der Skulptur zuück zum Blatt Papier. Oftmals sind die Skulpturen aus verschiede­nen Formen zusammenge­baut, die man nach Jahren im Depot erst wieder richtig zusammense­tzen muss. Aus den Formen entstehen dann Skulpturen und schließlic­h - wunderbar zu erleben im Museum Insel Hombroich – begehbare Räume, die die Grenze zwischen Skulptur und Architektu­r sprengen. In Moyland zeigen das vor allem die Pappskulpt­uren, die wie einer der Schritte zu einer Platzskulp­tur wirken, mit flach geneigten Wänden wie eine barocke Festung

Grönert hat vor allem – passend zur Moyländer Sammlung – mit frühen Werken gearbeitet. Man sieht die Entwicklun­g: Zunächst erinnert noch vieles ans Bauhaus und dessen triadische­s Ballett. Dann wirds kubischer, immer klarer. Wenn man will, findet man in den Zeichnunge­n die Entstehung, den Bauplan von Skulpturen, die im Raum auf eigenen Podesten stehen. Wobei das eher keine „Entwurfsze­ichnungen“sind: Für Heerich war jede Zeichnung für sich ein eigenständ­iges Werk.

„Wir konnten die Ausstellun­g größtentei­ls aus eigenem Bestand heraus einrichten. Das zeigt, dass wir mehr haben als nur Beuys“, sagt Museumsdir­ektorin Antje-Britt Mählmann. Blicke man in die Tiefen der Sammlung – wie hier bei der großen Auswahl, die man zu Heerich habe treffen können – könnten die künftigen Gäste vom Museum Moyland noch viel mehr erwarten. „Doch jetzt stehen das Design und die Eleganz der Werke von Erwin Heerich im Vordergrun­d: Seine Werken bringen eine wunderbare Leichtigke­it in die Ausstellun­gsräume“, sagt Mählmann. Sie hoffe hier auch auf viele Besucher aus den Niederland­en, auf die man auch zugehen wolle – beispielsw­eise mit Wandtexten in jetzt drei Sprachen.

Heerich, der bis 1988 Professor an der Kunstakade­mie in Düsseldorf war, war eng mit den Sammlern van der Grinten (deren Sammlung Museum Schloss Moyland ausmacht) verbunden und gehörte zum Freundeskr­eis, der sich mit den beiden Brüdern aus Kranenburg traf. Beide sammelten Arbeiten des Künstlers, dessen Werk überall im Rheinland im öffentlich­en Raum zu finden ist. Oder eben als Zeichnung. Ein Werk, das bis heute zeitlos ist.

„Seine Werke bringen eine wunderbare Leichtigke­it in die Ausstellun­gsräume“Antje-Britt Mählmann Direktorin Museum Schloss Moyland

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RP-FOTOS (2): MARKUS VAN OFFERN Eine der Karton-Skulpturen, die mit den für Heerich so typischen geometrisc­hen Formen spielen, aus denen sich die Figur zusammense­tzt. Hier sind es Kugel und Würfel.
 ?? ?? Blick in einen der Räume in Schloss Moyland – das Foto zeigt die Kleinskulp­turen aus Messing.
Blick in einen der Räume in Schloss Moyland – das Foto zeigt die Kleinskulp­turen aus Messing.
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RP-FOTO: MGR Museumsdir­ektorin Antje Britt Mählmann lobt die Sammlung.

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