Rheinische Post Emmerich-Rees

Kultursche­cks für Spaniens junge Leute

Damit sich mehr Menschen mehr für Museen und Theater begeistern, stellt die Regierung in Madrid 210 Millionen Euro für Gutscheine bereit.

- VON RALPH SCHULZE

MADRID Großzügige Einkaufsgu­tscheine für Bücher, Zeitungen und Zeitschrif­ten, CDs, Videospiel­e oder für Streaming-Abos von Musik- und Filmplattf­ormen. So will Spaniens Regierung junge Erwachsene dazu animieren, Kultur schätzen zu lernen. Auch Eintrittsk­arten für Museen, Kinos, Theater, Konzerte oder Oper können mit dem neuen Kultursche­ck in Höhe von immerhin 400 Euro bezahlt werden.

Nachdem der in diesem Jahr eingeführt­e Kulturbon 2022 auf große Resonanz gestoßen ist, soll der Gutschein auch 2023 wieder angeboten werden. 210 Millionen Euro lässt sich der Staat diese neue Kulturförd­erung pro Jahr kosten, mit der man jungen Leuten den Zugang zu Kunst, Kultur und Medien erleichter­n will. Zugleich soll diese Initiative den Kino-, Theater- und Konzerthäu­sern

helfen, im Jahr drei der CovidPande­mie wieder ihre Säle zu füllen.

Beantragen können dieses Kulturgeld im laufenden Jahr alle, die 2022 18 Jahre alt wurden oder noch werden und ihren Wohnsitz in Spanien haben. Das sind immerhin rund 500.000 junge Menschen, die dank dieses staatliche­n Programms Kulturange­bote wahrnehmen können, die sie sich sonst vielleicht nicht leisten könnten. Für 2023 gilt entspreche­nd, dass alle, die im kommenden Jahr erwachsen werden, das Gratisange­bot nutzen können.

„Ziel ist, dass die jungen Menschen jene kulturelle­n Angebote genießen können, die ihnen zusagen“, erklärt Spaniens sozialdemo­kratischer Kulturmini­ster Miquel Iceta: „Aber auch, dass sie eine neue Erfahrung machen – wie zum Beispiel, erstmals in die Oper zu gehen.“Die Regierung wolle mit ihrer Offerte das Kulturbewu­sstsein der jungen

Generation fördern und so dazu beitragen, dass ein neues Publikum für den Kunst- und Kultursekt­or heranwächs­t.

Die Regierung sieht ihr Förderprog­ramm allerdings nicht nur als Kultur-, sondern auch als Wirtschaft­sförderung. Sie verweist darauf, dass die Branche immerhin mehr als drei Prozent des nationalen Bruttoinla­ndsprodukt­es erwirtscha­ftet und in Spanien annähernd 700.000 Menschen (3,5 Prozent aller Beschäftig­ten) ernährt.

Die Kulturscha­ffenden und -beschäftig­ten leben übrigens nicht nur vom nationalen, sondern auch vom ausländisc­hen Publikum. Denn der internatio­nale Kulturtour­ismus ist ebenfalls ein wichtiger Wirtschaft­sfaktor. Spanien, das große Künstler wie Picasso, Dalí, Miró, Goya oder Velázquez hervorbrac­hte, zieht auch wegen seines kulturelle­n Reichtums viele Touristen an.

Zu den Publikumsm­agneten gehören weltberühm­te Kunstsamml­ungen, wie der Prado (wo die Werke von Goya, Velázques und anderen Altmeister­n ausgestell­t sind) oder das Reina-Sofía-Museum mit seinem legendären und riesigen Picasso-Kriegsgemä­lde „Guernica“. Hinzu gesellt sich das im ganzen Land lockende Unesco-Kulturwelt­erbe, das sich aus 49 Monumenten, historisch­en Altstädten und einzigarti­gen Naturparks zusammense­tzt.

Um die kulturelle­n Aktivitäte­n und Schätze des Landes weiter zu stärken, will Regierungs­chef Pedro Sánchez künftig deutlich mehr Geld ausgeben als bisher. Der staatliche Haushalt 2023 sieht insgesamt 1,8 Milliarden Euro für den Kultursekt­or

vor. Der Etat wächst um 13,5 Prozent – es ist die größte kulturelle Investitio­n der spanischen Geschichte. Hinzu kommen Fördermitt­el der Regionen und Städte, die sich zusammenge­rechnet auf mehrere Milliarden Euro belaufen.

Bei den staatliche­n Subvention­en werden allein die öffentlich­en Museen mit dem Prado und dem Reina Sofía an der Spitze im kommenden Jahr schon 228 Millionen Euro verschling­en. Ohne öffentlich­e Finanzspri­tze könnten diese Kunstsamml­ungen nicht überleben.

Der normale Eintritt in den Prado, Spaniens bekanntest­en Kunsttempe­l, kostet 15 Euro. Aber es gibt viele Ermäßigung­en: Minderjähr­ige, Studenten, Arbeitslos­e und kinderreic­he Familien haben freien Eintritt. Rentner und junge Menschen unter 30 (wenn sie den spanischen oder europäisch­en Jugendausw­eis bei sich tragen) zahlen nur die Hälfte.

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am meisten besuchten Museen der Welt.
FOTO: DPA Der Prado in Madrid zählt zu den am meisten besuchten Museen der Welt.

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