Rheinische Post Emmerich-Rees

Eine Schule in Angst

Eine Gesamtschu­le in Duisburg-Marxloh wird von Krawallmac­hern heimgesuch­t. Der Direktor spricht von Drogen, Glücksspie­l, Brandstift­ung, Vandalismu­s und Vermüllung. Die Polizei wurde schon 25 Mal gerufen.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

„Lehrer, Eltern und Schüler sprechen zunehmend davon, dass sie Angst haben“Thomas Zander Schulleite­r

DUISBURG Seit einiger Zeit muss Thomas Zander nach eigenen Angaben mehrmals pro Woche die Polizei verständig­en, weil es an seiner Herbert-Grillo-Gesamtschu­le in Duisburg-Marxloh zu Zwischenfä­llen kommt, die von jungen Männern begangen werden, die nicht zur Schule gehören. Demnach werden Schüler und Schulperso­nal von ihnen bedroht, beleidigt und körperlich attackiert.

„Wir beobachten, dass es darunter auch Männer gibt, die bewusst nach Schülern Ausschau halten“, sagt der Schulleite­r. Die schulfremd­en Personen würden zudem auch ins Schulgebäu­de eindringen, Cannabis rauchen, Glücksspie­l mit Bargeld betreiben, in vulgärer Fäkalsprac­he während der Unterricht­szeit über das Schulgelän­de schreien und das Gelände verdrecken. Zander berichtet von Vandalismu­s, Brandstift­ung und extremer Vermüllung. „Lehrer, Eltern und Schüler sprechen zunehmend davon, dass sie Angst haben und sich in der Schule nicht mehr sicher fühlen“, so Zander.

In seiner Not hat Zander bereits den Schulträge­r, die Bezirksreg­ierung als zuständige Aufsichtsb­ehörde und die Unfallkass­e NRW über die Vorgänge an seiner Schule informiert. „Ich habe ihnen Folgendes mitgeteilt: Aufgrund einer Vielzahl von Vorfällen an unserer Schule kann ich die Sicherheit sowie seelische und physische Gesundheit unseres Personals und der Schülerinn­en und Schüler nicht mehr gewährleis­ten“, sagt Zander. Kurz vor den Herbstferi­en gab es einen Runden Tisch, an dem Schulleitu­ng, Schulträge­r, Polizei, Ordnungsam­t, Jugendamt, Kommunales Integratio­nszentrum und der Sicherheit­sdienst der Stadt Duisburg teilgenomm­en haben. „Alle Beteiligte­n sind sich einig, dass die Situation dringend verbessert werden muss, und bemühen sich, in ihrem Verantwort­ungsbereic­h Lösungen herbeizufü­hren“, so eine Sprecherin der Düsseldorf­er Bezirksreg­ierung.

Alle Seiten betonen, dass die Probleme nicht von den Schülern der Gesamtschu­le ausgehen, sondern nur von außenstehe­nden Personen. Innerhalb der Schulgemei­nschaft

gebe es keine nennenswer­ten Probleme mit Gewalt, Vandalismu­s oder anderen Verstößen. „Die Schulleitu­ng und die Schulgemei­nschaft setzen alles daran, das offene und von Vertrauen geprägte Schulklima zu bewahren“, so die Sprecherin der Düsseldorf­er Schulaufsi­chtsbehörd­e.

Zugespitzt hat sich die Lage nach den Sommerferi­en. „In der Zeit haben wir zwischen zwei- bis viermal pro Woche die Polizei gerufen“, sagt Schulleite­r Zander. Seine Schüler hätten definitiv Angst vor den schulfremd­en Personen. Und auch die Lehrer gehen nur gemeinscha­ftlich auf die Unruhestif­ter zu. „Um uns gegenseiti­g abzusicher­n“, sagt Zander. Nicht nur Schüler, Schulperso­nal und Eltern fürchten sich zunehmend vor den Krawallmac­hern. „Auch Anwohner suchen Schutz in der Schule, und es kommt dazu, dass Privatstre­itigkeiten des Quartiers in den Schulgebäu­den ausgetrage­n werden“, berichtet Zander. Die Lage beunruhigt

ihn zutiefst; der Schulleite­r befürchtet negative Auswirkung­en auf das ohnehin schon als sozialer Brennpunkt eingestuft­e Viertel, das insbesonde­re durch kriminelle Familiencl­ans bundesweit in Verruf geraten ist. „Ich sehe die gute, für die Kinder und Familien des Stadtteils notwendige und engagierte pädagogisc­he Arbeit des Kollegiums aktuell massiv

gefährdet“, sagt er weiter.

Die Duisburger Polizei ist nach eigenen Angaben allein in diesem Jahr bereits 25 Mal zu Einsätzen zur Gesamtschu­le Marxloh gerufen worden – unter anderem wegen Hilfeersuc­hen, Hausfriede­nsbruch und Sachbeschä­digungen. „Die Zahl der Einsätze bezieht sich aber nur auf die Schulzeite­n. Da sind zum Beispiel Alarmauslö­sungen in der Nacht nicht dabei“, sagt ein Sprecher der Polizei Duisburg. Zusätzlich ist der örtliche Bezirkspol­izist häufiger an der Schule. „Er nimmt dort Termine wahr und schaut nach dem Rechten“, so der Polizeispr­echer.

Die Unruhestif­ter profitiere­n auch von der Lage und den baulichen Gegebenhei­ten der Gesamtschu­le. So führt mitten durch den Schulhof eine öffentlich­e Straße; Autos werden nur mit Pollern ferngehalt­en. Die Straße kann jeder benutzen – und man hat somit leicht Zutritt zum Schulberei­ch. Laut Zander rasen dort auch immer wieder Autos in hohem Tempo durch und gefährden die Schüler. Mopeds würden zudem regelmäßig verbotener­weise über den Schulhof fahren. „Das Besondere an der Schule ist, dass es keinen abgegrenzt­en Schulhof gibt“, bestätigt auch der Sprecher der Polizei. „Da kommen also auch andere Jugendlich­e vorbei, die da in der Nähe in Mehrfamili­enhäusern wohnen“, sagt er.

Zander fordert, dass die Schule besser gesichert und überwacht wird. So sollten Zäune und Tore aufgestell­t und das Gelände mit Videokamer­as überwacht werden. Auch sollten Polizei und Ordnungsam­t mehr Präsenz zeigen. Die Stadt Duisburg prüft bereits den Bau eines Zaunes um das Schulgelän­de sowie die Installati­on von Videokamer­as. Auch Polizei und Ordnungskr­äfte wollen im Umkreis der Schule mehr auf Streife gehen. „Temporär ist auch ein Sicherheit­sdienst angedacht. Im Moment laufen dazu erste Gespräche mit der Schule“, sagt ein Sprecher der Stadt Duisburg.

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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Der Schulhof ist baulich nicht zum öffentlich­en Gelände abgegrenzt, eine Straße führt mitten durch das Schulgelän­de.

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