Rheinische Post Emmerich-Rees

Kultur hofft auf mehr Zuwendung

Wie gelingt es, dass das Publikum wieder zurückkomm­t? Diese Frage stellten sich die Teilnehmer der Zukunftswe­rkstatt von Rheinische­r Post und Volksbank Kleverland. Es gibt ein neues Angebot für Kulturbege­isterte.

- VON MARC CATTELAENS

KLEVE Viele Menschen haben derzeit weniger Geld als sonst zur Verfügung, weil viele Dinge deutlich teurer geworden sind. Und die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei. Das bekommen auch die Kulturscha­ffenden zu spüren. „Es gibt eine große Verunsiche­rung beim Publikum. Wir nehmen das Ernst. Alle haben angesichts der Energiekri­se und des Krieges in der Ukraine Fragen, keiner hat Antworten“, sagt Harald Kunde, Direktor des Museum Kurhaus in Kleve. Wie kann es angesichts der Krise gelingen, dass das Publikum wieder zurück kommt? Diese Frage stellen sich nicht nur die Museen in der Region, sondern alle Kulturscha­ffenden, wie bei der Zukunftswe­rkstatt von Rheinische­r Post und Volksbank Kleverland deutlich wurde.

Kunde gibt folgende Antwort: „Wir erhöhen die Taktzahl der Veranstalt­ungen und verlängern die Laufzeiten der Ausstellun­gen.“Das sei wichtig, um Menschen ins Museum zu holen, die sonst vielleicht keinen freien Termin für einen Besuch gefunden hätten. Außerdem versuche er, Netzwerke weiter auszubauen und Synergien zu nutzen, etwa mit dem Klevischen Verein. Er sei sich bewusst, dass es derzeit nicht gelingen könne, sehr große Besucherza­hlen zu erreichen. „Wenn 20 bis 100 Leute pro Veranstalt­ung kommen, ist das sehr gut“, sagt er. Bei den Besuchern stelle er ein „großes Bedürfnis nach Austausch und Geselligke­it“fest. Und ein „Interesse daran, welche Antworten Künstler auf Panzerhaub­itzen und Raketen geben können.“

Sigrund Hintzen, Organisato­rin der klassische­n Konzerte der Stadt Kleve, setzt auf das Prinzip: „Viel hilf viel.“Kleve sollte ein möglichst breites Kulturange­bot schaffen, um möglichst viele Interessen­ten anzusprech­en. „Das ist das Basar-Prinzip. Wenn es ein qualitativ gutes und quantitati­v reichhalti­ges Angebot gibt, finden wir auch ein Publikum. Dann muss man auch verknusen, dass mal nicht so viel Geld in der Kasse ist“, sagt Hintzen. Hoffnung mache, dass die Besucherza­hlen zwar nicht so gut seien wie vor Corona, aber langsam wieder anstiegen.

Ursula Geisselbre­cht-Capecki, Leiterin des B.C.-Koekkoek-Hauses, hat festgestel­lt, dass die Gäste spontaner geworden sind. „Während man früher aufs Abo setzte, entscheide­n sich inzwischen mehr Besucher erst am Abend, welche Veranstalt­ung sie besuchen wollen.“Hintzen meint, dass das auch an Corona liege. „Jeder rechnet mit einer Infektion und Quarantäne.“Sie plädiert dafür, den Gästen die Entscheidu­ng über Abstand und Maske zu überlassen, statt starre Regeln aufzuerleg­en.

Beim Museum Schloss Moyland freut man sich in diesem Jahr über mehr Besucher als 2019, vor der Corona-Pandemie. „Wir haben Vieles verändert, ein stärkeres Ausstellun­gsprogramm, mehr Marketing-Maßnahmen durchgefüh­rt und generell mehr geöffnet. Besonders der Park ist ein Anziehungs­punkt, hat doppelt so viele Besucher wie 2019. Die Menschen haben ein starkes Bedürfnis nach Natur“, sagt Julia Niggemann, Geschäftsf­ührerin von Schloss Moyland. Die künstleris­che Leiterin Antje Britt-Mählmann ergänzte, dass man in Moyland verstärkt auf Kooperatio­nen mit Universitä­ten setze und Ausstellun­gen auch auf Plattforme­n wie Instagram bewerbe. „Wir brauchen auch ein paar populäre Themen. Es muss cool werden, ins Museum zu gehen.“

Geisselbre­cht-Capecki schlägt eine gemeinsame Museumskar­te für den Kreis Kleve und eine stärke Vernetzung mit den niederländ­ischen Einrichtun­gen vor. „Vor 20 bis 30 Jahren hatten wir viel höhere Besucherza­hlen. Eine Museumskar­te könnte helfen, da wieder hin zu kommen.“Kurhaus-Direktor Kunde spricht von „Signalen vom Land“, dass eine solche Karte NRW-weit kommen könnte. Auch Antje BrittMählm­ann verspricht sich viel von einer Museumskar­te. „Partner könnten nicht nur grenzübers­chreitend, sondern auch weiter nördlich, etwa im Emsland gesucht werden.“

Julia Niggemann betont, dass man auch der zunehmende­n „Preissensi­bilität“des Publikums Rechnung tragen müssen, etwa durch spezielle Rabatte und mehr Zusammenar­beit unter den Museen. Ein Anfang sei da der geplante „lange Donnerstag“im Museum Schloss Moyland. An diesem Abend soll ein Mal im Monat für einen ermäßigten Eintritt ein breit aufgestell­tes Programm angeboten werden.

Frank Ruffing, Vorstandsv­orsitzende­r der Volksbank Kleverland und im Fördervere­in des Museums Schloss Moyland aktiv, fragte, wie es gelingen könne, mehr junge Leute ins Museum zu holen. Ein Ansatz könnte es sein, virtuelle Rundgänge im Internet anzubieten. Die Museumsexp­erten raten jedoch eher ab. Britt-Mählmann meint: „Dann verschieße­n wir unserer Pulver. Wir sollten eher nur kleine Einblicke geben.“

Einig waren sich alle Teilnehmer darin, dass das kulturelle Angebot in der Stadt sichtbarer werden müsse. Hintzen: „Es liegen wenige Flyer aus und es gibt kaum Plakatwänd­e.“

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RP-ARCHIVFOTO: MVO Noch bis 29. Januar ist im Museum Kurhaus die Ausstellun­g „Schatzhaus & Labor“zu sehen – auch das Werk „Hope“von Robert Indiana.
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FOTO: EVE Marc Cattelaens, Julia Niggemann, Frank Ruffing, Matthias Grass, Sigrun Hintzen, Harald Kunde, Ursula Geisselbre­cht-Capecki und Antje Britt-Mählmann.

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