Zittern statt twittern
Es ist offiziell: Elon Musk hat die Kontrolle beim Kurznachrichtendienst übernommen. Gleich zu Beginn gibt es Entlassungen.
NEW YORK (ap/dpa) Schon in der Nacht zu Donnerstag gab es Spekulationen, am Freitag dann wurde es offiziell: Elon Musk hat den rund 44 Milliarden Dollar (44,2 Milliarden Euro) teuren Kauf des Kurznachrichtendienstes Twitter abgeschlossen. Twitter informierte die US-Wertpapieraufsicht SEC am Freitag über den Rückzug von der Börse und bestätigte damit den Vollzug der Übernahme.
Damit endet ein monatelanges Hin und Her, das zwischenzeitlich auf einen brisanten Gerichtsprozess zusteuerte. Musk nimmt das Onlinenetzwerk nun in Privatbesitz – die New York Stock Exchange hat die Aktien bereits aus dem Handel genommen. Zudem will der Tech-Milliardär ein neues Management aufstellen.
Laut übereinstimmenden USMedienberichten feuerte Musk bereits am Donnerstag ranghohe Führungskräfte, darunter den bisherigen Firmenchef Parag Agrawal und Finanzchef Ned Segal. Angeblich wolle er den Spitzenposten zunächst selbst übernehmen. Erst mit der Zeit könnte er den Job an jemand anderen abgeben, hieß es. Musk twitterte in der Nacht in Anspielung auf das Firmenlogo: „Der Vogel ist befreit“. Er führt bereits den Elektroautobauer Tesla und die Raketenfirma Space X.
Twitter-Nutzer, Werbetreibende und Angestellte analysieren derweil jeden Schritt Musks, um zu erraten, wohin er das Unternehmen führen könnte. Er hat die Abhängigkeit Twitters von Werbenden kritisiert, aber am Donnerstag eine Erklärung herausgegeben, die darauf abzuzielen schien, ihre Sorgen zu besänftigen. Er hat sich über angebliche Einschränkungen der Redefreiheit auf der Plattform beschwert – doch dann versprochen, dass er nicht zulassen werde, dass der Dienst zu einer „gesetzesfreien Höllenlandschaft“verkomme. Monatelang war nicht einmal klar, ob er die Kontrolle über das Unternehmen letztlich überhaupt erlangen wollte.
Im April hatte Musk eine Vereinbarung unterzeichnet, Twitter zu übernehmen. Dann machte er einen Rückzieher und begründete dies damit, dass Twitter die Zahl der Fake-Accounts auf seiner Plattform zu niedrig angegeben habe, was potenziell einen Einfluss auf Werbeeinnahmen haben könnte. Twitter verklagte ihn, um ihn zu zwingen, die Übernahme durchzuziehen. Schließlich ruderte Musk nach einem längeren Disput erneut zurück und erklärte sich doch bereit, das Unternehmen zu kaufen.
Bedenken über die künftige Inhaltsmoderation bei Twitter und dass diese zu einer unregulierten Plattform führen könnte, die Hassreden und Hetze erheblichen Raum bieten könnte, äußerte am Freitag EU-Industriekommissar Thierry Breton. „In Europa wird der Vogel nach unseren Regeln fliegen“, twitterte er. Auch die Bundesregierung will die Entwicklung beim Kurznachrichtendienst „sehr genau“beobachten. „Wir sagen auch, dass eine solche Plattform auch aufgrund der Wirkung, die sie hat, in unsere Öffentlichkeiten hinein, einer besonderen Verantwortung zukommt“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. Man werde in den nächsten Wochen und Monaten die möglichen Veränderungen beobachten, um dann eigene Schlüsse zu ziehen.
Es wurde erwartet, dass sich Musk nach Abschluss des Deals am Freitag direkt an die Twitter-Belegschaft richtet. Unter den Mitarbeitern herrschen Verwirrung, Sorge vor Entlassungen oder einer Abwicklung der Unternehmenskultur. Die „Washington Post“berichtete in der vergangenen Woche, Musk habe potenziellen Investoren gesagt, er plane, drei Viertel der 7500 Mitarbeiter zu entlassen.