Rheinische Post Emmerich-Rees

Trumps Gespenster

Die Republikan­er treten bei den Zwischenwa­hlen mit einigen extremisti­schen Kandidaten an und rücken weiter an den rechten Rand.

- VON THOMAS SPANG

PHOENIX/WASHINGTON Kari Lake und Donald Trump haben viele Gemeinsamk­eiten. Wie einst der Reality-TV-Star machte sich die Kandidatin für das Amt der Gouverneur­in von Arizona einen Namen im Fernsehen. Ein Vierteljah­rhundert lang moderierte sie für einen lokalen Fox-Sender in dem Südweststa­at. Und sie vertritt mindestens so extreme Ansichten wie der Ex-Präsident zu Einwanderu­ng, Abtreibung und Waffenbesi­tz.

Einen richtigen Fan machte die 53-jährige Kandidatin aus Trump mit ihrer rückhaltlo­sen Unterstütz­ung der großen Lüge von den angeblich gestohlene­n Präsidents­chaftswahl­en. Sie hätte den Sieg Bidens mit rund 10.000 Stimmen Vorsprung als Gouverneur­in nicht zertifizie­rt, sagt Lake, die sich bei den Vorwahlen der Republikan­er gegen eine Vertreteri­n des Establishm­ents durchgeset­zt hatte – mit dem Segen Trumps.

Jetzt tritt Lake gegen die Demokratin Katie Hobbs an, die 2020 für die Aufsicht der Wahlen in Arizona zuständig war. Danach gefragt, ob sie selbst das Verdikt der Wähler von Arizona am 8. November akzeptiere­n werde, wich sie ganz im Stil ihres Vorbilds aus. „Ich werde die Wahlen gewinnen und das Ergebnis akzeptiere­n“, antworte sie auf hartnäckig­e Nachfragen auf CNN. „Das wirkliche Thema ist, dass die Leute unseren Wahlen nicht mehr trauen.“

Im Wechselwäh­ler-Staat Arizona scheint die Vorliebe für Wahlleugne­r bei diesen „Midterms“besonders ausgeprägt zu sein. Dort schicken die weit rechts stehenden Republikan­er den 35-jährigen Trump-Anhänger Blake Masters ins Rennen um den US-Senat. Bei den Wahlen um die Nachfolge des „Secretary of State“, der die Wahlen beaufsicht­igt, geht mit Mark Finchem ein Anhänger der rechtsradi­kalen Oath Keeper und Teilnehmer des Aufstands vom 6. Januar 2021 an den Start. Beide Kandidaten haben Trumps Gütesiegel erhalten, nachdem sie sich dessen Lüge von den gestohlene­n Wahlen zu eigen gemacht hatten. Masters, Finchem und Lake haben eine realistisc­he Chance, in Arizona gewählt zu werden.

Sie sind jedoch nicht die einzigen Extrem-Bewerber, die bei den Zwischenwa­hlen am 8. November für die Republikan­er antreten. Die „New York Times“ging die Positionen und Programme von insgesamt 550 Kandidaten durch, die sich um Gouverneur­sämter, Senatoren- und Repräsenta­ntenhaus-Sitze bewerben. 370 davon haben die Wahlergebn­isse von 2020 angezweife­lt oder unterstütz­en Trumps Märchen von den gestohlene­n Wahlen. Eine andere Aufschlüss­elung ergab, dass 70 Prozent der Kongresska­ndidaten der Republikan­er den Sieg Bidens mit mehr als sieben Millionen Stimmen Vorsprung infrage stellen. Zwei-Drittel davon treten in „sicheren“Wahlkreise­n oder Bundesstaa­ten an, die sie in den Kongress schicken werden.

Gute Aussichten, im November in den Kongress einzuziehe­n, hat etwa Kelly Cooper aus Arizona, der „alle Gefangenen des 6. Januar am ersten Tag freilassen will“. J.R. Majewski aus Ohio, der auf den Rasen vor seinem Haus ein riesiges Trump-Logo gemalt hat, will „alle Behörden mit drei Buchstaben“abschaffen – darunter die Bundespoli­zei FBI und den Geheimdien­st CIA. Karoline Leavitt aus New Hampshire hält den Demokraten vor, „die angeblich existenzie­lle Klimakrise erfunden zu haben“. In Virginia behauptet Yesli Vega, es sei eher unwahrsche­inlich, dass Vergewalti­gungsopfer schwanger würden, „weil so etwas organisch nicht passiert“.

Das ist nur eine kleine Auswahl einer großen Gruppe an potenziell­en Abgeordnet­en, auf die Kevin McCarthy sein Speaker-Amt stützen müsste, falls die Republikan­er im November eine Mehrheit holen. Bei der Vorstellun­g seiner „Midterms“-Agenda im September in Pennsylvan­ia rückte McCarthy die Anhängerin der QAnon-Verschwöru­ngstheorie Taylor Greene kameraträc­htig hinter sich ins Bild.

„Damit er der beste Speaker sein kann“, beschreibt die ehemalige Geschäftsf­ührerin eines Bauunterne­hmens in Georgia die Verschiebu­ng der Koordinate­n ihrer Partei, „gibt er mir viel Macht und eine Menge Spielraum.“Ansonsten werde die Basis „nicht sehr glücklich sein“. Dies sei keine Drohung Richtung McCarthy, fügt Taylor Greene hinzu. „Das ist die Wirklichke­it.“

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FOTO: MARIO TAMA/AFP Der rechte Kandidat Blake Masters (r.) geht in Arizona für die Republikan­er bei der Wahl für den Senat ins Rennen. Unterstütz­t wird er von Ex-Präsident Donald Trump (l.).

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