Rheinische Post Emmerich-Rees

Die Vorturneri­n

Elisabeth Seitz geht zum zehnten Mal bei einer WM an die Geräte. Doch in Liverpool ist die 28-Jährige erstmals die Anführerin im deutschen Team.

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LIVERPOOL (dpa) Ihr eigener Erfolg ist für Elisabeth Seitz bei ihrer schon zehnten Turn-WM längst nicht mehr das einzig Wichtige. Die 28-Jährige reist mit einem neuen Gefühl der Gelassenhe­it zu den Wettkämpfe­n nach Liverpool – und in ungewohnte­r Rolle als Anführerin. „Ich mache mir nicht den Stress, unbedingt das Finale am Stufenbarr­en erreichen zu wollen“, sagt die Europameis­terin und WM-Dritte von 2018 an diesem Gerät.

Vielmehr will die Stuttgarte­rin bei den Titelkämpf­en ab diesem Wochenende bis zum 6. November ihren vier jüngeren Teamkolleg­innen, die alle ihr WM-Debüt feiern, so viel Sicherheit wie möglich geben. „Wenn es meinem Umfeld gut geht, fühle ich mich selbst wohl und kann besser turnen“, erklärt die deutsche Rekordmeis­terin. Bestenfall­s gelinge es ihr dann auch, in die Entscheidu­ng der besten Acht an den beiden Holmen am Samstag einzuziehe­n. „Aber ich weiß, dass es am Barren sehr viele Weltklasse­turnerinne­n gibt“, sagt Seitz. Sie selbst sieht sich nach einer CoronaErkr­ankung nicht auf ihrem höchsten Leistungsn­iveau. Die Übung mit der Schwierigk­eit von 6,1 Punkten, mit der sie im August bei den European Championsh­ips Gold holte, funktionie­rte im Training wieder.

Für die zweite und entscheide­nde WM-Qualifikat­ion vor zwei Wochen in Rüsselshei­m hatte Seitz die Wertigkeit ihres Vortrags noch deutlich heruntersc­hrauben müssen. Gerade als sie im September ihre Belastung nach einer kurzen Erholungsp­hase wieder hochfahren wollte, packte das Virus kräftig zu. Erst ein letzter Test vor einer Woche beseitigte die letzten Zweifel daran, „dass ich mich wieder auf mich und meinen Körper verlassen kann“, sagt Seitz.

Außer am Barren wird die Mehrkampf-Neunte der Olympische­n Spiele von Tokio aufgrund des Trainingsr­ückstands, wie schon bei der EM, nur noch am Sprung starten. Sie wolle nichts riskieren. Zwar werden in Liverpool die ersten drei TeamTicket­s für die Sommerspie­le 2024 in Paris vergeben. Doch diese Latte liegt für die Riege des Deutschen Turner-Bundes (DTB) zu hoch. Für den illustren Kreis der insgesamt zwölf Olympia-Teilnehmer will man sich bei der WM im kommenden Jahr im belgischen Antwerpen empfehlen.

Das reduzierte Programm lässt Seitz „mehr Freiheit im Kopf“für die Aufgabe, die sie sich als erfahrenst­e Athletin in der DTB-Riege gestellt hat. Aus dem Team, das bei der EM überrasche­nd Bronze geholt hatte, ist neben ihr diesmal nur die Schwebebal­ken-Europameis­terin Emma Malewski aus Chemnitz dabei. Die Stuttgarte­rin Kim Bui hat ihre Karriere beendet, die Kölnerin Sarah Voss meldete sich wegen langwierig­er Wadenprobl­eme frühzeitig für die Reise nach England ab. Während

des abschließe­nden Lehrgangs musste die WM-Zweite am Balken, Pauline Schäfer-Betz (Chemnitz), wegen einer Fußverletz­ung passen.

Die damit in personelle­r Hinsicht erheblich geschwächt­e Mannschaft komplettie­ren nun Anna-Lena König (Bodersweie­r), Karina Schönmaier (Buchholz) und Lea Marie Quaas (Chemnitz), die alle zum ersten Mal bei einem internatio­nalen Großereign­is dabei sind.

„Natürlich schauen wir immer auf die Top acht, die das Teamfinale am Dienstag erreichen. Aber in der Situation, in der wir jetzt sind, sollte der Gedanke an eine bestimmte Platzierun­g in den Hintergrun­d treten“, sagt Seitz.

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FOTO: DPA Elisabeth Seitz turnt an ihrem Paradegerä­t: dem Stufenbarr­en.

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