Erwin Heerichs elegante Skulpturen
Das Museum Schloss Moyland widmet dem Bildhauer zum 100. Geburtstag eine Ausstellung mit 110 Objekten. „Erwin Heerich. Plastiken, Zeichnungen, grafische Serien“ist bis Mitte Oktober im Schloss zu sehen.
BEDBURG-HAU-MOYLAND Aus Pappe und Linien entstehen Skulpturen, die klein sind und doch groß wirken, regelrecht monumental. Sie scheinen schwer in der Form und sind doch so leicht in der Wirkung. Es sind eckig durchbrochene Würfel, Balkonkonstruktionen aus feinem Holz und nicht zuletzt kostbar matt schimmernde Messingformen – auch sie klar geometrisch strukturiert, manche auch als Kegel oder wellenförmige Konstruktionen. Auf dem Papier entwickeln sich Figuren, die aus einem geometrischen Raster heraus so lebendig erscheinen, wie ein Boot, das in die See mit exakten gradlininigen Wellen aufbricht und regelrecht aus dem Blatt herauskommt. Und plötzlich wird das Bild lebendig, auch wenn es auf den ersten Blick „nur“so einfach geometrisch scheint.
Museum Schloss Moyland widmet Erwin Heerich eine Geburtstagsausstellung: Er wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Heerich, der sich mit Beuys eine Meisterklasse teilte und bei Mataré studierte, war mit Beuys befreundet. Doch der Bildhauer war so ganz anders als sein weltberühmter Kollege. Anders und kaum greifbar in der Zuordnung: nicht wirklich minimalistisch, auch wenn alle seine Arbeiten auf das Wesentliche konzentriert sind, nicht wirklich konkrete Kunst. Heerich schuf Werke, die sich einer Zuordnung trotzig widersetzen, manchmal wie geometrische Spielereien wirken und doch viel mehr sind: In ihrer Einfachheit immer wieder neu spannend.
Heerich habe erklärt, seine Arbeiten seien modern, sagt Alexander Grönert, der die Ausstellung im Parterre des Schlosses kuratiert hat. Modern im Sinne von zeitlos. Das zeigt auch die Ausstellung in Moyland, die zu Heerich aus dem großen Sammlungsbestand von Schloss Moyland und mit Leihgaben der Insel Hombroich und des Lehmbruck-Museums 110 Werke zusammenträgt, die streng sortiert nach Heerichs Grundmuster schön in den kleinen Sälen im Schloss von Grönert eingerichtet präsentiert
werden.
Der Weg scheint einfach. Die Grundzutaten sind Bleistift, Tuschefeder und Rechenkästchenpapier, erklärt Grönert. Dann legt der
Künstler los, nach strengen Regeln und wohlgeordnet werden die Linien auf das Blatt gezogen. Die Linien werden zum Raster, zu Figuren, die sich meist optisch wie eine Figur
plastisch aus dem flachen Blatt herausheben: Als geometrischer Kubus scheint die Figur auf dem Blatt zu schweben oder schwingt sich wie eine kühne Welle.
Daraus entstehen Kuben und Formen - aus Pappe zum Beispiel. Und die lassen sich wieder auch ins Zweidimensionale zurückentwickeln, sagt Grönert. Also aus der Skulptur zuück zum Blatt Papier. Oftmals sind die Skulpturen aus verschiedenen Formen zusammengebaut, die man nach Jahren im Depot erst wieder richtig zusammensetzen muss. Aus den Formen entstehen dann Skulpturen und schließlich - wunderbar zu erleben im Museum Insel Hombroich – begehbare Räume, die die Grenze zwischen Skulptur und Architektur sprengen. In Moyland zeigen das vor allem die Pappskulpturen, die wie einer der Schritte zu einer Platzskulptur wirken, mit flach geneigten Wänden wie eine barocke Festung
Grönert hat vor allem – passend zur Moyländer Sammlung – mit frühen Werken gearbeitet. Man sieht die Entwicklung: Zunächst erinnert noch vieles ans Bauhaus und dessen triadisches Ballett. Dann wirds kubischer, immer klarer. Wenn man will, findet man in den Zeichnungen die Entstehung, den Bauplan von Skulpturen, die im Raum auf eigenen Podesten stehen. Wobei das eher keine „Entwurfszeichnungen“sind: Für Heerich war jede Zeichnung für sich ein eigenständiges Werk.
„Wir konnten die Ausstellung größtenteils aus eigenem Bestand heraus einrichten. Das zeigt, dass wir mehr haben als nur Beuys“, sagt Museumsdirektorin Antje-Britt Mählmann. Blicke man in die Tiefen der Sammlung – wie hier bei der großen Auswahl, die man zu Heerich habe treffen können – könnten die künftigen Gäste vom Museum Moyland noch viel mehr erwarten. „Doch jetzt stehen das Design und die Eleganz der Werke von Erwin Heerich im Vordergrund: Seine Werken bringen eine wunderbare Leichtigkeit in die Ausstellungsräume“, sagt Mählmann. Sie hoffe hier auch auf viele Besucher aus den Niederlanden, auf die man auch zugehen wolle – beispielsweise mit Wandtexten in jetzt drei Sprachen.
Heerich, der bis 1988 Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf war, war eng mit den Sammlern van der Grinten (deren Sammlung Museum Schloss Moyland ausmacht) verbunden und gehörte zum Freundeskreis, der sich mit den beiden Brüdern aus Kranenburg traf. Beide sammelten Arbeiten des Künstlers, dessen Werk überall im Rheinland im öffentlichen Raum zu finden ist. Oder eben als Zeichnung. Ein Werk, das bis heute zeitlos ist.
„Seine Werke bringen eine wunderbare Leichtigkeit in die Ausstellungsräume“Antje-Britt Mählmann Direktorin Museum Schloss Moyland