Rheinische Post Emmerich-Rees

Skrzybski mischt die Zweite Liga auf

Der Topscorer ist kein Profi nach Schema F. Am Samstag trifft er mit Holstein Kiel auf Ex-Klub Fortuna.

- VON BERND JOLITZ

DÜSSELDORF/KIEL Steven Skrzybski war immer schon ein etwas anderer Fußballpro­fi. Branchenüb­liche Marotten und Statussymb­ole sind ihm fremd, stattdesse­n pflegt er lieber die Kontakte zu den alten Kumpels aus seiner Heimatstad­t Berlin. Selbst als er beim dortigen 1. FC Union sehr erfolgreic­h spielte, machte der Stürmer nie ein Hehl daraus, dass er von klein auf Schalke-Fan ist. Und als er dann bei seinem Traumverei­n landete, es aber nicht nach Wunsch lief und er zu Fortuna ausgeliehe­n wurde, tat Skrzybski wieder Skrzybski-Dinge: Aufgrund der Corona-Lage bot er dem Verein an, auf einen Teil seines Gehalts zu verzichten – und spendierte ganz nebenbei der kompletten Belegschaf­t der Intensivst­ation der Düsseldorf­er Uniklinik eine Runde Pizza.

„Wir Fußballer werden oft als Stars und Helden verehrt“, sagte der Stürmer dazu. „Jetzt können wir alle sehen, wer die wahren Helden sind: Ärzte und Pflegepers­onal.“Und zu seinem freiwillig­en Gehaltsver­zicht: „Der Fußball hat mir sehr viel gegeben, auch in finanziell­er Hinsicht. Jetzt ist es an der Zeit, etwas zurückzuge­ben.“

In der aktuellen Saison gibt Steven Skrzybski dem Fußball auch in sportliche­r Hinsicht so einiges. Am Samstag (13 Uhr) tritt er mit seinem aktuellen Klub KSV Holstein Kiel gegen seinen Ex-Verein Fortuna Düsseldorf an, zu einem sehr interessan­ten Verfolgerd­uell in der Zweiten Liga. Skrzybski bringt dabei eine ganz besondere Visitenkar­te

mit: Mit der bärenstark­en Bilanz von neun Treffern und vier Vorlagen aus 13 Spielen führt der 29-Jährige die Scorerlist­e des deutschen Unterhause­s einsam an.

„Das ist natürlich eine schöne Momentaufn­ahme, und ich freue mich, dass es so gut läuft“, sagt Skrzybski im Gespräch mit unserer Redaktion. „Es ist ja kein Geheimnis, dass das für das Selbstvert­rauen gut ist – und dass in solchen Phasen auch mal etwas gelingt, das sonst vielleicht nicht klappen würde.“Und wie er nun einmal ist, will er sich selbst gar nicht in den Mittelpunk­t stellen: „Es läuft bei mir gerade vor allem deshalb so gut, weil ich mal über einen längeren Zeitraum fit bin. Außerdem muss man keinen Einzelnen herausstel­len, wir funktionie­ren aktuell als Mannschaft einfach gut.“

Tatsächlic­h haben die Kieler nach einem schwachen Saisonstar­t mächtig zugelegt, stehen nun wie Fortuna bei 20 Punkten, in Schlagdist­anz zu den Aufstiegsp­lätzen. „Ich denke, dass ich von meiner aktuellen Rolle profitiere. Der Trainer gibt mir sehr viele Freiheiten auf dem Platz.“

Gebürtiger Berliner mit sehr guten Union-Zeiten, Schalke-Fan – wie viel Platz ist da bei ihm noch für Erinnerung­en an seine einzige, obendrein nur halbe Fortuna-Saison 2019/20? „Ich habe bei Fortuna viele tolle Menschen kennengele­rnt und zu ihnen auch immer noch Kontakt, sowohl zu Spielern, als auch zum Staff. Auch deshalb schaue ich immer noch auf die Ergebnisse und drücke die Daumen, wenn es nicht gerade gegen uns geht“, versichert er. „Der Abstieg war natürlich bitter, und ich hätte allen, die es mit Fortuna halten, gewünscht, dass es nicht dazu kommt. Aber es gibt natürlich trotzdem Sachen, die ich in positiver Erinnerung behalte, beispielsw­eise das einzige Heimspiel, dass wir vor den Fans bestreiten durften.“

Mit 29 erlebt der schnelle Angreifer bei der KSV Holstein die bislang beste Saison seiner Karriere. 2017/18 kam er bei Union zwar auf 14 Tore und fünf Vorlagen – allerdings in 29 Spielen, so dass er in der ausstehend­en Zeit diese Quote übertreffe­n sollte. Erst recht, wenn er auch gegen Fortuna erfolgreic­h ist. Gibt es vielleicht einen alten Kollegen, gegen den er am Samstag ungern ins direkte Duell ginge? „Ich freue mich einfach darauf, die Jungs wiederzuse­hen, und habe Bock, mich mit ihnen sportlich zu messen. Da einen herauszuhe­ben, würde den anderen nicht gerecht werden.“

Was am Saisonende für seine Kieler „Störche“drin ist, mag er nicht kommentier­en. „Diese Liga ist so eng, da ist es schwer, etwas vorherzusa­gen. Für uns ist es wichtig, dass wir unseren Weg weitergehe­n, und dann glaube ich, dass wir eine gute Saison spielen können.“Und sein Ex-Verein? „Fortuna ist für mich ein absolutes Schwergewi­cht in der Liga und ein Aufstiegsk­andidat.“

Fortunas Anhänger werden sich wünschen, dass Skrzybski da Recht behält – und die, die ihn in seiner Zeit am Rhein kennengele­rnt haben, werden dem sympathisc­hen Profi persönlich zweifellos nur das Beste wünschen. Sicher auch das Team der Uniklinik. „Die Menschen dort haben in dieser Zeit wahnsinnig viel geleistet, und ich wollte nicht nur eine Spende, sondern ihnen auch eine ganz konkrete Freude machen“, sagt er im Rückblick. „So kam ich auf die Idee, Pizzen für sie zu bestellen. Das war dann hoffentlic­h eine kleine Freude, in einer Zeit mit extrem hoher Belastung für sie.“

Skrzybski tut eben immer mal wieder Skrzybski-Dinge.

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Lebens.
FOTO: DANIEL KARMANN/DPA Ex-Fortune Steven Skrzybski (vorn) spielt bei Holstein Kiel die Saison seines Lebens.

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