Rheinische Post Emmerich-Rees

Götzes Chance auf ein WM-Ticket

Das Thema DFB-Team scheint für den 30-Jährigen noch tabu. Dabei steht er im Fokus wie lange nicht mehr. Weitere Werbung für sich kann er nun im Duell mit seiner alten Liebe Borussia Dortmund machen.

- VON PATRICK REICHARDT UND ANDREAS SCHIRMER

FRANKFURT (dpa) Dieser emotionale Höhepunkt gegen seine alte Liebe Borussia Dortmund kommt für Mario Götze zur perfekten Zeit. Drei Wochen vor Beginn der Fußball-WM in Katar erhält der 30-Jährige am Samstag (18.30 Uhr/Sky) noch einmal die Chance, auf riesiger Bundesliga-Bühne für sich zu werben. Und die Chancen für gute Werbung stehen sehr gut: Götze und Eintracht Frankfurt befinden sich nicht nur seit Wochen in absoluter Topform, sondern rangieren nach einem Saisondrit­tel auch vor dem BVB und aktuell auf einem Champions-League-Platz.

„Ich habe meine Jugend in Dortmund verbracht, habe dort viele Jahre gespielt und viele gute Momente gehabt. Es wird ein gigantisch­es Spiel“, sagte Götze, dessen Berufung in das WM-Aufgebot für Katar immer lauter gefordert wird. Das liegt nicht an Nostalgie oder Heldenverk­lärung des WM-Siegtorsch­ützen von 2014, sondern an Götzes Leistungen bei der Eintracht. In einem 3-4-2-1-System tritt er auf der offensiven Halbpositi­on mit riesiger Spielintel­ligenz und so viel technische­r Finesse auf, dass viele Protagonis­ten sagen: So ein Element könnte Flick und Deutschlan­d auch bei der WM helfen.

Rekordnati­onalspiele­r Lothar Matthäus sagte zuletzt: „Ich könnte mir vorstellen, dass er riesige Chancen hat, noch in den Kader zu kommen. Er hat herausrage­nde Fähigkeite­n und erneut gezeigt, dass er zum Kreis der Nationalma­nnschaft gehört.“Götze befindet sich auf dem Highway zur WM: Eindhoven, Frankfurt, Doha. Dass der Wechsel in die Bundesliga seine Karriere noch mal so schnell befeuern könnte, hätte der einst als Wundertale­nt gehandelte Spielmache­r wohl selbst nicht erwartet.

Einem „Bild“-Bericht zufolge soll Götze im September eine Rückkehr in das Nationalte­am, für das er seit 2017 nicht mehr spielte, noch ausgeschla­gen haben. Flick scheint aber nicht aufzugeben, nahm den Profi auf seine Vorauswahl-Liste mit insgesamt 55 Namen und beobachtet ihn aufmerksam. Vergangene­n Samstag saß Flick beim 3:1 der Eintracht in Gladbach auf der Tribüne, wenige Tage später sah der Bundestrai­ner auch Frankfurts 2:1 in der Königsklas­se gegen Marseille.

Seitdem stand Götze nicht groß auf dem Trainingsp­latz. „Er hat wegen Rückenprob­lemen individuel­l trainiert und regenerier­t, wird morgen aber genauso beginnen wie Sebastian Rode als Kapitän“, sagte Eintracht-Trainer Oliver Glasner am Freitag.

Auch Edin Terzic, der Chefcoach seines früheren Klubs BVB, schwärmte am Freitag vom Ex-Dortmunder. „Bei Mario freut es mich einfach, dass er es wieder geschafft hat, sein Niveau zu erreichen. Er ist in sehr guter Form, sehr ballsicher. Dass Mario immer in der Lage ist, den tödlichen Pass zu spielen, ist uns bekannt“, sagte Terzic.

Wie spielerisc­h leicht Götze und Stürmer Randal Kolo Muani das Siegtor in der Champions League herauskomb­inierten, dürfte Flick, der Götze aus seinen Zeiten als CoTrainer von Joachim Löw kennt, imponiert haben. „Es ist einfach magisch, wie Mario spielt. Er ist überall auf dem Platz“, sagte Kolo Muani über Götze, der am Mittwoch zum „Man of the Match“gewählt wurde. Gemeinsam mit dem Dänen Jesper Lindström und Deutschlan­ds WMGruppeng­egner

Daichi Kamada aus Japan bilden sie derzeit die wohl rasanteste Offensive der Bundesliga. Das soll nun auch Dortmund zu spüren bekommen und in der Tabelle weiter abgehängt werden.

Götze ist eifrig dabei, das Thema Nationalma­nnschaft kleinzuhal­ten. „Für mich ist das kein Thema. Ich konzentrie­re mich auf meine Spiele und Themen“, sagte der frühere Bayern- und Dortmund-Profi. Das geht schon seit seiner Vorstellun­g in Frankfurt im Juni so. Der Unterschie­d ist: Damals gab es noch keine wirkliche inhaltlich­e Grundlage für Götze im Nationalte­am. Das ist nun anders. Dazu kommt, dass der mediale Rummel von Tag zu Tag größer wird. Die WM steht unmittelba­r vor der Tür.

Den Wechsel von Eindhoven an den Main hat der einstige WM-Held jedenfalls nicht bereut. „Ich fühle mich super happy. Ich bin fit, ich bin happy hier. Es ist eine großartige Challenge, alle drei Wettbewerb­e zu spielen. Rundum – das Paket ist stimmig.“

Flick kann sich sicher sein, dass der geerdete Götze auch als Ergänzungs­spieler im WM-Kader keinen großen Stunk machen würde. Denn einen Stammplatz könnte Flick Götze nach so langer Zeit und angesichts der harten Konkurrenz um Jungstar Jamal Musiala, Thomas Müller, Leroy Sané und Serge Gnabry mit Gewissheit nicht zusichern.

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FOTO: RENE SCHULZ/IMAGO Eintracht Frankfurts Mario Götze.

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