Noch-Nicht-Held ohne Tiefgang
Mit dem Comic-Helden „Black Adam“möchte das Haus DC den Marvel-Filmen Konkurrenz machen. Hauptdarsteller Dwayne Johnson kann nicht überzeugen.
„Ich bin kein Held“, stellt Teth-Adam (Dwayne Johnson) unmissverständlich fest und schaut grimmig in die Weltgeschichte. Die Aussage irritiert. Schließlich wurde zu Beginn von Jaume Collet-Serras „Black Adam“in einem Epilog von ermüdender Ausführlichkeit beschrieben, wie eben jener Mann vor 5000 Jahren als Sklave im nordafrikanischen Kahndaq gegen den örtlichen Despoten aufbegehrt hat, von einem Magier-Kollektiv mit übernatürlichen Kräften ausgestattet wurde und im Alleingang das Volk von der Tyrannei des finsteren Zauberherrschers befreit hat.
Heute wird Kahndaq als „Failed State“von einer kriminell-militärischen Organisation namens Intergang beherrscht, von der die Rohstoffe des Landes ausgebeutet und die Einheimischen drangsaliert werden. Da käme ein Superkerl wie Teth-Adam gerade recht, der soeben aus jahrtausendelangem Dornröschenschlaf erweckt wurde und eine ganze Armada von Bösewichten im Handumdrehen ausradiert hat. Aber wie man seit Spider-Man weiß, folgt aus großer Kraft auch große Verantwortung. Mit Letzterer tut sich der Wiederauferstandene etwas schwer, der sichtbare Probleme mit dem eigenen Wut-Management hat.
Als Melange zwischen Held und Schurke ist die Figur des „Black Adam“angelegt, die schon seit 1945 durch die amerikanische ComicSzene geistert und deren Lizenz in den 1970er-Jahren vom Hause DC gekauft wurde. Dort ist man heute stets auf der Suche nach Stoffen und Charakteren, die auf der Kinoleinwand mit dem Marktführer Marvel konkurrieren können.
Aber wer in „Black Adam“auf die Auflösung des klassischen Gut-Böse-Schemas als Grundpfeiler des Superhelden-Genres hofft, wird bitter enttäuscht. Um den übermächtigen Nicht-Helden aufs rechte Gleis zu bringen, reitet die „Justice Society“ein, die sich als schnelle Eingreiftruppe der „globalen Stabilität“verpflichtet fühlt. Die Vierer-Truppe um den Altersweisen Dr. Fate (Pierce Brosnan), der die Zukunft vorhersehen kann, und dem tatkräftigen Hawkman (Aldis Hodge) kann auch mit vereinten Superkräften nichts gegen den aggressiven Rächer ausrichten. Als die Intergangster eine Krone mit dämonischen Kräften an sich reißen, müssen sich die Gerechtigkeitsgesellschafter mit TethAdam zusammentun.
Der ehemalige Wrestler Dwayne „The Rock“Johnson kann als finsterer Noch-Nicht-Held wieder seine grimmige Attitüde zur Schau stellen. Aber Johnson gelingt es nicht, der Figur des Rächers, der mit seiner Wut eigene Traumata bekämpft, eine nachweisbare, seelische Tiefe zu verleihen. Eigentlich hätte dieser Teth-Adam das Zeug zu einem tragischen Helden im ShakespeareFormat. Aber der spanische Regisseur Jaume Collet-Serra, der auf den Liam-Neeson-Vehikeln „Non Stop“(2014), „Run All Night“(2015) und „Commuter“(2018) seine internationale Karriere gründete, hält sich nicht mit differenzierten Charakterisierungen auf, sondern konzentriert sich auf die konventionelle Mechanik des Genreplots und die zahlreichen Actionszenen, die vollkommen überfrachtet keinerlei choreografische Eleganz entwickeln.
In der Flut der Comic-Verfilmungen gehört „Black Adam“zu den besonders entbehrlichen Werken und wird wohl in zwei Wochen vergessen sein, wenn die lang erwartete Fortsetzung von „Black Panther“des Konkurrenten Marvel anläuft.
Black Adam, USA 2022 – Regie: Jaume Collet-Serra; mit Dwayne Johnson, Pierce Brosnan, Sarah Shahi, Aldis Hodge; 124 Minuten