Eine Schule in Angst
Eine Gesamtschule in Duisburg-Marxloh wird von Krawallmachern heimgesucht. Der Direktor spricht von Drogen, Glücksspiel, Brandstiftung, Vandalismus und Vermüllung. Die Polizei wurde schon 25 Mal gerufen.
„Lehrer, Eltern und Schüler sprechen zunehmend davon, dass sie Angst haben“Thomas Zander Schulleiter
DUISBURG Seit einiger Zeit muss Thomas Zander nach eigenen Angaben mehrmals pro Woche die Polizei verständigen, weil es an seiner Herbert-Grillo-Gesamtschule in Duisburg-Marxloh zu Zwischenfällen kommt, die von jungen Männern begangen werden, die nicht zur Schule gehören. Demnach werden Schüler und Schulpersonal von ihnen bedroht, beleidigt und körperlich attackiert.
„Wir beobachten, dass es darunter auch Männer gibt, die bewusst nach Schülern Ausschau halten“, sagt der Schulleiter. Die schulfremden Personen würden zudem auch ins Schulgebäude eindringen, Cannabis rauchen, Glücksspiel mit Bargeld betreiben, in vulgärer Fäkalsprache während der Unterrichtszeit über das Schulgelände schreien und das Gelände verdrecken. Zander berichtet von Vandalismus, Brandstiftung und extremer Vermüllung. „Lehrer, Eltern und Schüler sprechen zunehmend davon, dass sie Angst haben und sich in der Schule nicht mehr sicher fühlen“, so Zander.
In seiner Not hat Zander bereits den Schulträger, die Bezirksregierung als zuständige Aufsichtsbehörde und die Unfallkasse NRW über die Vorgänge an seiner Schule informiert. „Ich habe ihnen Folgendes mitgeteilt: Aufgrund einer Vielzahl von Vorfällen an unserer Schule kann ich die Sicherheit sowie seelische und physische Gesundheit unseres Personals und der Schülerinnen und Schüler nicht mehr gewährleisten“, sagt Zander. Kurz vor den Herbstferien gab es einen Runden Tisch, an dem Schulleitung, Schulträger, Polizei, Ordnungsamt, Jugendamt, Kommunales Integrationszentrum und der Sicherheitsdienst der Stadt Duisburg teilgenommen haben. „Alle Beteiligten sind sich einig, dass die Situation dringend verbessert werden muss, und bemühen sich, in ihrem Verantwortungsbereich Lösungen herbeizuführen“, so eine Sprecherin der Düsseldorfer Bezirksregierung.
Alle Seiten betonen, dass die Probleme nicht von den Schülern der Gesamtschule ausgehen, sondern nur von außenstehenden Personen. Innerhalb der Schulgemeinschaft
gebe es keine nennenswerten Probleme mit Gewalt, Vandalismus oder anderen Verstößen. „Die Schulleitung und die Schulgemeinschaft setzen alles daran, das offene und von Vertrauen geprägte Schulklima zu bewahren“, so die Sprecherin der Düsseldorfer Schulaufsichtsbehörde.
Zugespitzt hat sich die Lage nach den Sommerferien. „In der Zeit haben wir zwischen zwei- bis viermal pro Woche die Polizei gerufen“, sagt Schulleiter Zander. Seine Schüler hätten definitiv Angst vor den schulfremden Personen. Und auch die Lehrer gehen nur gemeinschaftlich auf die Unruhestifter zu. „Um uns gegenseitig abzusichern“, sagt Zander. Nicht nur Schüler, Schulpersonal und Eltern fürchten sich zunehmend vor den Krawallmachern. „Auch Anwohner suchen Schutz in der Schule, und es kommt dazu, dass Privatstreitigkeiten des Quartiers in den Schulgebäuden ausgetragen werden“, berichtet Zander. Die Lage beunruhigt
ihn zutiefst; der Schulleiter befürchtet negative Auswirkungen auf das ohnehin schon als sozialer Brennpunkt eingestufte Viertel, das insbesondere durch kriminelle Familienclans bundesweit in Verruf geraten ist. „Ich sehe die gute, für die Kinder und Familien des Stadtteils notwendige und engagierte pädagogische Arbeit des Kollegiums aktuell massiv
gefährdet“, sagt er weiter.
Die Duisburger Polizei ist nach eigenen Angaben allein in diesem Jahr bereits 25 Mal zu Einsätzen zur Gesamtschule Marxloh gerufen worden – unter anderem wegen Hilfeersuchen, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigungen. „Die Zahl der Einsätze bezieht sich aber nur auf die Schulzeiten. Da sind zum Beispiel Alarmauslösungen in der Nacht nicht dabei“, sagt ein Sprecher der Polizei Duisburg. Zusätzlich ist der örtliche Bezirkspolizist häufiger an der Schule. „Er nimmt dort Termine wahr und schaut nach dem Rechten“, so der Polizeisprecher.
Die Unruhestifter profitieren auch von der Lage und den baulichen Gegebenheiten der Gesamtschule. So führt mitten durch den Schulhof eine öffentliche Straße; Autos werden nur mit Pollern ferngehalten. Die Straße kann jeder benutzen – und man hat somit leicht Zutritt zum Schulbereich. Laut Zander rasen dort auch immer wieder Autos in hohem Tempo durch und gefährden die Schüler. Mopeds würden zudem regelmäßig verbotenerweise über den Schulhof fahren. „Das Besondere an der Schule ist, dass es keinen abgegrenzten Schulhof gibt“, bestätigt auch der Sprecher der Polizei. „Da kommen also auch andere Jugendliche vorbei, die da in der Nähe in Mehrfamilienhäusern wohnen“, sagt er.
Zander fordert, dass die Schule besser gesichert und überwacht wird. So sollten Zäune und Tore aufgestellt und das Gelände mit Videokameras überwacht werden. Auch sollten Polizei und Ordnungsamt mehr Präsenz zeigen. Die Stadt Duisburg prüft bereits den Bau eines Zaunes um das Schulgelände sowie die Installation von Videokameras. Auch Polizei und Ordnungskräfte wollen im Umkreis der Schule mehr auf Streife gehen. „Temporär ist auch ein Sicherheitsdienst angedacht. Im Moment laufen dazu erste Gespräche mit der Schule“, sagt ein Sprecher der Stadt Duisburg.