Rheinische Post Emmerich-Rees

Die Zeitumstel­lung ist Kokolores

- VON HAGEN STRAUSS

Es wird wieder an der Uhr gedreht. Die meisten werden wohl nachschaue­n müssen, ob vor oder zurück. Die Antwort lautet: zurück. Man gewinnt eine Stunde Schlaf, das mindert den Ärger. Aber an der Sache ändert das nichts – die Zeitumstel­lung ist Kokolores und hat ihren Zweck nicht erfüllt. Die Einführung im Jahr 1980 ist zwar gut gemeint gewesen, aber in den Jahrzehnte­n seither hat sich die Erkenntnis­lage klar verändert. Inzwischen steht fest: Energie wird dadurch nicht eingespart, Ziel verfehlt. Zwar schalten die Bürger durch die Umstellung im Sommer abends weniger häufig das Licht an – dafür erhöht sich dann aber zur Winterzeit der Verbrauch in jeglicher Hinsicht. In Zeiten der Energiekri­se kann das keiner wollen. Schon vor Jahren hat die Europäisch­e Kommission dann auch eingeräumt, dass der Effekt verpufft. Ein Ergebnis, zu dem ebenso ein Gutachten des Bundestage­s gekommen ist.

Darüber hinaus bereitet die Zeitumstel­lung den Menschen viel größere Probleme als angenommen. Der Biorhythmu­s passt sich erst einige Tage danach an, Kinder können besonders betroffen sein. Dauermüdig­keit und Konzentrat­ionsproble­me sind oft die Folge. Wem das noch nicht reicht, dem sei auch gesagt: Der organisato­rische Aufwand der Umstellung ist auch für die Wirtschaft immens – nicht nur, weil an den Zeigern von Millionen Uhren gedreht werden wird. Und das stimmt ebenfalls: Die Umstellung wirbelt die Welt vieler Tiere durcheinan­der. Wofür das alles?

Mehrere parlamenta­rische Initiative­n im Bundestag und im Europaparl­ament hat es zur Abschaffun­g inzwischen gegeben; auch die EU-Kommission hat einen Vorschlag vorgelegt. Bislang erfolglos. Dafür gibt es einen besonderen Grund: Welche Zeit soll es dann künftig sein? Sommer- oder Winterzeit? Vor dieser durchaus heiklen Debatte scheuen sich alle. Deswegen dürfte leider alles so bleiben, wie es ist.

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