Mehr Beschwerden über Post im Rheinland
Die Zahl der Eingaben bei der Bundesnetzagentur steigt deutlich. Die Politik wird ungeduldig, der Konzern räumt Probleme ein.
BONN/DÜSSELDORF Die Deutsche Post hat bei der Zustellung von Briefen auch im Rheinland große Probleme. Das zeigt eine Auswertung der Bundesnetzagentur für unsere Redaktion. In den sieben Zustellbezirken des Rheinlands erhielt die Behörde in den ersten neun Monaten des Jahres bereits 1790 Beschwerden; im ganzen Jahr 2021 waren es 1681 gewesen. Auf das Jahr gerechnet ist damit eine Steigerung um mindestens 25 Prozent zu erwarten.
Die meisten Fälle beziehen sich auf die Briefzustellung der Post, aber auch Wettbewerber und das Paketgeschäft kommen vor. „Die Beschwerden über die Post sollten sinken, tatsächlich gehen sie hoch“, kritisierte Reinhard Houben, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion: „Der Konzern muss besser werden.“
Die Beschwerden seien „nur die Spitze des Eisbergs“, sagte der Essener Logistikexperte Detlef Symanski: „Wenn Briefe deutlich zu spät ankommen oder verloren gehen, nehmen die Leute das in der Regel hin.“Beschwerden bei der Netzagentur würden nur eingereicht, wenn es zu echten Schäden komme, etwa dem Verlust von Eintrittskarten, und selbst dann nicht immer. Symanski riet dazu, zeitkritische Sendungen besser einem Kurierdienst anzuvertrauen, statt Brief oder Einschreiben zu schicken: „Nur dann ist eine pünktliche Zustellung gesichert.“Auch Pakete seien relativ sicher, weil der Versandweg genau überwacht werde. Die Kunden können oft digital nachverfolgen, wo sich die Lieferung gerade befindet.
Bundesweit gingen bei der Netzagentur von Januar bis September 20.421 Beschwerden ein – bereits etwa ein Drittel mehr als im gesamten Vorjahr (15.118). „Uns erreichen ungewöhnlich viele Beschwerden“, sagte Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur. Er dringe auf eine „zügige Verbesserung der Lage“. Müller hat bereits dafür plädiert, seiner Behörde zu erlauben, selbst Strafen zu verhängen.
In NRW differieren die Werte stark: Besonders viele Beschwerden gibt es in den Postleitzahlbezirken 50 (Köln) und 47 (Duisburg, Krefeld, Moers). Eine starke Zunahme der Zahlen meldet der Bezirk 42 ( Wuppertal) – zwischen Januar und September waren es dort 58 Prozent mehr als im ganzen Vorjahr.
Von den 44 „Anlassprüfungen“der Netzagentur fanden mehrere in NRW statt. Im September nahm die Behörde die Lage bei der Post in Krefeld und Münster unter die Lupe, im August waren Steinfurt und Erftstadt dran, im Januar der Wettbewerber Hermes in Mönchengladbach. Die Lage ist bundesweit so alarmierend, dass Nikola Hagleitner, PostVorstand mit Zuständigkeit für das deutsche Postgeschäft, intern angeordnet hat, dass Vorgesetzte stärker danach bewertet werden, dass sie ihre Leute halten, als nach reinen Gewinnvorgaben. „Wer die Leute rausekelt, dem droht selbst der Rauswurf“, sagte ein Betriebsrat.
Ein Sprecher der Post verwies auf die meist pünktliche Zustellung von Briefen und erklärte, Zustellprobleme entstünden durch hohe Corona-Zahlen und die „angespannte Arbeitsmarktsituation“. Zudem seien Beschäftigte, die während der Lockdowns zur Post gewechselt seien, teils in ihre früheren Berufe zurückgekehrt. Und schließlich hätten Geschäftskunden und Wettbewerber der Post mehr Sendungen übergeben, weil sie selbst Personalprobleme hätten.